Dienstag, 29. Oktober 2013


Danke

Leben! 
Du hast mir einen wunderbaren Sommer gewährt. Viele Probleme auch, aber nichts hat überwogen. 
Ich liebe dich, Leben, du sorgst so gut für mich, du umhüllst mich und nährst mich. Breite ich meine Arme aus und springe, fängst du mich auf.
 Leben, ich danke dir. Ich danke dir für meinen dicken Lothar, meinem Lehrmeister der Langsamkeit und das, was wir zusammen geschafft haben. Ich danke dir für meine Piz, ihre Freude, Treue und Wärme im Zelt. Ich danke dir für jeden Finger, den du mir gereicht hast und für jeden Schutz, den du mir gewährt hast. Ich danke dir für die Natur, die wir durchwandern durften und für die netten Menschen, die wir trafen. 
Am meisten aber danke ich dir, Leben, für das Gefühl eins mit dir zu sein. Und dafür, das mich das Wasser trug. Dank sei dir. Du Leben. Du Kraft. Du Eins mit Allem. Du meine Liebe.

Geplant ungeplant


Mit Lothar und Piz und Kutsche unterwegs sein. Grobe Richtung: Westen. Bis es uns zu kalt wird oder Lothar das Futter ausgeht oder uns die Lust verlässt. Das waren die "Ziele" und Vorgaben für unsere Tour.
Staunend steh ich jetzt vor der abgeschlossenen Tour und was sich jetzt alles ergeben hat, wo ich jetzt bin, Lothar und Piz und wo wir sein werden über den Winter. Alles hat sich irgendwie gefügt und ist an seinen Platz gerutscht.  Von der Existenz der Menschen, wo Lothar jetzt im Winter steht, wusst ich im Frühjahr noch gar nicht. Und doch hätte es keinen besseren Platz für ihn gegeben, wenn ich ihn schon alleine lassen muss. 


Begreiffen tue ich die Tatsache noch nicht, dass durch absolutes Loslassen total viel Reichtum entsteht. Nur erfahren durfte ich es jetzt schon zum zweiten mal. 


Angst habe ich jetzt aber schon ein Bisserl vor der schnellen Welt und das sie mich wieder verschluckt und absorbiert und auch wieder schnell macht.

Abschied

Ab jetzt werd ich wohl nicht mehr viel veröffentlichen. Ab 1.11. starte ich meine Stelle in Davos. Lothar ist abgeliefert und verabschiedet. 
Nächstes Jahr geht es weiter. Es fühlt sich noch nicht fertig gereist an. Ich freue mich schon! Dann werde ich gleich von Anfang an weiterschreiben. 
Wer Bescheid bekommen möchte, ab wann der Blog wieder regelmässiger beschrieben werden wird, kann mir auch einfach eine Email (zyclotrop@gmx.de) zukommen lassen und wird dann von mir benachrichtigt.


Hier noch ein paar Abschiedsbilder vom Sommer: 

im neuen Winterkleid

Regencamp

Gefahren auf Wanderwegen. Lothar passte grad unter dem Baum durch, musst leicht in die Knie gehen. Die Kutsche steckte dann aber fest. Durchs Abladen der Fässer wurde sie wieder niedriger und so blieb uns ein schwieriger Wendeforgang im Wald erspart.







Die tägliche Auseinandersetzung mit wackelnden Klaueneisen

Der Beweis! Sind doch nicht 2,5!

Abschied von Lothar


Jetzt rückt der Tag des Abschieds näher. Und damit einher geht, dass ich es so richtig zu realisieren beginne, dass eine Trennung  von mir und Lothar bevorsteht. Was ich als so tolle Lösung empfand, fühlte sich auf einmal nicht mehr so toll an. Woher weiss ich, dass Lothar, der sich ja wirklich so viel Mühe gegeben hat über den Sommer, sich nicht abgestellt und verlassen vorkommt? Mal wieder, sozusagen, nach dem Platzwechsel von Berlin nach Ungarn? 5 Monate, fühlt sich auf einmal sooooo lang an für eine Trennung. Wie kann ich wissen, wie er das ganze verdaut? Fehler? Schmerzen.



- zwei Tage später -

Jetzt bin ich die letzten Tage zusammen mit ihm an seinem Winterquartier. Und schon ist alles gar nicht mehr so schlimm. Vor 5 Stunden durfte er zum ersten Mal zusammen mit den Kalbinnen auf die Wiese. Was für ein Schnüffeln hier und dort. Aber alles ruhig. Kein rumgelaufe, kämpfen oder ähnliches. Die Drei machten sich hauptsächlich alles dadurch aus, wie sie sich zueinander positinierten, ihren Kopf und v.a. die Hörner hielten. Kaum Körperkontakt. Was für ein Lehrstück! Nach 10 Minuten haben sie schon als neue Herde gegrast. Über den Nachmittag verteilt schaute ich ihnen ein paar mal zu. Sah die Drei immer zusammen in einem Areal grasen. Als ich später mir kurz seine Füsse ansah und ihn anband, muhte er schon ein Herden-Muhen in Richtung seiner neuen Gefährtinnen, ein solches, welches ich nicht zu hören bekam während des Sommer. Als ich ihn losband ging er sofort wieder zu ihnen rüber, als wär es die normalste Sache von der Welt. Es braucht nur ein paar wenige Minuten, um aus Lothar nicht mehr ein Einzeltier zu machen, sondern ein Teil einer Herde.  Da hat sich ganz schön was entspannt in mir. Diese Kühe können ihm soviel bieten, was ich ihm nie geben werden kann.
Trotzdem aber tuts weh die Trennung. Ziemlich. Zumindest für mich. 


Lothars neues Zuhause und die neue Herde

Schwieriges Thema

Ein für mich wirklich immer wieder schwieriges Thema meine Tour betreffend, muss ich auch noch am Schluss ansprechen.
Ich vermisste es so oft, dass so gut wie nie in Erwägung gezogen wurde, dass ich eine Privatperson bin, die vielleicht auch mal ihre Ruhe braucht und es nicht möchte, dass jeder ihrer Handgriffe aufs genaueste studiert wird. Allgemein galt der Satz "weil das sieht man ja so selten" als Freibrief für alles: von mich ungefragt zu fotgrafieren (nicht nur ein Foto, sondern auch gerne mal 10, Vorne, Hinten, Seite, Portrait...), mir bei allem zuzuschauen, mir unter die Plane der Kutsche zu schauen bis hin dazu, meine Bitte nicht zu fotografieren, oder meine Ruhe haben zu wollen, zu übergehen. 


Vielleicht hilft es sich vorzustellen, wenn einem kontinuierlich und ungefragt die Leute im Wohnzimmer stehen würden (über Monate! Tagtäglich!) um sich das tolle Erbstück von Oma anzusschauen mit der scheints all ihr Hadeln rechtfertigenden Begründung: sowas sehe man ja sonst sie.


So oft kam ich mir vor wie im Zoo. Wenn die Leute alles ins Detail beobachteten was ich tat und auspackte und kochte, ohne zu fragen oder sich zu denken, dass das ja schon auch privat ist.  Und wenn es dann mehr und mehr Menschen werden, weil da gibt es ja scheints was zu sehen!, dann wirds ganz schlimm. Körpersprache lesen? Fehlanzeige. Ich konnte mich wegdrehen, keinen Augenkontakt mehr halten und nur noch einsilbig antworten, die Leute bleiben weiter stehen und schauen, denn sowas werden sie ja nie wieder sehen.  Selbst verbal zu äussern, dass man viel überrannt worden ist von Menschen und sich jetzt auf ein bisschen Ruhe freut (was scheints immer noch zu diplomatisch ausgedrückt ist) , hilft nichts .


Es ist was anderes, wenn Menschen mit einer Offenheit und Berührtheit an mich herantreten, wenn ich spüre dass sich in ihnen was bewegt. Dann kann auch für beide Seiten ein bereicherndes Gespräch entstehen. Doch viel zu oft kommen die Menschen ohne Offenheit und nur zum Nehmen: das Bild von uns, die Geschichte, die Neuigkeit, die Sensation. 


Und so traurig stimmte es mich dann, wenn ich mich durch das viele Überrannt werden verschliessen musste, was ja die absolute Gegenbewegung zu dem ist, weshalb ich die Reise mache. Und schade war, dass ich manchmal dann schon so leergefragt und leerfotografiert worden bin, dass selbst wenn ich auf interessante oder offene Menschen traf, keine Kapazitäten mehr für ein Gespräch mit ihnen hatte. 






Schwierig ist es auch deshalb, weil ich ja nur auf Grund bin, der nicht meiner ist und ich mich ja auffällig fortbewege. Das ist mir schon klar. In den ersten zwei Monaten war es auch weniger eine Probelmatik für mich als später. Da hatte ich noch genug Energie. 

Für nächstes Jahr muss ich irgendwie lernen rechtzeitig die Bremse zu ziehen. Ich muss einen Weg finden im Positiven die Menschen ein bisschen mehr auf Abstand zu halten, BEVOR ich in ein Defizit mit meiner Energie komme. Wie das geht? Ich hab noch keine Ahnung.

Ausserhalb jeglicher Konkurenz

Heute waren wir Holzrücken. Zwei Noriker Pferde, drei Männern und wir. 
Die Noriker waren beeindruckend. So schwere Lasten zogen sie mit viel Feuer zugwillig aus dem Wald. Da kann man nur Staunen. Schnell ging es zu. Die Pferde so kraftvoll und tänzelnd und energievoll schmissen sie sich in ihr Kummet. Viel Holz wurde da aus dem Wald geschafft. Lasten, die ich einem Vieh nicht zugetraut hätte. Die Männer kamen ganz schön ins Schwitzen mit jeweils Anhängen, Entasten und mit dem Pferd das Holz zum Platz führen. 

Und Lothar und ich? Wir gingen auch Runde um Runde, mit kleineren Packen und mit langsameren Schritt. Mit Gewicht ging Lothar schon schneller, aber auf dem Rückweg wieder ganz ganz gemächlich. Nach jedem Holzabliefern wieder ganz ganz langsam die Wendung Richtung gefällte Bäume. Ins Schwitzen bin ich nicht gekommen. 


Wir sind da wie rausgefallen neben dem Schwitzen, der Energie, den Gewichten, den Stämmen, der Schnelligkeit. Oder irgendwie wieder reingefallen in unsere ganz andere Welt der Langsamkeit, der Ruhe. Können zwei Welten nebeneinander existieren? Heute war es für mich wie greifbar. 


Insgesamt war es eine schöne Zusammenarbeit zwischen den Menschen und den Tieren und den Tieren untereinander. Lothar hat viel mehr Stunden durchgehalten, weil er nicht das einzige Arbeitstier war. Das wirkte motivierend.

Freitag, 11. Oktober 2013

Winterquartier!


Es hat geklappt!!! Lothar Piz und ich haben ein Winterquartier.

Ich bin so überrascht und dankbar, wie viele tolle Angebote ich bekommen habe. Nie hätte ich das zu träumen gewagt, mussten doch so viele Faktoren stimmen! Lothar muss mit können, oder einen Platz haben, wo ich ihn ausgezeichnet versorgt weiss, Piz muss bei der Arbeit mit dabei sein können und der Zeitraum ist darüberhinaus ja auch noch festgelegt und begrenzt. Und Geld verdienen wollte ich ja auch, damit es weiter gehen kann.

Doch gegen all meine Erwartungen bekam ich viele Anrufe. Und so verschieden und zahlreich waren schlussendlich die Angebote. Berührt haben mich solche, wo die Menschen auf kleinem Raum noch mehr zusammengerückt wären, nur damit ich über den Winter auch noch ins Haus passe. Gefreut haben mich solche, wo klar war, ich kann das, was ich gerne mache tun, nämlich mit Viechern arbeiten, und das in Eigenregie.  Und wenn nicht nur mit Tieren, dann in Ergänzung mit Handwerk. Arbeitsplätze wurden extra für mich geschaffen. Nicht nur einer. Wie kann es sowas geben? So viel Dankbarkeit!!


Rausgelaufen ist es auf folgendes: Lothars und meine Wege werden sich für die nächsten Monate trennen. Das wird ganz schön schwer werden.

Denn ich werde auf den 1. November in die Schweiz gehen und in der Nähe von Davos 25 Stück Braunvieh und deren Nachzucht melken und versorgen, dazu noch 60 Hühner und 30 Schafe (Arbeit für Piz, die wird sich freuen). Möglich ist das nur daher, dass ich einen perfekten Platz für Lothar gefunden habe in Österreich. Er wird im Stall stehen mit zwei Murbodner Kalbinnen, die  gerade in Ausbildung sind. Nebenan stehen noch vier Pferde, drei davon Kaltblüter zum arbeiten. D.h. Lothar darf sogar was tun über den Winter und hoffentlich die Kalbinnen lehren, was es heisst ein erfahrener Zugochse/kuh zu sein. Also nicht nur für mich ist diese Lösung gut, sondern auch für deren Besitzer. Denn so einfach lernt es sich für ein junges Pferd oder eine junge Kuh, wenn es neben einem erfahrenen Zugtier herlaufen kann. Ich glaube nicht, dass ich Lothar an einen anderen Platz geben hätte können. Lieber hätte ich für weniger Geld in Österreich gearbeitet, ihn aber bei mir gewusst.

Alles scheint also darauf hinzudeuten, dass es ab Anfang April 2014 weiter gehen wird mit unserer Tour. Ich hätte keinerlei Einwände.


Jetzt erst einmal heisst es die letzten zwei Tourwochen zu geniessen. Und die Gesellschaft meines dicken, lieben, mittlerweile sehr bewinterfellten, wiederkäuenden Freundes! Es ist kalt, aber auch soooo schön!

Lothar macht sichs gemütlich

Gestern in der früh, ich wollt eigentlich ausschlafen mal, werde ich um 7 Uhr geweckt: "Lothar ist verschwunden"

Der Zaun liegt bei der Wasserstelle am Boden. Ich drehe mich im Kreis: wo kann er sein? Laufe um das Haus, überblicke die Lichtung, wo es steht, schaue zu dem Auslauf der Stallungen, schaue zum Heulager (Hunger?), zu den Pferden. Nichts. Verdammt. 


Wohin mag er sich orientiert haben? Wohl eher bergab als bergauf. Bergab ist aber der Heuplatz der Pferde, dort aber keine Spur. Sowas lässt Lothar doch nicht ungekostet und leergefressen links liegen. Ist er da vorbeigelaufen ohne stehenzubleiben, Spuren zu hinterlassen? Egal, ich laufe weiter runter, weil das die gefährlichere Seite ist, dort wohnen mehr Menschen und es gibt grosse Strassen, laufe durch den Wald, vielleicht war ihm ja Lust auf Brombeeren und Buschwerk, ich sehe sehr grosse Fussabrücke von einem schweren Tier im Morast. Aber es ist so duster noch dort in der früh. 

Weiter auf eine Wiese, den Hang runter, über den Bach zwecks besserer Aussicht, zu weissen Eseln (vielleicht hat er andere Gesellschaft gesucht?). Nichts. Weit und breit. 
Was tun? Polizei anrufen, was ist wenn Lothar auf menschliche Idioten trifft? Wieder hoch zu den Spuren. Und immer das Unverständnis im Kopf, was ihn dazu veranlasst haben konnte seine Herde zu verlassen, nicht mal am Heu der Pferde zu fressen und deren nachbarschaftliche Gesellschaft zu verlassen,  um durch den Wald zu spazieren? 

Ja, aber es scheinen Lothars Abdrücke zu sein, da höre ich es von oben rufen: "Eva!". Ich laufe zum Haus zurück: "Lothar ist hier", wird mir entgegengerufen, "ich bin nur den Kuhfladen von ihm gefolgt, das macht er ja alle 50m, er steht in der leeren Pferdebox, da hab ich ihm jetzt Heu gegeben!" Ich marschiere zum Stall, verschwitzt vom Hoch und Runter und den vielen Sorgen (mein Ox hat mich verlassen!), sehe Lothar, als wär das sein Platz, in der Box stehen und Heu fressen. Absolute Ruhe ausstrahlend und zufrieden. Er ist so unglaublich süss! Tausend Steine rollen von meinem Herzen runter. Er hat doch nicht das Weite gesucht. Er hat sichs nur nach seinen Vorstellungen gemütlicher gemacht.

Sonntag, 6. Oktober 2013

Nochmal mein Ochse

Lothar ist ein fünfjähriger dt. schwarzbuntes Niederungsrind - Ochse. Das ist die Großelternrasse zu dem heutigen Hochleistungs Milchvieh, dem Holstein-Frisian und noch ein Dreinutzungsrind, also für Milch, Fleisch und Arbeit. Gekauft habe ich ihn im März 2012 aus Berlin (mit U-Bahnanschluss :-) mit ca. 3 1/2 Jahren. 

Die Grundausbildung, die er dort erhalten hat war zum ganz grossen Teil fantastisch. Wenn er stand blieb er stehen. Zog wenn er ziehen sollte und hatte keine Angst vor Autos oder Traktoren. Das ist ziemlich viel wert. Auch jetzt staune ich immer noch über seine Ruhe bei starkem Verkehr. Neulich mussten wir mal wieder 300m Bundesstrasse laufen bei strömendem Regen. Starker Verkehr mit grossen Sattelschleppern die an uns vorbeibretterten und uns mit noch mehr Wasser bedeckten. Und was macht Lothar? Er läuft einfach. Meine ganze Aufmerksamkeit kann und muss ich bei Verkehr auf meine Hündin Piz legen, damit sie an der richtigen Stelle bleibt, also geschützt direkt neben Lothar auf der von Autos abgewandten Seite. Denn sie ist nicht so verkehrsicher, läuft mal doch einfach kopflos nach Vorne, oder schreckt sich vor zu lautem Lärm, weshalb ich da sehr vorrausschauend sein muss. Und das kann ich tun, weil ich einfach weiss: auf Lothar ist in dieser Hinsicht absoluter Verlass! Ein Traum im Strassenverkehr sozusagen.


Er war aber auch traumatisiert, weshalb er ja bei mir gelandet ist. Lothar hat sich ein Horn angebrochen (tendenziell muss man sagen, dass er einfach ein Unglücksrabe ist. Gibt es die Möglichkeit sich zu verletzten ergreift er sie), welches dann vom Tierarzt abgeschnitten werden musste. Davor oder danach hat es sich auch noch entzündet. Sprich, er muss über eine lange Zeit ziemliche Schmerzen im Kopf gehabt haben und natürlich kam auch immer noch ein Mensch, der dann noch an ihm rumdocktort, was er ja nicht einordnen kann. 


Seitdem ich ihn kenne würde ich ihn bezeichnen als einen Ochsen, der halt seine Arbeit macht, weil er daran gewöhnt ist und an sonsten vor Menschen eher Abstand nimmt und ihnen in erster Linie misstraut. Mit mir arbeitete er zwar, aber ich hatte eher den Eindruck aus Gewöhnung heraus und als sei das mir entgegebrachte Vertrauen eher auf sehr dünnem Eis gelagert. 


Ein Jahr machten wir uns miteinander vertraut, bis es dann im Mai losging. Ein Jahr, in dem wir viel miteinander arbeiten. Bis auf meine Arbeits"pause" in Deutschland, 6 Tage die Woche 1-2h, der Schnitt! In der Zeit lernte er auch ganz langsam mir seine Füsse zu geben, die er sonst nur zwangsweise im Klauenstand hergegeben hat. Auch einen Ort den er absolut hasst und in dem er schlechte Erfahrungen gemacht hat. #


Die ersten Monate des unterwegs seins war er wie immer. Introvertiert, nicht interessiert an anderen Menschen, auch nicht gross an mir. Fassten fremde Menschen ihn an (ungefragt natürlich) schüttelte er kräftig den Kopf, schnaubt und schon hatte er wieder seine Ruhe. Das habe ich ihm aber auch zugestanden. Nicht ein jeder muss ja ein Streicheltier sein. 


Nach zwei Monaten reisen begann Lothar sich zu verändern. Ganz langsam. Langsam begann er aus seinen Augen rauszukucken. Nahm seine Umgebung bewusster war, mich auch und andere Menschen. Nahm auch Kontakt zu ihnen auf. Dazu beigetragen hat das viele Fallobst, was er von den Menschen geschenkt und gefüttert bekommen hat. Dadurch war über einen langen Zeitraum der Mensch mit etwas sehr Positivem besetzt: APFEL. Und auf einmal lässt er sich auch wieder anfassen von andern Menschen, auch aus den unmöglichsten Richtungen kommend. So dass ich oft nur staunen kann. Staunen muss ich auch immer noch, wenn ich ihn jetzt mit offenen interessierten Augen über den Zaun schaun sehe, Menschen entgegen.


2 Jahre sind vergangen seid dem Unfall mit seinem Horn und so lange hat es für ihn gebraucht wieder aufzutauchen aus seinem Kopf. Zwei Jahre mit viel Arbeit, aber vor allem das gemeinsame Reisen hat ihm und natürlich auch uns, dabei wesentlich geholfen.

Wohlverdiente Ruhe!

Montag, 30. September 2013

Lothar, wieder eine halbe Bergziege

Langsam, ganz langsam kann ich wieder Hügel mit Lothar laufen. Er scheint sein Verweigern vergessen zu haben, oder mehr Vertrauen in uns zu haben. Ich weiss es nicht. Stark und trainiert genug wäre er schon im Juni gewesen, als alles anfing (Lothar fand damals raus, dass, wenn er keine Lust mehr hat steil zu gehen und statt dessen mit Karacho rückwärts läuft, ich ihn nicht halten kann. Ganz schlecht). Südlich von Wels, wo wir gerade "schlendern", ist es tendenziell hügelig, also viel rauf und runter, aber keine langen Anstiege. Selbst sowas zu laufen wäre noch im Juli und August undenkbar gewesen, weshalb ich ja auch ins Donautal bin, alle Berge und Hügel umlaufend. Und jetzt schiebt sich Lothar ganz ganz langsam die Hügel hoch, ohne Kopf nach oben schmeissen, oder bis an Asfalt runter drücken, sich im Kopf wegschiessend, nein, er probiert aus, welche Geschwindigkeit der Asfalt für seinen doch immer gerne rutschenden linken Hinterfuss zulässt, und dann geht er hoch. Zum Teil, zum Grossteil, ist das ungefähr 1 1/2 km/h, also extrem langsam. Aber solang er hochgeht ist mir das egal. So glücklich bin ich darüber, dass wir überhaupt wieder Hügel gehen können, ohne unser aufgebautes Vertrauen und Gesundheit zu risikieren. Berge werd ich nicht machen, mann muss ja nichts riskieren. Aber für Lothars Verhältnisse ist er schon wieder eine richtige Bergziege

Und wenn wirs mal nicht schaffen auf einen Berg und unbedingt hochmüssen, dann kriegen wir auch Hilfe in Form von einem Traktor oder Pferdehänger für die Kutsche, wie gerade erst gestern: 

Wie ich zu meinem Namen, der Oxnfrau, kam

Ich finde diesen Namen sehr stark und für eine, die erst mit ihrem zweiten Ochsen arbeitet, bisschen früh gegeben.
Doch ich habe ihn geschenkt bekommen währen meiner Reise. In der ersten grossen Hitzewelle arbeitet ich bei dem einzigen österreichischen Wanderschäfer (der sich auch netterweise traute auf Lothar drei Tage aufzupassen), der zugleich auch Liedermacher ist. Er gab mir manchmal seine Arbeitsanweisung in Form einer Melodie z.B. "Oxnfrau, binds ja recht guat zua." 


Es hat mich sehr berührt, so genannt zu werden.

Mit offenen Augen an den Feldern vorbei

Als ich loszog stand die Gerste schon anfangs hoch, wächst, macht Ähren, schiebt Fahnen, langsam färben sich die Halme, zuerst nur ein bisschen golden, bald nur noch ein bisschen grün. Noch recht früh erscheint mir das erste Feld geerntet

Bis im Juli die Getreidefelder in goldner Pracht dastehen. Golden, so weit das Auge reicht und schon - oh nein, die Getreideernte ist im vollen Gange, d.h Hochsomer ist, nicht mehr Frühsommer, schon gar kein Frühling mehr. So toll ist das Stroh, dass es fast überall gepresst wird zu goldenen Ballen voll Reichtum


Mais, zunächst ganz klein noch, vielleicht 10 cm. Als er Kniehoch ist war ich schon ne Weile unterwegs, dann schiebt er an und schon ist er höher als ich und jetzt verfärbt er sich schon herbstfarben, wird geerntet


Und die Gemüsegärten! Anfangs wächst alles schön, später brennt und trocknet die Sonne viel aus, wenig gesundes Kartoffelgrün und jetzt schon: alles wird leerer, die Gärten füllen sich nicht mehr mit Grün und Blättern, nein, leer liegt die abgeerntete Erde 


Nach der Ernte wird gegruppert, erst einmal, dann nochmal, die Zwischensaat gesetzt und jetzt ist diese selbst schon gross. Und ein saftiges Grün, fast wie künstlich

Sonntag, 22. September 2013

Kommentare abgeben

Die liebe Technik. Klar wussten einige Leute, dass Lothar auf einem der Fotos vor Stift Göttweig, oberhalb der Donau tronend, abgebildet war, nur liess es sich nicht kommentieren. Das habe ich jetzt geändert. Also einfach auf "Kommentar", dann unter "Kommentar schreiben als" auf "Anonym" klicken und dann lässt sich jetzt was schreiben. Hoffe ich mal.
Wohin einen das Leben so treibt. 

Ich finde es so berührend und hoffnungsgebend, wieviele verschiedene Zukunftskonzepte, Impulse und Ideen ich bekommen habe seitdem ich unterwegs bin. Egal ob sie illusorisch erscheinen, oder am Ende des Tages als nicht umsetzbar, ihre blosse Existenz in meinem Leben ist schon viel Wert. Nicht, dass ich vorher keine Ideen gehabt hätte, doch habe ich jetzt noch MEHR und vor allem vielseitigere Ideen (Vielseitig aber nur dann, wenn man davon absieht, dass alle irgendwie mit Viechern zu tun haben). Ich bin meinem Leben so unglaublich Dankbar, dass es mich durch das viele zu Fuss Reisen um so vieles bereichert. 


Nur keine Hemmungen, auch ich muss dabei schmunzeln...


Wie wäre es z.B. mit Schafen die ganzen Dämme zu beweiden, die entlang der Donau in so unzähligen Kilometern gibt und bis jetzt ausschliesslich mit Traktoren o.ä. gemäht werden. Wo doch Schafe so schön zur Bodenverdichtung beitragen würden. Lothar  mit meiner Zigeunerkutsche oben auf dem Damm und abends die Schafe pferchen und ich heiz den Ofen ein? Sehr romantisch und Piz wäre überglücklich!


Oder in Petronell Carnuntum neben der Beweidung von Wiesen mit Schafen eine Ausbildungsstätte, sowohl für mich, als auch andere Menschen, als auch Ochsen (per Zufall vielleicht ungarische Grauviehochsen, mein Traumgespann?). Lothar, der Professor, nicht vergessend?


Oder doch irgendwann "ganz einfach" in Richtung Selbstversorger, zwei Ziegen, zwei Kühe, paar andere Viecher und grossem Garten. Feldarbeit mit Lothar? Und die Welt Welt sein lassen ("Um Himmels willen, Eva, du musst reich heiraten" "Jaja, vor allem ich...")


Einfach erstmal weiter mit Lothar und Kutsche, vielleicht gar so weit kommen mit Lothar und seinen Füssen, dass wir uns trauen auf die Zigeunerkutsche umzusteigen? Oder gar mal mit anderen Menschen (nur wenn mir jetzt die Fotos und die Aufmerksamkeit zu viel ist, wie wirds dann erst mit einem bunten "Bowtop Wagon")?


Einsteigen in die Naturschutzpflege mit Arbeitsochse und eventuell Arbeitskaltblut (schaut her, ich bin ja auch nicht von gestern!)? Mäharbeiten, Holzrücken und Ähnlichem? 


In landwirtschaftliche Betriebe einsteigen, die zum Beispiel Nachfolgerprobleme haben?


Einfach nur ein paar Ideen, kann man sich ja alles mal merken und im Fall, dass ich des Herumziehens müde werde, wieder hervorholen. Schlecht klingen sie alle nicht. Find ich.



Jetzt bin ich gerade in Oftering, westlich von Linz, und durfte sowohl an einem Arbeitspferdelehrgang als auch Bodenpräparate Lehrgang teilnehmen. Mein Kopf ist voll neuer Infos zum platzen voll! 

Tendenziell bin ich jetzt verstärkt auf der Winterquartiersuche. Nach den ersten empfindlich kalten und nassen Wochen wird ein beheizbarer Raum auf einmal wieder sehr sympathisch. Erstaunlicherweise kommen auch tatsächlich interessante Angebote, die einen für Lothar, die anderen für uns beide. Bin gespannt! Aber es geht schon erstmal noch weiter. Zuerst Richtung Scharnstein und danach wieder weiter gen Westen. 

Montag, 16. September 2013

So kennen uns die Leute vom Wegesrand. Naja, ganz ehrlich, wenn ich gerade zu viel fotografiert wurde auch nicht mehr so freundlich.


Jetzt habe ich eigentlich alles geschrieben, - wohl eher - die am Meisten gestellten Fragen beantwortet. Jetzt kann ich anfangen auch aus dem Alltäglichen zu berichten, von meinen Begegnungen, vom Wetter (wie interessant!), dem Wandel und allem anderen.
Lothar durfte heute ein Arbeitsochse sein, einer wie aus dem Bilderbuch. Auf dem Feld mit der Egge und einer Sternwalze. Hat mich meine Tour dankenswerter Weise bei einem demeter Betrieb vorbeigeführt, wo sie noch das Wissen um das Arbeiten mit Norikerpferden haben und darin auch Vorträge machen und Kurse geben. Ich habe zum ersten Mal eine neuen Pferdepflug bestaunt und nachdem es heute weiter gehen sollte mit dem Pflügen bot ich Lothars Arbeitskraft und die Meine mit an. Lothar hatte noch auf seinem vorhergehenden Platz auf dem Feld gearbeitet, aber ich nicht! Zumindest nicht mit einem Viech. Dieses eintönige hin und her ist eine ziemlich gute Übung für einen selber und sein Tier. Musste ich auch dort erstmal schauen, wie ich mit Lothar am besten komuniziere, damit es ohne viel Druck geht. So wendig wie die dortigen Pferde, die ganz fein auf Stimme reagieren ist Lothi natürlich nicht. Pah weit gefehlt. Da fehlt uns die Übung und mir die Ausdauer. Aber es erstaunte mich doch, wie viel sich an Fläche zusammensummiert, auch wenn man so langsam geht wie er. Eigentlich sollte mich das ja gar nicht erstaunen, nachdem unsere 15km täglich uns auch immer ganz schön weit bringen.

Am 12.9 waren wir zum allerersten Mal nach Lothars langen Verweigerungsserie im Juni und Juli wieder auf einem Hügel mit Aussicht auf die Alpen. Da geht mir immer gleich das Herz auf. Geplant war dies nicht wirklich, bin ich doch im Donautal unterwegs um keine Hügel zu laufen. Doch fuhr ich Tags zuvor mit einem Auto mal nach oben und sah, was mir im Tal für eine Aussicht verwehrt war und was für Architektur (die wunderbaren Vierkanthöfe! Einen sah ich, der war geschichtet, eine lage Ziegel, eine Lage in eine Richtung ausgerichtete grosse Flusskiesel, wieder Ziegel usw.). Da kam wieder die Sehnsucht nach Bergen! War aber Glück, denn es ging nur dreimal ganz kurz steil und schwups waren wir oben, ich konnts kaum glauben. Aber herausfordern wollte ich es auch nicht zuviel, am nächsten Tag gingen wir gleich wieder runter.
"Oben" übernachteten wir auf der Wiese bei einem 67jährigen Mann, der sowohl uralte 25 also auch blutjunge 95 sein könnte, er muss wahnsinnig viel in seinem Leben gearbeitet haben so wie seine Beine stehen und seine Hände verformt sind. Seine Frau, auch eine ganz eigene Gestalt. Die Augen und alles an diesen Menschen sah so aus, als hätten sie schon zehn Jahre ihren Hof nicht mehr verlassen. Aber Unmengen an Feuerholz hatten sie. Genug für Jahre. Das ist auch gut so. Denn:
Jetzt ists KALT. Danke für meinen Ofen. War ich schon die ganze Zeit glücklich ihn zu haben, bekommt er jetzt erst so richtig seine zentrale Stellung. Wieder eine neue Sache, die Umstellung fordert in meinem Tagesablauf. Alle neuen Situationen (wie auch die Hitze in Sommer, die Bremsen, das Verweigern von Lothar...) brauchen ihren eigenen Rhytmus und wenn ich diesen gefunden habe ists gar nicht mehr so tragisch. Aber erstmal wirds hoffentlich schon wieder wärmer. 
Na, Wetter, wie wäre es mit einem schön lauen farbenfrohen Herbst?
Wieder unten an der Donau bin ich durch eine Region der Zerstörung gelaufen. War sonst meistens schon alle Hochwasserschäden behoben, alles wieder sauber und hergerichtet, waren hier überall noch die Schäden sichtbar. Donausand bis ein Meter über meinem Kopf in den Bäumen, in Wälder gespülte Stege, zerbrochene Boote, Wasserränder an Wohnhäusern und Hühnerfarmen, verlassene Häuser um verlassene Häuser, alle die Fenster offen, damit die Feuchtigkeit entweichen kann. Die Hühner aber noch dort, oder die Katze, und immer Kisten und kaputtes Zeug, oder Sachen zum trocken. Viel Sand.
Doch die Wiesen dort, in einem solchen Grün als wäre es Frühling.

Freitag, 6. September 2013

An was für besonderen Plätzen wir unser Camp aufschlagen dürfen!

Wer weiss, wo wir waren?

Der grösste Stolperstein meiner Tour: 

Ich bin ziemlich blauäugig in diese Tour gestartet, eigentlich in das ganze Projekt von Anfang an. Habe ich mir doch zuerst eine Kutsche gebaut, da war das dafür geplante Tier mal grad auf der Welt und wusste noch gar nichts von seinem Schicksal und ich natürlich von Ochsen gar keine Ahnung. 


Das ist auch ok so, denn ohne eine gewisse Blauäugigkeit hätte ich so etwas erst gar nicht gestartet. Und so dachte ich auch, dass das mit den Klauen schon hinhauen würde, nachdem der einzige Mensch den ich kenne, der mit einem Oxn reist, keinerlei Probleme hat. Und auch nachdem klar war, dass Lothar ohne Beschlag nicht auskommt, dachte ich noch, dass ich mit etwas Geduld irgendwo immer jemanden finden würde, der noch Ochsen beschlagen kann. 


Weit gefehlt. Leider finde ich GAR nieman in Österreich der dieses Handwerk noch beherrscht (war auch in diversen Zeitung und Fernsehen extra mit Aufruf). Und leider auch keine Hufschmiede, die es ausprobieren würden.
Noch vor 50 Jahren wurden die Kühe und Ochsen in Österreich beschlagen sobald sie mehr arbeiten mussten, als nur das Feld hinterm Hof zu pflügen. Während und nach des zweiten Weltkrieges, so wird mir immer wieder erzählt, gab es erstmal gar NUR Kühe und Ochsen zur landwirtschaftlichen Arbeit. In den Zeiten haben dann die Hufschmiede natürlich auch mehr Ochsen als Pferde beschlagen. Nur mit dem Einzug des Traktors ist die Arbeit mit den Tieren ziemlich schnell eingestellt worden und somit ist das Wissen auch nicht mehr weitergegeben worden. Heute kann man den Klauenbeschlag noch als Wahlfach während des Hufbeschlagkurses belegen und an Kühen üben, die dann zum Schlachter gehen, bzw. zuerst an solchen, die gerade dort gewesen sind. Wie gut der Beschlag dann aber hält, diesen Erfahrungswert gibt es dabei nicht mehr.


Rinder treten immer zuerst mit einer Klauenhälfte auf, dann mit der Anderen und wenn dann das Gewicht auf beiden Seiten ruht, verdrehen sie die Klauen nochmal in ihre entgültige Position. D.h. man hat bei jedem Schritt eines Rindes eine Reibung dabei, die es beim Pferd nicht gibt und somit auch eine grössere Belastung für Nägel und Eisen.
Ein alter Hufschmied in Deutschland erklärte mir dazu mal die Grundlagen, schenkte mir Beschlagswerkzeug und organisiert mir seitdem die alten Klaueneisen, die natürlich auch nicht mehr hergestellt werden. 


In Ungarn fand ich einen jungen Schmied, der zwar das Wissen auch nicht hatte, es aber ausprobieren wollte. Er ist mir auch mittlerweile schon zweimal hinterhergereist bis er sagte, jetzt wärs ihm dann doch zu weit. 


Es war aber eh nicht damit getan, dass alle 6 Wochen einmal ein Schmied kommt und Lothar zackzack neu beschlägt. Eigentlich hatte ich ab der ersten Woche Probleme mit lockeren Eisen, abgelaufenen und verlorenen Eisen, Rutschen, abgerissenen Nagelköpfen usw. Alle paar Tage war mal wieder was. Und ich natürlich von NICHTS eine Ahnung. Und wenn es ein Problem mit seinen Füssen gab, dann hiess das auch Probleme mit Lothar, weil der einfach keiner ist, der seine Füsse gerne hergibt und wenn 800kg nicht wollen ists blöd. Und im Klauenstand verstuchte er sich regelmässig umzubringen. So hat mir das meine ersten zwei Monate ziemlich vermurkst allein wegen der ständigen Sorgen! Alle zwei drei Wochen habe ich alle Hufschmiede des Bundeslandes angerufen um zu fragen, ob sie einen Ochsen beschlagen und mir helfen könnten. Zu 97% war die Antwort "Nein". Die restlichen 3 % sagten, sie könnten es nicht, aber wenn ich niemand anderes finde, dann soll ich mich nochmal bei ihnen melden. Einen hab ich dann tatsächlich nicht gebraucht, und zwei kamen und haben geschwitzt! Vielen Dank dafür!!!


Eins wurde dadurch immer offensichtlicher: ich muss es selber lernen. Aber einen Ochsen vernagelt man noch schneller als ein Pferd, da die Horndicke nur 1/3 der des Pferdes entspricht! Das konnte ich beim besten Willen nicht. 


Aber ein erster Schritt wurde getan, als ich einen alten Schmied traf, der mir anhand von abgeschnittenen Füssen aus dem Schlachthaus, die Grundlage lehrte. Seine Aussage: " Sie machen das so schön, als hätten sie immer schon Klauen beschlagen!", wird abgemindert durch die Tatsache, dass er halb blind und halb taub war. Doch durfte ich zum ersten mal spüren, wie es sich anfühlt Nägel in eine Klaue zu schlagen. Und da die Kuh ja eh schon tot war: wie es sich anfühlt den Nagel an die falsche Stelle zu hauen (leider kein zu grosser Unterschied für eine Anfängerin). 


Und das habe ich jetzt zweimal gemacht bisher, also an 8 Füssen. Mitlerweile spüre auch ich ganz anfänglich, wie es sich anfühlt, wenn der Nagel den richtigen Weg nimmt. Die Vetmeduni in Wien, bei der eine der zwei österreichischen Hufbeschlagsschulen ist, hat mir dann nochmal die Hinterfüsse gemacht ( was super ist, denn Hinten ist Lothar heikler als vorne, aber leider auch mit dem Ergebnis, dass Lothars Fehlstellung irreperabel ist) und seitdem ist es mehr oder weniger meine Aufgabe bis ich nach Stadl Paura bei Wels komme, wo die andere ist.


Aber auch in diese Problematik kommt irgendwann ein bisschen Ruhe rein. Immer noch muss ich das Wissen um die Gefahr, dass Lothars Füsse wegen ein Ende kommen kann, ganz weit nach hinten im Kopf schieben. Aber auch da ist Vertrauen gewachsen, obwohl anfangs die Füsse viel besser waren. Jetzt weiss ich, dass ein wackelndes Eisen mir nicht mehr den Schlaf rauben muss und auch kein Abgefallenes. Jetzt kann ich Eisen abnehmen, in die alten Löcher wieder draufmachen, seit einer Woche gar Nägel neu setzten, obwohl ich mir dabei immer noch fast in die Hose mache. Wahrscheinlich wird die Winterpause gut für Lothars Füsse. Dann kann all das, was jetzt definitiv vermurkst ist rauswachsen und nächstes Jahr mit der ganzen Erfahrung von Heuer neu angefangen werden. Das Wissen, was ich jetzt habe, führt mir die ganzen Fehler vor Augen, die der Schmied (der es ja auch nicht besser wusste) und ich gemacht haben und sicher noch tun. Schade, dass das Wissen um den guten Klauenbeschlag mittlerweile so gut wie ausgestorben ist. Und Lothars Füsse findens sicher noch mehr schade, weil ja er es ist, der es ausbaden muss. 


Ein Wunder eigentlich, dass seine Füsse trotz Fehlstellung, trotz weicher Hornqualität, trotz dem Herumtüfteln an ihnen durch einen jungen fähigen Huf - aber komplett unerfahrenen Klauenschmied und einer in Pferde und Kuhfüssen absolut unbewanderten Mir, bis jetzt durchgehalten haben. 

Anfängliche Versuche

Lothar zum ersten Mal in einem Liegestand an der Vetmeduni in Wien. Armer Kerl, aber darin konnte selbst er sich nicht verletzen.


Seid 28. August ist Herbst. Definitiv. Die Akazien fangen an sich zu verfärben, die Morgen sind wie ausgewechselt. Kühl, ganz viel Tau - alles ist pitschnass- Nebel, andere Farben im Licht. Schön. 
Trauer steigt in mir auf mit der letzten Jahreszeit, die für mich Herumziehende anbricht. Das Ende der Tour steht auf einmal am Horizont, wo vorher nichts war. 


Das Ende fürchte ich mehr als die Kälte.
Kann man eigentlich wegfotografiert werden, sprich sooft fotografiert werden, bis nichts mehr von einem übrig ist. Oder leergefragt werden? 
Manchmal glaub ich, dass ich mit einem Elefanten nicht mehr Aufsehen erregen würde. 

Es gehört dazu, ich weiss es, ich würde wahrscheinlich auch starren, aber es gibt Zeiten, da kann ich damit besser umgehen und Zeiten in denen es auch einfach nur anstrengend ist.

Freitag, 30. August 2013

Die Frage nach dem Warum?

Oft, mehrmals täglich eigentlich, werde ich gefragt, weshalb ich mit einer "Kuh" unterwegs bin. Das wundert mich immer noch ein bisschen, weil für mich nicht das wesentliche ist, dass ich mit einer "Kuh" unterwegs bin, sondern dass ICH unterwegs bin und zwar ZUFUSS. 

Die "Kuh" bzw der Ochse ermöglicht mir "nur" um einiges mehr an Gepäck und sehr nette, nicht sprechende, wiederkäuende Gesellschaft, was nicht zu verachten ist.
Schon während des Schreibens gefiel mir diese Formulierung nicht. Während des Laufens ist mir eingefallen wie es lauten muss: ...weil für mich nicht das wesentliche ist, dass ich mit einer "Kuh" unterwegs bin, sondern dass WIR unterwes sind, und zwar zu ZUFUSS. Lothar, Piz und ich. 

Hier also ein DARUM was aber nichts mit einer "Kuh" zu tun hat:


- ich lerne Menschen, Berufe, Ansichten, Lebensweisen kennen, von deren Existenz ich nicht einmal geahnt hätte


- allein unterwegs zu sein konfrontiert mich tagtäglich mit mir selbst ohne dass ich Ablenkungsmöglichkeiten habe


- zu erleben - jeden Tag - wie sich die Natur verändert


- zu fühlen, dass mich das Leben trägt, wenn ich mich ihm absolut hingebe


- herauszutreten aus den alltäglichen Gedankenspiralen in Kombination mit sehr wenig neuem Input und fehlenden Ablenkungsmöglichkeiten. Dies legt in mir einen Menschen frei, der sonst nie zu Wort kommt und macht mich ungemein ruhig


- äusserliches zu Fuß gehen erzeugt innerliche Bewegung und Öffnung


- je länger ich an einem Ort bin, desto mehr habe ich Antworten statt Fragen. Ich würde aber gerne ein Mensch der Fragen sein und dies bin ich mehr unterwegs


- einfach auch nur, weil mich das Leben im Bauch dann so schön kitzelt

Sonntag, 25. August 2013

"Wohin geht dir Reise?"

Die Menschen fragen mich oft nach meinem Ziel. Mehr als "nach Westen" kann ich nicht wirklich antworten. Und selbst das stimmt eigentlich nicht für die ersten 3 Monate. Lief ich anfangs schon nach Westen, von Szalafö in Ungarn startend, daraus wurden dann aber schnell alle anderen Himmelsrichtungen, nur nicht mehr westen. 


Es gibt einfach so viele Unwägbarkeiten auf meiner Tour, dass ein Plan gar nicht ausgeführt werden kann. Dafür weiss ich noch viel zu wenig über das Reisen mit einem Ochsen und einem Hund.

Dachte ich am Anfang noch, ich gäbe die Richtung an, musst ich schon bald merken, dass Lothar genausoviel mitspracherecht hat wie ich, nein eigentlich mehr. Wärs nach mir gegangen, wären wir nähmlich schon in Tirol, schön in den Bergen -seufz-. Doch Lothar hatte was dagegen. Und wo sind wir jetzt? Im absolut flachen, flacher gehts ja schon gar nicht: Weinviertel. Soviel zu MEINEM Mitspracherecht.

 
Dazu kommt aber auch noch, dass ich bewusst kein Ziel gewählt hab, denn dann bin ich auch so darauf fixiert, dass ich gar nicht mehr wahrnehme, dass die Gegend grad links von mir, ab von meiner geplanten Route, eventuell schöner ist. Es geht dann immer auch darum, dieses Ziel auch zu erreichen.


So bin ich frei und kann ganz spontan in eine andere Himmelsrichtung abbiegen. So bleibt es darüberhinaus auch nochmal spannend, weil ich nie weiss, wo ich in einem Monat sein werde. Nicht mal ungefähr.


Egal ist es, wo ich laufe. Das Wesentlich ist DASS ich laufe und dass ich dort bin wo ich bin. Und egal wo, interessante Begegnungen habe ich überall.


Dank den Menschen entlang meines Weges.

Samstag, 24. August 2013

Lothar am Neusiedlersee auf der Storchenwiese in Rust Anfang August

Seid 9. Mai bin ich wieder zufuss unterwegs. Wieder mit dem Wunsch die Ruhe in den Gedanken zu erlangen, in und mit der Natur zu sein, verschiedenste Menschen und Landstriche, Berufe und Ansichten kennenzulernen, von deren Existenz ich nicht mal im Geringsten geahnt hätte. 

Diesmal nicht mehr komplett alleine, sondern mit Ochse Lothar und meiner Hündin Piz. Sie ermöglichen mir allein und doch nicht allein zu sein und ein bisschen mehr Luxus. 


Doch mit der Ruhe klappte es nicht so ganz. Zum einen hat mir der Beschlag von Lothar vom 1. Tag an Probleme gemacht, zum anderen war es mir nicht mehr möglich mit einem 800kg Ochsen unbemerkt durch die Lande zu gehen (was ich komischerweise und fälschlicherweise angenommen hatte). 100x am Tag die selben Fragen gestellt zu bekommen, nach dem Woher und Wohin, die selben Sprüche ("Das sieht man aber selten")  und natürlich die Fotos ("bleims mal stehen, ich muss meinen Fotoaparat holen. Gehens doch einen Schritt zur Kuh hin. Lächeln!"), hat mich ziemlich verwirrt und überfordert. Hatte ich am Anfang noch den Anspruch, jedem Menschen und jeder Frage individuell gerecht zu werden, merkte ich schnell, dass das einfach nicht möglich ist. Soviel Energie besitzt kein Mensch.
Deshalb schreibe ich jetzt diesen Blog um auch all die Menschen zu entschädigen, die nur ein "von weit her", oder "nach Westen" von mir zugerufen bekommen, oder auch nur ein freundliches Nicken. 


Ich werde einmal pro Woche einen Bericht veröffentlichen. Nicht, weil ich nicht mehr zu berichten hätte, sondern weil ich jetzt schon merke, dass der Computer und das Internet, mich doch wieder viel ablenken. Und mir geht es ja gerade darum, mich einem Leben auszusetzten, wo ich die Ablenkungsmöglichkeiten auf ein absolutes Minimum halte. Keine Musik, keine Unterhaltungsliteratur, kein Haus/Grund/Wohnung, wo es immer was zu tun gibt, kein Fernsehen, keine menschliche Begeitung, kein Internet, kein Smartphone. Lieber schreibe ich unter der Woche für mich und stelle daraus einmal die Woche was ins Netz. Mal sehen, kann auch alles anders werden.

Freitag, 23. August 2013

 Unser Camp vor Schloss Rohrau