Samstag, 29. August 2015

Gedanken I


Ruhig solln sie sein meine Gedanken. Ich weiss, ich wiederhole mich, doch ists mir einfach ein wichtiges Thema. Wenn ich laufe, jeden Tag, langsam, schlafen sie ein. Es gibt dann nur noch sehr wenig, womit sie sich beschäftigen können. Was gibts zum essen, z.B., oder wo werden wir heute wohl eine Wiese haben. Da kann sich nicht viel im Kreise drehen. Ansonsten ist Ruhe im Kopf.

Meine Gedanken können aber auch anders. Sind auch Meister darin sich im Kreise zu drehen. V.a. solange ich sesshaft bin. Dann nehmen sie ein Ereignis und arbeiten das durch und durch und machen dadraus etwas, was nichts mehr mit der Realität zu tun hat. Nicht nur, dass das Lärmbelästigung für meinen Kopf ist, ich finde auch, dass ich für meinen Gedanken Verantwortung trage. Und mit ihnen auch Schaden machen kann. Das möchte ich nicht. Ich versuche also etwas zu betreiben, was ich scherzhaft „Gedankenhygiene“ nenne. Meine Gedanken, meinen Kopf frei von Negativität zu halten, frei von Endlosschleiffen desselben Inhalts. Ihn nur gezielt zu benutzen wenn ich ihn brauche.
Mittlerweile klappt das phasenweise eigentlich sehr gut. Doch je mehr ich unter Menschen bin und aus dem Sein heraus automatisch wieder mehr in den Kopf rutsche, soll man ja z.B. auf Gesagtes reagieren, bekommt er wieder mehr Spielraum und Einfluss und dann dauerts wieder bis ich ihn wieder in seinen Schlaf gesungen/gelaufen habe.
Ein Wunsch von mir ist schon der, dass ich meinen Kopf nicht nur Phasenweise gut unter Kontrolle habe, sondern in jeglicher Situation. Immer. Auch unter Menschen. Dafür laufe ich.

Gedanken II


Vor ungefähr 5-6 Jahren habe ich mal ein halbes Jahr bei der Firma P.... gearbeitet. Das ist eine Internetversandfirma, die nur Billigschrott Made in China verschickt. Mit Hochglanzfotos ihrer Produkte hochgehalten von dickbrüstigen Frauen mit tiefem Dekolte als Werbung. Hat man diese dann selbst in der Hand merkt man erst, was für Schrott das ist. Naja, auf jeden Fall habe ich da die Pakete gepackt. Paket um Paket um Paket. Paket aus dem Regal nehmen, wiegen, Rechnung und Katalog dazu, Füllmaterial rein, zukleben, Adressaufkleber drauf und rauf aufs Fliessband. Neues leeres Paket in den alten Platz zurück. 8 Stunden lang im Schichtdienst. Am Ende der Schicht wurde dann eine „Bestpacker"-Liste ausgedruckt, damit du dich schön messen konntest mit deinen Mitpackerinnen. Ich glaube ich war auch mal bei um die 700 Pakete in 8 Stunden. Und natürlich wurde man beim Rausgehen immer Stichprobenartig in einen Nebenraum gerufen und durchsucht, dass man ja nichts mitgenommen hat.
Die Stimmung in dem Betrieb war ziemlich schlecht gewesen. Und natürlich lief er hauptsächlich auf Leiharbeiterbasis. Und liefs mal nicht gut mit dem Geschäft, wurde einfach 1/3 der Belegschaft entlassen. Von heut auf morgen. Tut uns Leid.
Nach der Einarbeitungsphase, wenn man nicht mehr so drüber nachdenken musste, was man tat, war man allein mit seinen Gedanken. In einem unguten Betriebsklime. 8 h lang hatten die Gedanken also Zeit einen zuzulabern. 
Ich stand erstmal nur drin in dem Betrieb und war - Pakete packend - glücklich darüber, dass ich nicht darauf angewiesen bin, dies mein Lebtag zu machen. So wie so viele andere Menschen weltweit jeden Tag. Nachdem es bei mir aber auch anfing mit den Gedanken, die sich im Kreise drehen, fing ich an ein Gedicht auswendig zu lernen. Strophe für Strophe. Jeden Tag. Und am Ende der Zeit hatte ich meine 53 Strophen zusammen. Es war „Der Seherin Gesicht“, der erste Teil der Edda, über die Entstehung, Untergang und Neuauferstehung dieser unseren Welt. Es geht glaub ich um die 20 Minuten.
Diese Strophen haben mich die Arbeitsstunden überstehen lassen, ohne meinen Kopf negativ zermartert zu haben, sondern bereichert.

Freitag, 21. August 2015

Schwarzwald, wir bleiben dir treu

Und wieder ist alles anders.
Hat es mich nach den Kreisen und Zickzacklinien, die wir im Süd und Mittelschwarzwald gezogen haben dann doch wieder in eine neue Himmelsrichtung gesehnt: nach Norden. Aber dann, als wir tatsächlich vor den Toren Pforzheims standen, nur noch einen halben Tagesmarsch von der „Ebene“ entfernt, hat es mich doch - für diese Saison zumindest - angegruselt.
Dort unten zwischen Karlsruhe und Pforzheim war es auf einmal so dicht besiedelt. Überall waren Städte, Dörfer, Strassen. Wo sollten Lothar, Piz und ich da unsere einsamen Wege finden? Die, wo uns tagsüber niemand anderes sieht als der Eichelhäher, Forstarbeiter, unzählige Tannen und die spätsommerlichen bunten Blumenmeere entlang des Weges? Wo wir einfach laufen dürfen, die Wälder riechen und ganz viel schauen, schauen? Nein, ich konnte diese Zeit für meinen letzten frei reisenden Monat nicht hinter mir lassen. Das soll das nächste Jahr wieder mit sich bringen.

Noch dazu kommt die Trockenheit, die ich selbst hier oben zu spüren bekomme. Wenn der zweite Schnitt anstatt zu wachsen ausdünnt und kaum mehr Winterfutter bringt und ich von Bauern höre, dass sie zum Winter Tiere verkaufen müssen, damit der Rest gut über den Winter kommt. Wie ists dann erst da unten? Ende Juli bin ich mit dem Auto in der Ebene unterwegs gewesen und damals wars schon verdammt trocken. Nein, nein, Lothar, dieses karge Futter, was dann auch noch schwer zu finden sein wird, das möchte ich dir ersparen. Auch darauf bezogen, dass ich dich ja die erste Septemberwoche eine Woche alleine lassen muss, um auf meine Grossmutter aufzupassen. Da ists schon besser wir bleiben oben, da finde ich dir schon eine schöne Weide.

Also sind wir wieder abgedreht. Haben nicht einen Fuss aus dem Schwarzwald rausgesetzt und ziehn jetzt wieder gen Süden. Schwarzwald, diese Saison bleiben wir dir treu!

Und jetzt sind wir im Hochschwarzwald. Einsam. Mit Blick bis in die Vogesen und freuen uns daran oben zu sein.

Samstag, 15. August 2015

Winterquartier gesucht!


Noch ists nicht Mitte September, also noch nicht mein selbst gewählter Zeitpunkt mich intensiv um ein Winterquartier für Lothar, Piz und mich zu kümmern. Doch hier auf den Blog kann ich ja schon darüber erzählen was wir suchen und brauchen. Vielleicht trägt sich das dann schon mal in die Welt und es kommt was zu mir zurück.

Lothar wünscht sich wie jeden Winter eine nette Kuhherde, bei der er sein Kuh-Sein ausleben darf. Es sollte kein Anbindestall sein, damit er sicher gesunde Gelenke im Frühjahr hat. Er darf aber gerne draussen sein, solange es einen Unterstand gibt. Mit einem Stier zusammen möchte ich ihn stellen. Natürlich komme ich für seine Unterbringung auf. Lothars Platz muss nicht dort sein, wo ich bin. Denn hat er mal eine Herde, bin ich eh wieder zweitrangig. Natürlich kann mit ihm auch über den Winter gearbeitet, ausgeritten o.ä. werden. Da würde ich die betreffende Person dann einarbeiten.
Zeitraum: Mitte Oktober bis Angang/Mitte April.

Piz braucht nichts besonders, ausser bei mir sein zu dürfen. Ein paar Schafe zum hüten fände sie natürlich klasse.

Ja und ich?
Am selbständigsten und liebsten arbeite ich natürlich in der Landwirtschaft. Ich kann die anfallenenden Winterarbeiten im Kuhstall komplett übernehmen, das hat sich ja auch die letzten zwei Winter gezeigt. Die meiste Erfahrung habe ich natürlich mit Kühen, doch habe ich auch schon viel mit Schafen gearbeitet und mit Ziegen und Pferden.

Ja und wenn sich kein Kuhstall findet, der tatkräftige Hilfe braucht?
Mit Holz habe ich auch schon viel gearbeitet, habe Unterstände, eine Sauna und aus einer Scheune geholfen ein Wohnhaus zu bauen, doch brauche ich da Anleitung. Das kann ich mir auch wieder vorstellen.
Was ganz anderes wäre aber auch machbar und interessant. Ich bin da sehr offen! Generell bin ich in meiner Arbeit sehr zuverlässig und arbeite gerne selbständig. Nur zum Kinderaufpassen, Kochen und Putzen eigne ich mich nicht wirklich :-(

Also falls ihr einen Job in diesem Zeitraum zu vergeben habt, auch einen, der gar nichts mit all dem oben zu tun hat, einfach anrufen oder anmailen.
Ich bin gespannt, was dieser Winter für uns parat hat.

Bezahlt muss die Arbeit natürlich sein. Sonst kanns ja nächstes Jahr nicht weiter gehen.
Zeitraum: ca. 1.11 bis ca 31.3. Länger geht nicht, kürzer schon.

Freitag, 7. August 2015

Die letzten Wochen gehören zu ganz besonders Wundersamen. Es passieren Sachen, die unmöglich sind zu passieren. Ich steh eigentlich immer noch erstaunt über das Leben da, und schüttle den Kopf.

Alles so anderes. Ein ganz tiefes ja zu meinem Ochsen. Ohne schon an ein „schöneres“ Zukunftsgespann zu denken. Nicht in eine „grösser, stärker, schneller, weiter“ Entwicklung zu gehen. Nicht ein Mehr zu wollen. Nein, ihn zu erkennen als das perfekte Wesen an meiner Seite. Zu erkennen dass ich alles habe, und mir nicht mehr wünsche. Grad nach dem Frühjahr mit seinen Monstern.
Zu spüren, dass diese Reise das ist was ich tun will.  Ein Grundlegendes „ja“ in allem zu finden, aber weniger das Wort, als mehr ein tiefer Ton. Im Ochsen, im Karren, in meinem Weg.

Und den Kopf sein zu lassen und mich allem hinzugeben. Vor allem der Weite. Loszulassen. Die Hitze hilft. Wenn sie einem tagsüber alle restlichen Gedanken auch noch wegbrennt, damit wir abends völlig neu auferstehen können. 

Und genauso in eine tiefe Begegnung mit einem anderen Menschen einzutauchen. Und auch dort das Leben tanzend vorzufinden. Und frei. Und wieder loslassen loslassen. So schwer.

Das Leben flüstert den Menschen um mich herum ins Ohr. Und so leiten sie mich auf meinem Weg zu Menschen, zu mir, zu Plätzen. Nichts davon kann gewollt erzwungen werden. Ich muss zuhören. Offen sein. Weit sein. Langsam sein.
Alle Begenungen sind einzigartig und nicht ersetzbar. Und reichern sich an in meinem Herzen.
Unvergessen.
Danke.

Montag, 3. August 2015

Lothars Tanz


Runter vom Berg. Nach Tagen voller Wald, Waldwegen, Tannen und Raben so gut wie menschenlos, hören wir schon von weitem die Bundesstrasse. Die Motorräder, die einer ums andere das Tal hoch und runter fahren, haben ihren Lärm schon lange zu uns hochgetragen. Unten ein kleiner Fluss, ein paar Häuser, angelnde Familien, ein paar Wiesen. Hier sollte ich bleiben, der Vernunft nach, es ist heiss und die Bremsen haben sich auch erholt von der Abkühlung der letzten Woche.

Doch es ist so laut. So schnell die Autos, so eng das Tal.

Da zieht es mich wieder die andere Talseite den Berg hinauf. Nicht weit, vielleicht 2 km ist schon wieder die nächste Hochebene und ein kleines Dorf. Das fühlt sich besser an. Doch auch eine Stimme in mir sagt: „Lass es sein. Du hast es oft genug bereut gegen die Vernunft noch weiterzulaufen. Hast du nichts dazugelernt?“
Doch schon habe ich die Bundesstrasse überquert und den Wegweiser gesichtet zum nächsten Dorf. 1,6km. Schaut anfangs steil aus, aber die nächste Kuppe verspricht schon Erleichterung für Lothar. Also los.
Sehr schnell kommt aber die Ernüchterung. Der Waldweg muss schon sehr sehr alt sein, breit gehalten, solide angelegt und streckenweise mit altem „Pflaster“, also seitlich aufgestellten Sandsteine um den Weg zu sichern. Und ich sehe in mir die vielen Zugtiere, die über Jahrhunderte diesen Weg nach unten gegangen sind. Runter zur Sägmühle. Und jetzt steht wieder ein Ochs am Berg und wünscht sich sehnlichst, woanders zu sein.
Zu recht! Denn es hört nicht auf steil zu sein. Sehr steil und dieser Pflaster hält die Räder auf, und  lässt sie nur mit noch grösserem Kraftaufwand über sich hinweggleiten. Oh du armer Lothar. Und er gibt sich Mühe und zieht und zieht. Und vor jede Wegbiegung denke ich mir, jetzt muss es doch vorbei sein, so einen Weg kann es nicht geben, der nur steilsteil grad den Berg raufführt. Doch nach jeder Wegbiegung ists nur genauso steil wie vorher.
Und da bleibt er stehen, mein lieber Ochse und will nicht mehr.....

Doch er ist so süß. Er hat sich direkt neben eine Sitzbank eingeparkt, zeigend, es sei doch Zeit für eine Pause, auch für mich. So gebe ich sie ihm.
Doch danach müssen wir wieder weiter, uns dem Berg stellen und so kommts zur kritischen Situation, weil Lothar beim Ausparken versucht umzudrehen, Richtung bergab. Kaum kann ich ihn halten und wieder nach oben lenken. Jetzt brauchen wir auch nicht mehr umdrehen. Mehr als die Hälfte scheint geschafft, und da oben scheint es flacher zu werden....
Doch wieder nicht. Es bleibt einfach immer nur extrem steil und so bleibt er natürlich wieder stehen. Der Arme. Kopf nach unten. Ich verlange von ihm, ihn zumindest nach oben zu halten, dann kann er rasten.
Und dann beginnt etwas Neues, Unbekanntes. Lothar beginnt zu laufen! Steil den Berg hinauf. 15m. Dann bleibt er wieder stehen. Ruhe. Auf einmal geht es wieder wie in einen Ruck durch ihn durch und wieder trabt er fast den steilen unebenen Pfad hinauf, weitere 20m. Und so tanzen wir! Laufen, Pause, laufen. Bis wir oben sind und ich fast weinen könnte. Vor Ehre vor meinem Ochsen, vor Scham vor mir selber, weil ich ihn in diese Situation gebracht habe, vor Dankbarkeit es geschafft zu haben.

So etwas kostet. Nicht nur Lothar, sondern auch mich. Die Gefahr, die nicht nur den heutigen Berg betrifft, sondern sich für die nächtsten Monate wieder in seinem Kopf hätte einprägen können, würden wir es nicht schaffen den Berg zu bezwingen. Die Gefahr das Vertrauen meines Zugtieres zu verlieren und seinen Respekt.
Diesen Nachmittag passiert nichts mehr. Lothar frisst noch, aber ich lege mich gleich schlafen.