Donnerstag, 10. August 2017

So oft passiert nichts und einmal solls halt passieren
Am Montag Nachmittag räume ich Holz weg und stosse meine Axt, die in 40cm Höhe neben mir liegt irgendwie runter. und sie fällt auf meinen Fuss. Tut n bisschen weh, aber nicht so tragisch, doch als ich dann doch einen Blick mache, kann ich meinen Augen nicht trauen. Die Axt muss mit der Schneide voran gefallen sein und hat mir den mittleren Zeh meines rechten Fusses sauber am obersten Gelenk fast vollständig abgetrennt. Sauber liegen Fleisch und Knochen da und ein Teil meines Körpers, der doch eigentlich zu mir gehört baumelt runter. Unter Schock kann ich mir das alles ganz nüchtern anschauen ohne Graus und ohne jeglichen Schmerz. Nur mit der Gewissheit: Ich muss jetzt ins Krankenhaus.
Ganz nüchtern sage ich meinen Freunden Bescheid, schnüre mir noch selbst was Kühles mit einem Handtuch unter den Fuss und versichere allen, sie sollen sich keine Sorgen machen. Der Mann meiner Freundin fährt mit dem Auto vor und ich steige ein. Spüre, dass das Blut zu fliessen beginnt und auch der Schmerz einsetzt. Der Mann gräbt schön Geschichten aus um mich abzulenken in den 20 Minuten zum Krankenhaus. Ich versuche vergeblich jemand aus meiner Familie zu erreichen, will einfach eine ganz vertraute Stimme hören und erzählen. Doch keine Mutter, keine Schwester nimmt das Telefon ab. Also begnüge ich mich weiter mit Geschichten. Lache viel rede nur Blödsinn und fühl mich als hätt ich 40 Kaffee getrunken.
Erst im Krankenhaus auf der Liege, während eine Schwester das Handtuch abbindet und den Fuss reinigt wird mir klar was eigentlich los ist und als dann die Ärztinnen damit anfangen meinen Fuss lokal zu betäuben kommen mir die ersten Tränen und die Verzweiflung. Da wage ich auch nicht mehr hinzuschauen. Bitte aber eine Anwesende, für mich ein Foto zu schiessen.

Nachdem herauskommt, dass die Sehnen durchtrennt sind, zieht die Oberärztin selber sich um und kommt mit ans Fussende meiner Liege. Natürlich versuchen alle mich abzulenken und so erzähle ich von den Ochsen und meiner Tour und auf die Frage wer sich jetzt um sie kümmern würde, fragte ich in die Runde, wer von ihnen denn diese Aufgabe gerne übernehmen würde. Natürlich rattert bei mir auch schon im Kopf die Frage: wie geht es weiter?
Erst als alles geflickt ist schaue ich wieder hin und jetzt mit dem Zeh wieder an Ort und Stelle und der sauberen Naht schaut doch alles schon gar nicht mehr so schlimm aus. Doch meine Freude wird gebremst durch die Ärztin, die striktes Liegen verordnet und sagt, dass erst die nächsten Tage zeigen werden, ob mein Zeh auch wieder vom Körper angenommen wird. Ich bekomme noch eine Gipsschiene und werde dann - vermeintlich für eine Nacht - auf ein Zimmer gebracht.

Aber was für ein Zimmer. Das zweite Bett ist leer und der Blick geht auf Wald, die Kastelburg von Waldkirch, Waldkirch selber und den Kandel mit Kandelfelsen. Eine der ersten Sachen die ich mache, nach dem ich mich einigermassen eingefunden und meinen Rollstuhl bekommen habe, ist die grossen Fenster ganz aufzureissen um die Geräusche der Natur, die Luft und das Leben herein zu mir zu lassen. Nachdem ich bei dem Versuch mein Bett näher ans offene Fenster zu stellen fast umgekippt bin, begnüge ich mich mit der Distanz und nehme mein neues Zuhause in Beschlag.
Mein erster Tag im Krankenhaus ist wie Urlaub. Schön gedopet mit Schmerzmitteln spüre ich rein gar nichts und geniesse meinen Wald und den Wind der durchs Fenster kommt und über mich herüber streicht. Ich telefoniere, lasse mich bemitleiden und probiere die verschiedensten Stellungen aus, die ein Krankenhausbett elektrisch einem zur Verfügung stellt.
Das klingt jetzt ein bisschen arg romantisch. Eigentlich drehte sich mein erster Abend um die Ochsenfrage. Was mach ich jetzt mit den Dreien? Eine Woche (so ein Blödsinn) sage ich mir, bin ich sicher nicht fähig meine Ochsen zu versorgen. Soll ich jetzt jeden Tag Freunde bitten ins Tälchen zu laufen um sie zu tränken und Wiese zuzustecken?
Nein, das geht nicht und so frage ich im Ochsenwinterquartier an, ob ich Lothar, Max und Milan zu ihnen auch mal in den Sommerurlaub schicken dürfte. Erstmal für eine Woche (nochmal der selbe Blödsinn). Ein anderer Freund von mir, wo Lothar in seinem zweiten Winterquartier war, erklärt sich auch sofort bereit, die Ochsen mit seinem Auto und Hänger zu holen. Nachdem das organisiert, und noch mehr, nachdem sie es tatsächlich geschafft haben alle drei sicher auf den Berg zu bringen, ja dann kann ich eigntlich erstmal richtig loslassen. Und diese Hilfsbereitschaft gibt mir die Möglichkeit auf unbestimmte Zeit nichts zu tun, was den Zeh gefährden könne.
Doch nicht nur im Ochsentransport wird mir geholfen. Aus dem Weiler wo die Baustelle bekomme ich Angebot über Angebot, wo ich erstmal unterkommen kann. Denn klar wird natürlich auch, dass ich persönlich mein Zelt und die Kutsche lange nicht mehr zu Gesicht bekommen werde. Zu lange und uneben der Weg dorthin.

Ja und nun sitzte ich immer noch im Krankenhaus. Drei Nächte bisher. Jeden Morgen roll ich mich runter zum Verbandswechsel, hoffend, dass der Zeh, den wir auspacken eine rosige Farbe hat und keine blaue. Und bis jetzt, toitoitoi, schaut alles gut aus.
Er zieht sich zwar nach oben, aber das will mir egal sein, solange die Farbe stimmt. Nur wenn die Schwestern zum Putzen an der Wunde anfangen, verlier ich die Fassung, denn dann schiesst ein unbeschreiblicher Schmerz das Bein hoch und gräbt sich in mein Inneres.
Aber für den Rest der Zeit spür ich gar nichts, dank Schmerzmittel und Co. Und ein Hoch auf die Erfindung des Antibiotikas natürlich!

2 Kommentare:

  1. Guten Tag ich bin eine stiller Leser deiner Geschichten, sei gewiss das hier im Norden einer dir die Daumen drückt das alles wieder gut wird. Gute Besserung ,deine Ochsen werden den ungewollten Urlaub verstehen. Mfg Rolf

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    1. Dankeschön! Ich freu mich über alle guten Gedanken die zu uns geschickt werden so sehr!

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