Unsere letzte Etappe führt uns über den Gotthard. Noch kurz habe ich auch mit den anderen Pässen geliebäugelt. Zeit hätte ich nämlich noch für eine andere Variante. Eine starke Woche sogar bin ich im Plus.
Beim Blick in den Wetterbericht werde ich ganz schnell eines Besseren belehrt: noch drei «einigermaßen» trockene Tage, dann einer mit starkem Regen und dann Schnee auf bis zu 1000m.
Schlechtes Wetter ist schon in Ordnung, aber ich meine nicht, meine Ochsen auf 2000m Wind, Regen und Schnee aussetzen zu müssen. Also bleibt mir eigentlich keine Wahl. Ich muss den Gotthard so zügig -wie es Ochsen eben erlauben- überqueren, um dann unten, auf etwas über 1000m, zu schauen, was der Herbst noch so vor hat.
Wenn wir über den Gotthard sind, dann ist es aber auch schon wieder irgendwie vorbei mit dem richtig unterwegs sein (für dieses Jahr).
Die Option in Andermatt zu warten, verwerfe ich. Wer weiß, ob es nach dieser Woche dann besser, oder der Pass vielleicht geschlossen sein wird? Nein, so risikofreudig bin ich nicht, nicht wenn ich nicht mehr einen großen zeitlichen Puffer habe.
Also nichts wie rüber. Und die letzten Tage einfach noch extra genießen.
Das machen mir Max und Milan nicht leicht. Am nächsten Tag laufen sie extra extra langsam. Dabei geht es vorerst nicht mal bergauf. Der Spruch eines Bauarbeiters: « die sind ja halb tot.», trägt nicht zu meiner Stimmung bei. An diesem Tag schaffen sie es tatsächlich nochmal, mich aus meinem Gleichmut zu katapultieren.
Ich mag es auch nicht, wenn sie sich von mir auch noch mitziehen lassen. Machen kann ich gegen dieses Tempo gar nichts. Ich muss mich anpassen und das fällt mir an diesem Tag nicht leicht. Mein Trick in der Not ist dann, dass ich so laufe, wie als Kind manchmal im Spiel. Ich setze den einen Fuß direkt vor den anderen. Dann bin ich nämlich gleich schnell wie meine zwei Schnecken und habe nicht das Gefühl sie zu ziehen. Und ihr könnt euch dadurch auch unser Tempo vorstellen.
Aber egal wie langsam man ist, ankommen tut man trotzdem irgendwie irgendwo. Und so sind auch die zwei Ochsen samt Kutsche irgendwann kurz unterhalb vom Pass. Gras gibt es noch reichlich für zwei Ochsen, der Blick ist auch schön, aber es gibt nicht viele Möglichkeiten weg zu kommen von der Straße (aber immerhin gibt es die alte Passstraße).
Egal, welchen Platz ich mir anschaue, es ist klar, dass hier über den Sommer viele Camper waren. Es liegt nicht am Müll, sondern an den menschlichen Hinterlassenschaften, sprich der Scheisse, die rum liegt. Schön abgedeckt mit Toilettenpapier, damit man es noch viele Jahre sieht, dass dort jemand aufs Klo gegangen ist. Davon war und bin ich so angeekelt, dass ich jetzt einen kleinen Exkurs machen muss:
Wie geht man draußen aufs Klo?
JedeR sollte seinen Kot vergraben, oder ihn ZUR NOT unter !reichlich! Steinen/Erde verbergen. Und zwar dort, wo man ziemlich sicher sein kann, dass niemand sich aufhalten, campieren, spielen oder arbeiten wird und auch kein Tier frisst. Bzw sogar ein weites Stück entfernt davon.
Ganz wichtig: nimmm dein benutztes Papier wieder mit!!
Ein Papiertaschentuch braucht 3-6 Monate, unter schlechten Bedingungen Jahre, bis es verrottet. Toilettenpapier braucht weniger. Dh aber auch, dass in diesem Zeitraum jeder andere Mensch weiß, der dort auch seine Zeit verbringen möchte, dass du dort scheißen warst (mal ganz abgesehen von dem Umweltaspekt). Deine persönlichen Hinterlassenschaften hingegen brauchen weniger. Ca. einen Monat.
Oder du benutzt für dich selber einen Hundekotbeutel, da kann das Papier mit rein und fertig. Und den mitnehmen und entsorgen. Man kann ihn ja dreifach einpacken.
Und damit fertig mit meinem Exkurs. Ich hätte nie gedacht, darüber mal auf meinem Blog zu schreiben. Aber ich war wirklich erschüttert.
Wo war ich stehen geblieben. Ja, wir sind kurz unterhalb der Passhöhe, es gibt reichlich Gras und schon bin ich an überlegen, ob ich den Aufenthalt nicht doch noch ausdehnen möchte. Es ist so toll, wenn keine Kühe und Zäune mehr in den Bergen sind. Und Max und Milan fressen können wo sie wollen und so lange sie wollen in unglaublich schöner Umgebung. Kaum denke ich das, dreht das Wetter. Es kommt ein eisiger zugiger Wind auf und es fängt an zu regnen. Und schon ist es total ungemütlich und unwirtlich (ich liebe meine Wärmflasche, mein Zelt, meine Wolljacke und die Hunde um mich herum und wünsche meinen Ochsen etwas vergleichbares).
Am nächsten Morgen sind wir so in den Wolken, dass ich nicht mal bis zu Max und Milan sehen kann. Da ist es auch zu gefährlich für uns auf der Straße. Glücklicherweise verziehen sich die Wolken, bis wie startklar sind.
Aber der letzte Abend hat mich geheilt davon, doch noch hier oben zu bleiben.
Also nehmen wir den letzten Kilometer
bis zum Pass (unser 8.! in dieser Saison)
und winden uns dann 1000 Höhenmeter auf der Tremola Strecke (alte Passstraße) Kurve für Kurve bis nach Airolo hinunter.
An dem Tag freue ich mich, dass die Ochsen langsam sind, sonst wäre die lange Abfahrt zu anstrengend für uns alle. Verkehr gibt es so gut wie keinen auf dieser Nebenstrecke bei nicht so gutem Wetter und schon bald denken Piz und Pepe schon wieder, dass die Straße nur ihnen gehört. Aber es ist auch für mich schön, dann kann ich mich mehr auf die Berge konzentrieren. Und den Abschied vom Reisesommer 2020.
Um die Zeit und das schlechte Wetter doch mich möglichst gut zu nutzen, ziehe ich schon am nächsten Tag in die Alphütte eines Freundes auf knapp 1700. Samt Ochs und Huhn und Hund. Aber ohne Kutsche.
Auch dort wird es schneien. Aber es gibt windgeschützte Plätze, Wald, noch genug Gras und zur Not einen Stall mit Heu, sollte es zu viel schneien. Und für mich gibt es eine Hütte mit Ofen.
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