Samstag, 29. August 2015
Gedanken II
Vor ungefähr 5-6 Jahren habe ich mal ein halbes Jahr bei der Firma P.... gearbeitet. Das ist eine Internetversandfirma, die nur Billigschrott Made in China verschickt. Mit Hochglanzfotos ihrer Produkte hochgehalten von dickbrüstigen Frauen mit tiefem Dekolte als Werbung. Hat man diese dann selbst in der Hand merkt man erst, was für Schrott das ist. Naja, auf jeden Fall habe ich da die Pakete gepackt. Paket um Paket um Paket. Paket aus dem Regal nehmen, wiegen, Rechnung und Katalog dazu, Füllmaterial rein, zukleben, Adressaufkleber drauf und rauf aufs Fliessband. Neues leeres Paket in den alten Platz zurück. 8 Stunden lang im Schichtdienst. Am Ende der Schicht wurde dann eine „Bestpacker"-Liste ausgedruckt, damit du dich schön messen konntest mit deinen Mitpackerinnen. Ich glaube ich war auch mal bei um die 700 Pakete in 8 Stunden. Und natürlich wurde man beim Rausgehen immer Stichprobenartig in einen Nebenraum gerufen und durchsucht, dass man ja nichts mitgenommen hat.
Die Stimmung in dem Betrieb war ziemlich schlecht gewesen. Und natürlich lief er hauptsächlich auf Leiharbeiterbasis. Und liefs mal nicht gut mit dem Geschäft, wurde einfach 1/3 der Belegschaft entlassen. Von heut auf morgen. Tut uns Leid.
Nach der Einarbeitungsphase, wenn man nicht mehr so drüber nachdenken musste, was man tat, war man allein mit seinen Gedanken. In einem unguten Betriebsklime. 8 h lang hatten die Gedanken also Zeit einen zuzulabern.
Ich stand erstmal nur drin in dem Betrieb und war - Pakete packend - glücklich darüber, dass ich nicht darauf angewiesen bin, dies mein Lebtag zu machen. So wie so viele andere Menschen weltweit jeden Tag. Nachdem es bei mir aber auch anfing mit den Gedanken, die sich im Kreise drehen, fing ich an ein Gedicht auswendig zu lernen. Strophe für Strophe. Jeden Tag. Und am Ende der Zeit hatte ich meine 53 Strophen zusammen. Es war „Der Seherin Gesicht“, der erste Teil der Edda, über die Entstehung, Untergang und Neuauferstehung dieser unseren Welt. Es geht glaub ich um die 20 Minuten.
Diese Strophen haben mich die Arbeitsstunden überstehen lassen, ohne meinen Kopf negativ zermartert zu haben, sondern bereichert.
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