Samstag, 23. Mai 2020
Es geht weiter!
Seid ersten Mai bin ich ja wieder in meiner Freiheit, der Sommer vor mir, ohne Arbeit im Stil von «Meine-Stunde-ist-soviel-Wert-im-Vergleich-zu-Deiner». Wegen Corona ist an Reisen aber noch nicht zu denken. Egal, denn ich habe uns eine super Wiese organisiert, wo wir erstmal bleiben dürfen. Nach unserem Umzug dorthin haben wir mit unserem «ernsthafteren» Packsatteltraining begonnen, von dem ihr schon ein paar Fotos gesehen habt.
Alle meine Ochsen, in ihrer Unterschiedlichkeit, sind sich in einer Eigenschaft aber gleich: sie hassen es, ein und die selbe Strecke öfter als ein, höchstens zweimal, zu laufen. Ihren Unmut über zu häufige Nutzung ein und der selben Strecke drücken sie durch Protestgeschwindigkeit aus. Dh gaaaaaanz langsames Laufen. Da Ochsen an sich ja schon langsam sind und oft genug (Temperatur, Müdigkeit) noch langsamer werden, haben sie mich mit diesem Verhalten in der Hand. Protestgeschwindigkeit macht mich wahnsinnig. Es spielt sich nämlich sogar auf dem Nachhauseweg ab. Also habe ich bei den ersten Anzeichen dieses Verhaltens angefangen meine Sachen nochmal zu sortieren und aufzubrechen. Mit der neuen Kutsche. Da selbst die Restaurants seid 11.Mai in der Schweiz wieder geöffnet sein dürfen, finde ich, dass auch ich alles Recht habe wieder unterwegs zu sein.
Ich habe jetzt Mitte Mai vier Möglichkeiten: Das Tessiner Tal runter, als erste Variante, kommt für mich eigentlich gar nicht in Frage, denn dann muss ich es auch wieder hoch. Nach Italien will ich nämlich erstmal nicht. Zweite Möglichkeit: über den Lukmanier raus und dann ins Engadin und nach Davos. Dritte Möglichkeit: warten bis der Gotthard Pass offen ist und dann in Kanton Uri und weiter oder vierte Möglichkeit: warten dass der Nufenenpass offen ist und dann ins Wallis.
Arme Jungs, egal für was ich mich entscheide, es steht für den Anfang auf jeden Fall ein Pass an!
Sowohl Gotthard als auch Nufenen öffnen immer so Ende Mai/ Anfang Juni, der Lukmanier ist - sofern die Witterung es zulässt- ganzjährlich befahrbar.
Da ich hoffe, dass die diesjährige verzögerte Losreise eine Ausnahme bleibt, hebe ich mir den Lukmanier, für nächstes Jahr auf. Gotthard und Nufenenpass sind von hier aus ganz Nahe, aber Ende Mai/Anfang Juni ist ja auch nicht mehr lange hin. Und schon ein Stück weiter talaufwärts sind für die Ochsen wieder alle Strecken neu, also muss ich eigentlich nur dort nochmal eine gute Wiese finden und fortfahren mit dem schönen in-die-Berge-Packsatteltraining bis die Pässe offen sind. Also auf.
Max und Milan staunen ganz schön unter der Last, die sie jetzt auf einmal hinter sich herziehen müssen. Aber ernst nehmen darf ich sie da nicht. Tags zuvor, als ich überschüssiges Zeug noch zu meinen anderen Dingen auf den Betrieb brachte, war die Kutsche nämlich so gut wie leer auf dem Rückweg und sie haben trotzdem Protestgeschwindigkeit gemacht und getan als hätten sie ein wahnsinniges Gewicht hinten dran. Schauspielern können die zwei nämlich auch.
Milan zieht wie erwartet sowieso erst, als wir aus unserem bekannten Radius rausgehen und er sich sicher ist, dass wir jetzt auf Reisen sind (das selbe Verhalten hat er letztes Jahr auch gezeigt :-). Max nimmts deshalb - so alleine arbeitend - gemütlich.
Die Strecke ist nicht anspruchsvoll, das habe ich aber auch bewusst gewählt. Schön gemütlich geht es stetig ganz ganz leicht bergauf. Zu warm ists eigentlich an diesem Tag, doch kommt uns ein stetiger kühler Wind genau entgegen und so ists wunderbar. Streckenweise ohne Verkehr geniesse ich das unterwegs sein wieder und tauche ein in die Langsamkeit und das Geschenk, die Umgebung dabei genau anschauen zu können. Auch ich kenne ja die Dörfer um Prato herum vom Auto oder Bus aus. Aber wieder erlebe ich deren Schönheit erst in aller Klarheit, wenn ich sie schön langsam durchlaufe. Die alten Stein oder Holzhäuser zwischen den unsympatischen Neuen, die Verzierungen an der Fassade, die Steindächer, Ruinen, Brunnen, alten Schopfe, schmiedeeisernen Zäune und Geländer.
Das viele Schauen und nochmal Schauen, da geht mir schon das Herz auf.
Eine Bekannte hat mir am Tag vorher flussaufwärts ein Stück ungenutztes Land am Fluss gezeigt, wo ich übernachten könnte. Und was mir noch am Abend vorher als unwahrscheinlich erscheint, ist mir nach diesem langen ersten Reisetag dann genau recht. Und den Ochsen erst, liegt sie doch bergab von der Strasse und nicht begauf. Eben ist hier selten.
Der erste Tag war ganz schön lange und wir sind alles rechtschaffen müde.
So begeistert bin ich deshalb am Anfang nicht, als ich Abends noch ein Auto vorfahren höre, schäle mich aber trotzdem nochmal aus meinen Decken. Es ist ein Bauer, der zwar fast gar kein Deutsch spricht, mir aber noch ein Bier vorbei bringt. Die Gelegenheit nutze ich nocheimal und erkläre mit Händen und Füssen meinen Wunsch eine Wiese für ein paar Tage zu finden. 5 Minuten später sitze ich schon in seinem Auto (in Schlafanzughose, aber die geht auch als Freizeithose durch) und er zeigt mir eine Wiese, die einige Jahre nicht mehr intensiv genutzt wurde, von ihm aber gerade wieder hergerichtet wird. Dort seien wir willkommen und dürften abweiden. Dh wieder ideales Futter für die Steppenrinder und viele Bäume zum kratzen. Und v.a. genug, dass wir wieder ein paar Touren in die Berge machen können, bis Max und Milan die Strecken wieder zu gut kennen.
Haben wir ein Glück!
Und schon am nächsten Tag gehts auf in die Ravina:
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