So fühlen sich die Wochen seid Anfang April an. Wie eine geschenkte Zeit.
In dieser Zeit muss ich aus meinem eingefahrenen Alltag, Trott und Muster raus und Dinge anders machen.
Umdenken fühlt sich auch stückweit immer an wie Frühjahrsputz im Kopf.
Und so kommen Dinge zum Zug, die ich schon ewig vor hatte, oder die unter den Tisch gefallen wären.
Zur Kategorie «wäre unter den Tisch gefallen» gehört der neue Antstrich für meine Kutsche, den ich nun im April schön neben der Arbeit her tun konnte. Und den gibt es jetzt dank Corona! Und so steht diese jetzt bereit: glänzend und fertig und wartet auf ihren Einsatz
Zur Kategorie «hatte ich schon ewig vor» gehört das Anpassen der Packsättel und das Training der Ochsen zu ihrem Gebrauch.
Keiner meiner Packsättel war komplett und auch nicht auf Ochsen abestimmt. So habe ich ziemlich viel meiner noch vorhandenen Lederreste umgenäht und genietet bis die nötigen Riemen entstanden. Bei einem Packsattel ist mir leider, als dieser fast fertig war, ein grundlegender Fehler aufgefallen, der sich nicht wirklich beheben liess.
Das System vom Bauchgurt habe ich vom Vorbesitzer ohne Nachzudenken übernommen. Jedoch drückt dieser auf die Wirbelsäule. |
Blöd, nach der vielen Arbeit, aber gut, dass es mir aufgefallen ist bevor ich Milan damit Schaden angetan hätte. Noch mehr Glück hatte ich, als ich bei ricardo (der schweizer Version von ebay) einen schweizer Militärpacksattel fand, der tatsächlich erschwinglich war. Und der passt Milan jetzt super. Max hat ja schon so einen, aber auf seinem breiten Sofarücken sitzt der längst nicht so gut wie auf Milans magerem Körper.
Erste Version fur Max |
Milan jetzt |
Nach dem Anpassen und dem ersten Versuch zu laufen wurde schnell klar, dass ich jetzt immer noch weit entfernt davon bin Touren mit ihnen zu gehen. Normalerweise führe ich beide Ochsen am Führstrick nebeneinander. Das habe ich auch mit den Sätteln getan, mit dem Erfolg, dass sich die Sättel und somit Max und Milan ineinander verhakten. Hätte Max nicht die fantastische Eigenschaft, dass, wenn er sich absolut fürchtet, einfach stocksteif stehen zu bleiben, hätte ich mir noch mehr Arbeit als nötig mit einem verängstigen Tier eingefangen.
Also musste ein neues Laufkonzept: «Hintereinander», eingeübt werden und dies erstmal versuchsweise im Auslauf. Auf den hinteren Ochsen habe ich dadurch natürlich weniger Einfluss. Ich hoffe es braucht einige Zeit, bis sie das auszunutzen beginnen.
Und jedes Training muss doppelt ablaufen: einmal Milan hinter Max und dann Max hinter Milan. Dass Max seinen vorrausgehenden Kollegen da wunderbar mit seinen Hörnern in den Hintern pieksen kann, hat er natürlich schnell heraus gefunden.
Aber auch so war ich überrascht, dass sie das Prinzip in der ersten kurzen Trainingseinheit verstanden hatten. Und wir so nach kurzer Zeit - aber noch ohne Hunde - unsere erste kleine Tour machen konnten. Die Bergauf und eben super klappte und bergab gar nicht, aber da will ich mich nicht beklagen.
Als nächster Schritt kamen die Hunde dazu. Einerseits sind die von Vorteil, weil wenn Max hinten keine Lust hat zu laufen und stehen bleibt, können sie antreiben, andererseits müssen die Hunde eigentlich perfekt funktionieren, weil ich keine andere Möglichkeit habe auf sie einzuwirken als mit der Stimme. Als uns der erste Hund entgegenkommt sehe ich das glücklicherweise rechtzeitig und kann in eine Wiese weit genug ausweichen, so dass die Hunde nicht zu stark in Versuchung geraten ihr «Platz» eigenständig aufzugeben.
Und jetzt beginne ich damit in die Berge zu laufen. Ganz einfache Tagestouren, keine kleinen Trampelpfade, wo mir einer abstürzen könnte. Sondern auf Fahrwegen zu Alpen (da kommen wir auch sohon ziemlich weit), oder auf Wegen, die ich als breit genug für Ochsen mit Gestellen auf dem Rücken kenne. Und jedesmal gibt es ja sowieso neue Situationen wo wir viel daraus lernen. Ob es jetzt sehr steinige Wegabschnitte sind, wo die Jungs ganz genau planen müssen wo ihre Füsse zu platzieren sind. Da lernen sie und ich aber auch. Ich lerne, wieviel ich ihnen zumuten kann. Und wie gefährlich es sein, wie schnell was passieren kann. So hat sich Max mit dem Gestell einmal in einen 5 m langen Lärchenast eingehängt, der dann abbrach und ihm auf den Rücken donnerte. Da er da gerade als zweiter lief, hatte ich keinerlei Einflussnahme auf das Geschehen. Das ist glücklicherweise glimpflich abgelaufen, obwohl er erstmal einen grossen Satz Richtung bergab machte. Denn das Gelände in dem wir waren war «relativ» ungefährlich. Und dann blieb er schon in Maxmanier stocksteif stehen bis ich ihn «erretette». Aber was wäre gewesen, wenn es da steil bergab gegangen wäre? So wird mir definitiv auch der Kopf gerade gerückt in Bezug auf die Planung weiterer Touren: Immer schön einfach halten. Wir sind absolute AnfängerInnen.
Aber wie unglaublich schön ist es mit den Tieren in den Bergen zu sein! Bis auf 1700m waren wir jetzt schon bis uns dann der Schnee abgehalten hat.
Dadurch wird mir eine völlig neue Welt eröffnet. «All» die Bereiche, an denen ich mit der Kutsche immer nur vorbei fahren konnte, sind jetzt potentiell auch bereisbar.
Ich geniesse es und nutze es aus. Denn sobald die Kühe in die Berge kommen, kann ich da nicht mehr hin. Ich traue es mir nicht zu mit den zwei Ochsen und zwei freilaufenden Hunden alleine die grossen Alpweiden zu überqueren, wenn diese bestossen sind.
Deshalb laufen wir jetzt jeden zweiten Tag irgendwo hinauf in Richtung einer Gebirgsformation, die ich bisher nur als Anblick vom Tal her kenne.
Also aktueller Stand der Dinge: Wir reisen noch nicht mit der Kutsche und sind trotzdem schon unterwegs.
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