Seid eineinhalb Wochen bin ich jetzt im Jura, besser gesagt in einem kleinen Teil vom Jura, weil ich mich kaum fort bewege. Es scheint mir wie ein anderes Land zu sein. Ein eigenes. Nicht Schweiz, nicht Frankreich. Eigen eben.
Nach den Alpenpässen erweist sich der Col de Maicheruz selbst auf den Nebenstraßen sanft und nett zu uns. Obwohl wir doch auch !800m! hoch laufen an einem Tag, fällt das gar nicht auf. Natürlich sind die Jungs müde, aber nicht platt.
Viele neue, bisher unbekannte Herausforderungen hat das Jura für uns in der Tasche. Mal abgesehen davon, dass ich Französisch sprechen muss (wie die drei Tage davor auch schon und sich mein Schulfranzösisch endlich mal als sinnvoll heraus stellt) und mal abgesehen davon, dass ich keinen Handyempfang habe, gibt es einen für Max und Milan interessanten neuen Aspekt: öffentliche Straßen gehen direkt durch Kuhweiden hindurch.
Das birgt mehrere Schwierigkeiten: 1. sind in den Boden quer über die Straße Gitter eingelassen, die Kühe (also auch wir) nicht passieren können und 2. geraten alle Weidenbewohnerinnen in helle Aufregung bei unseren Anblick („Kommt!! Was für eine tolle Abwechslung!!! Seht ihr diese zwei hübschen Kerle da vor der Kutsche gespannt? Lasst die uns mal genauer anschauen und beschnüffeln. Auf, schnell im Galopp, sonst sind sie noch weg! Aber Huch! Die Kutsche bellt ja, oje, da weiß ich jetzt gar nicht was ich davon halten soll! Lieber weg? Oder doch wieder hin? Egal! Hauptsache Spaß!!“)
Und 3. können Punkt 1. und Punkt 2. auch noch zusammen fallen.
Neben die in den Boden eingelassenen Gittern gibt es Tore, die mal mehr, mal weniger kompliziert zu öffnen sind um Vieh durch treiben zu können. Da passen wir meistens auch durch. Max und Milan verstehen schnell das System: anhalten warten bis das Tor geöffnet ist, durchfahren warten bis es wieder zu ist und weiter.
Aber was, wenn wir gerade von einer Herde verfolgt werden, oder uns eine schon freudig erwartet?
Spannende Momente sind das für mich. Adrenalingeladene Momente. Zum einen weiß ich am Anfang noch nicht, ob Max und Milan den Impuls verspüren samt Kutsche das schöne Galopp mit zu machen, und zum anderen darf ja keines der anderen Tiere mit uns durchs Tor witschen, oder gar vor Aufregung die ganze Herde… Auch habe ich bei dem ganzen Rumgehopse und Geschiebe und Galoppieren der Tiere Angst, dass sich eines wegen uns verletzen könnte.
Max und Milan erweisen sich aber als Profis, die etwas in Aufregung sind. Sie laufen temperamentvoll, bleiben aber Zugochsen. Das Bellen von Pepe aus der Kutsche heraus erweist sich als Segen und hält die Tiere am ersten Tag etwas auf Distanz. Leider bellt er am zweiten Tag nicht mehr und dadurch sind die Ochsen wieder viel interessanter für die Rinder. Auf einem langen Wiesenweg, auf dem die neue Kutsche ganz schön einer Belastungsprobe unterzogen wird was Stabilität und Kippverhalten betrifft, laufen uns ca 40 Stück Vieh nach. Glücklicherweise hilft eine Mountainbikerin beim Verlassen der Wiese. Aber auch alleine schaffen wir alle anderen Tore, manchmal sofort, manchmal nach etwas Einfallsvermögen meinerseits etwas später.
Ein großes Durcheinander gab es bis jetzt nur einmal, da war aber die Hirtin mit dabei, weil wir auf ihrer Wiese übernachten durften. Da sind 20 Tiere ausgebrochen auf zwei unterschiedliche Weiden auch noch. Allein wäre ich da nahezu machtlos gewesen. Aber zu zweit haben wir sie bald wieder unter Kontrolle gehabt. Und Max und Milan?
Nach den guten vorhergehenden Erfahrungen habe ich die zwei einfach unangebunden auf der Wiese samt Kutsche stehen lassen, während ich den Rindern hinterher bin. Und die zwei sind auch stehen geblieben! Trotz ihrer Freiheit und der Aufregung um sie herum. Dabei sind sie doch erst vier Jahre alt!!!!
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