Samstag, 28. Mai 2016

So sei es!


Es soll nicht sein.
In diesem Jahr spricht alles für ein «Mehroderwenigerbleiben». kein Zeichen des Lebens zeigt auf: weiter.

Angefangen hat alles schon am ersten Tag: Lothars und seine Schmerzen in den Beinen und den damit verbunden Verunsicherungen, Sorgen, Training, Gedanken....

Einher ging diese Zeit mit einer einfachen Blutuntersuchung Lothars, die eigentlich maximal 1 Woche dauern sollte, ohne die ich aber den Landkreis nicht verlassen durfte. Schlussendlich hatte ich die Ergebnisse nach viel Ärger und 1 1/2 Monaten Wartezeit.

Oder nehmen wir die Blauzungenkrankheit, die aus Frankreich kommt und deren Einflussbereich und den damit verbundenen Reisebeschränkungen nur noch ein Dorf eintfernt ist. Sie reist mit 20km pro Tag, ist behandelbar und man kann impfen, doch auch mit einem geimpften Tier dürfte ich nur innerhalb des betroffenen Areals reisen. Mein Amtstierarzt sagte zur Begrüssung: «Schnappen sie sich ihren Ochs und ziehn sie gen Osten!» Aber gegen etwas anlaufen, was genauso schnell reist wie wir?

Und dann die verflixte mir aufgedrückte Blauzungenimpfung der Kälbchen in Ungarn. Natürlich ist das ein anderer Typ von Blauzungenkrankeit und die Impfung wird gegen die aus Frankreich kommende unwirksam sein. 60 Tage müssen dafür meine Kälbchen noch in Ungarn bleiben und dort versorgt werden (von mir).

Und  die liebe Madleine! Madleine ist ein schönes junges Rind, welches aber weder von Menschen, noch von Elektrozäunen viel hält. Mit ihr und zwei anderen Rindern war Lothar solange ich in Ungarn war auf der Wiese. Bzw muss man sagen: zuerst waren nur die andern zwei Rinder und Lothar auf der Wiese, denn Madleine war natürlich beim austreiben ausgebüxt, wie letztes Jahr auch. Doch scheint sie Lothar sehr sehr gerne zu haben, denn nach 3 Tagen freies Leben stand sie im Zaun mit den anderen drin....unzertrennlich von Lothar. D.h. wenn ich Lothar aus der Wiese hole kommt sie mit. Über Zaun und jeden Menschen hinweg. Und so hat Madleine es geschafft, dass Lothar einen guten Platz hat, die vielen Wochen wo ich in Ungarn sein werden. Er soll jetzt weiter Madleine hüten, denn dem Bauern ist viel geholfen, wenn sein Rind endlich im Zaun bleibt und noch ein paar Wochen an Gewicht zulegen kann.

Viel habe ich die letzten Tage nachgedacht und auch Angst gehabt. Hab das Leben immer wieder gefragt: «Zeig mir den Weg!» .
Aber es tut es ja eh. Wenn ich dass anschaue, was - von Reisen abgesehen-  funktioniert, gefördert und getragen wird, dann sehe ich ganz deutlich, dass es mich nicht verlassen hat. Dass das Leben mich weiterhin an der Hand führt. Nur gerade in eine andere Richtung wie ich es gerne hätte. Da gilt es wie immer. loslassen, loslassen, alles loslassen. Und mich daran erfreuen, was ich stattdessen für einen Sommer haben werde.
Also, Leben, so sei es. Ich bin gespannt.

Samstag, 21. Mai 2016

Bürokratie


Ich stehe vor also vor der Aufgabe zwei Kälbchen von A nach B innerhalb der EU zu transportieren.
Was muss beachtet werden?
1. Darf ich sie selber gar nicht transportieren. Ausserhalb des 50km Radius um den Ursprungsort muss eine offizielle Firma den Transport übernehmen. Und in den offiziellen innereuropäischen Transportpapieren - online auszufüllen - lassen sich nur solche Nummernschilder eintragen, die von diesen Transportunternehmen registriert wurden.
2. Quarantäne: 30 Tage wegen BHV1, einem RinderHerpesVirus und die Blutuntersuchungen mit negativem Befund zu machen frühestens ab dem 21. Quarantänetag.
3. Ein TBC Intrakutantest nicht älter als 30 Tage vor Transport
4. Blutuntersuchungen mit negativem Befund auf: Brucellose, Leukose, BVD (bei BVD gibt es zwei Testmethoden: die, die die Antikörper im Blut nachweisen und die, die das «Antigen» der Virus DNS nachweisen...ob ich das richtig verstanden habe bezweifle ich. Auf Nachfrage wollen die deutschen Behörden natürlich das längere Verfahren)
5. Eine Bescheinigung, dass die Tiere aus einem BHV1 freien Betrieb stammen

So aufgelistet klingt das eigentlich machbar und kompakt. Leider wurden mir diese Informationen nicht gebündelt gesagt, sondern kamen- z.T. mit unterschiedlichen "Wahrheiten" aus Deutschland und Ungarn - tröpfchenweise. Es scheint mir manchmal, als liessen sich Veterinärämter immer neue Sachen einfallen. Hatte ich also mit dem Transportunternehmen einen Termin passend zu den bis dahin bekannten Vorschriften gemacht, kam eine Neue, die den Termin wieder um ein paar Tage nach hinten schob.

Und dabei müssen nur zwei gesunde Kälbchen nicht zum Schlachten quer durch Europa transportier werden, wie es das Schicksal von Tausenden von Tieren täglich ist, sondern um Zugochsen zu werden.

Und dann kam er: der Prügel zwischen die Beine
Dabei schien alles gekärt und in die Wege geleitet: die Kälbchen sind in Quarantäne, werden von einem Freund so lange getränkt, Blut ist abgenommen, Zirkuspapiere beantragt, Transporttermin steht fest: 27 Mai.
Nur noch eine letzte Anfrage beim deutschen Veterinäramt.
Fehler, Fehler, Fehler!
Auf einmal fällt den Behörden ein, dass ein gegen Blauzungenkrankheit Typ 4  nicht geimpftes Tier gar nicht importiert werden darf.
Für mich bedeutet das: Impfstoff finden, 1.x impfen, drei Wochen warten, dann 2.x impfen, dann warten bis Immunschutz da ist, dann zwei Wochen warten, dann Bluttest, eine Woche auf Ergebnis warten, dann Transport.
Das sind, wenn alles nach Plan läuft: 8 Wochen zusätzlich! 2 Monate!
Und so lange wollen die Kälbchen in Ungarn getränkt werden.


Sonntag, 15. Mai 2016

Ganz unverbindlich


Natürlich fahr ich NUR nach Ungarn um mir die Kälbchen gaanz unverbindlich anzuschauen. Schöner Selbstbetrug.
3 Tage leihe ich mir ein Auto aus. 1 Tag runterfahren (mind. 11h), ein Tag dort sein mit Tiere aussuchen, beim Amtstierarzt vorsprechen und Blutuntersuchungen organisieren und ein Tag zurückfahren.
Ein weiterer Selbstbetrug, dass das funktionieren kann.

Wegen den Blutuntersuchungen und der TBC Prüfung müssten die Kälbchen mindestens zweimal gefangen werden und da beginnt das erste Problem. Denn die ungarischen Grauviehrinder werden ziemlich wild gehalten auf grossen Flächen. Einmal kann man ein Kälbchen immer einfangen. Doch zweimal lässt sich eine intelligente Grauviehmutter nicht ihr Kälbchen schnappen.
Ich hab ja mittlerweile schon viel mit Kühen gearbeitet, aber das ungarische Grauvieh mit den grossen Hörnern ist nochmal eine andere Kategorie. Da trau ich mir nicht zu eine Herde in einen Pferch zu treiben, denn dafür fehlt mir das Wissen wie diese Kühe denken und die Angst wegen der Hörner kommt zu schnell heraus. Und damit hab ich verloren, denn das merken die Kühe sofort.

Deshalb wollte ich meine zukünftigen Kälchen relativ jung (mit zwei Monaten) zu mir nehmen um sie an die Flasche zu gewöhnen. Das schafft gleich eine andere Basis. Angedacht hatte ich aber, die Kälbchen bis zum Transport bei der Mutter zu belassen und dann in Deutschland mit dem Tränken anzufangen. Das braucht anfangs nämlich viel Energie und Geduld bis die sich umgewöhnen.
Dafür müsste man sie aber vorher mehrmals einfangen können wegen der Exportuntersuchungen und das stellt sich als unmöglich heraus.
Dafür scheinen mir die ungarischen Amtstierärzte keine Steine in den Weg zu legen. Das ist auch schon viel wert.
Aber nur 3 Tage bleiben, dass wird klar, ist eine Illusion.

Aber: erstaunlich erstaunlich, das Auto kann ich ohne Probleme weiter ausleihen und Lothar darf auch noch länger auf seiner Wiese bleiben.
Und: ein Freund von mir erklärt sich bereit die Kälchen zu tränken bis zum Transport, wenn wir sie gemeinsam noch umlernen, sprich um die 30 Tage, denn Quaratäneregelungen gibts natürlich auch.

In den Tagen, bevor wir die Kälbchen separieren können wird eingekauft: Milchpulver, eine Tonne um dies tiersicher aufzubewahren, Tränkeflaschen, Seile für Halfter, Anbindeseile, Kälberstricke, Karabiner.... es gilt Stroh zu organisieren, Halfter zu knüpfen, einen Pferch zu bauen, wo die Kälchen wohnen können.

Und dann hab ich auf einmal zwei Kälbchen im Auto über deren Namen ich mir Gedanken mache....komisch dieses Leben...darf ich vorstellen:
                                           ein zukünftiges Ochsengespann:
                                                        Max und Milan


Freitag, 6. Mai 2016

So vergehen die Tage. Morgens laufen, abends laufen und dazwischen meinen Freunden helfen ihr Haus auszubauen.
Und sich um Dinge kümmern die auch wichtig sind. So werden zum ersten Mal seid ich die Kutsche habe, die nicht wirklich funktionstüchtigen Bremsen überholt, damit Lothar entlastet wird. Mein Karren geht in einen KFZ Meisterbetrieb und darf sogar auf den Bremsenprüfstand.
Und die jährlichen Blutuntersuchungen machen, die der Tierarzt aber dieses Jahr mal zu mal verbockt, anders kann man es nicht nennen. Nach 4 Wochen in Deutschland habe ich sie immer noch nicht, obwohl es maximal eine Woche dauert. Aber was solls, ich kann ja eh grad nicht viel machen.
Ausser eben langsam loslassen von den Vorstellungen über den Sommer.

Dafür kommen neue Gedanken. ein zukünftiges Ochsengespann der Rasse ungarische Grauviehrinder. Ein Sache, die ich eigentlich erst auf in ein Paar Jahre angedacht hatte. Zuerst alles ganz in der Ferne angedacht. Doch von Tag zu Tag änden sich die Gedanken, v.a. jedesmal, wenn ich Lothar schlecht laufen sehe. Und sie ändern sich zu: also dann wohl dieses Jahr?
Und kaum fange ich an darüber zu sprechen, über die Möglichkeiten und Schwierigkeiten, fangen sich Bruchstücke an zu Bewegen und auf einmal wird aus einem Gedanken ein unverbindlicher Plan.
Aber so viele Sachen gibt es zu Bedenken: wie kann ich sie halten, da sie anfangs kein Elektrozaun kennen? Bekomme ich für sie wieder den europäischen Zirkus und Dressurtierausweis? Und wenn ja, wo? In Ungarn oder Deutschland? Wie kann ich sie aus Ungarn holen? Wen kann ich fragen den Transport zu machen, da ich ja selber keinen BE Führerschein hab? Müssen es wirklich ungarische Grauviehrinder sein: die schönste Rinderart auf Gottes Erdboden? Oder darfs nicht auch was Heimisches sein? .....

Während ich also Wand um Wand verputze, mit Lothar Runde um Runde um die Staude drehe, und auf Blutergebnisse warte, kommen und gehen diese Gedanken. Und fangen die Telefonate an und damit ein grober Plan: es stellt sich heraus, dass die Frau, die sich so toll um Lothar gekümmert hat über den Winter, sich total freuen würde, die Kälbchen erstmal bei sich aufzunehmen und sie auch zu tränken, damit ich weiter mit Lothar unterwegs sein kann. Und es stellt sich heraus, dass meine ungarische Tierärztin, ein kleines Stierkälbchen hat und noch eines zukaufen könnte. Und es stellt sich heraus, dass ich mir ein Auto ausleihen kann, ohne Probleme und es findet sich ein Platz wo Lothar sein könnte über die drei Tage um mir die Tiere anzuschauen und mich um die Papiere zu kümmern.

Aber will ich das wirklich? Will ich die Kälbchen?
Aufregend aufregend, doch mag ich ja eigentlich keine Aufregungen...

Wieso eigentlich ungarische Steppenrinder?

Ungarische Steppenrinder sind, seitdem ich sie das erste mal sah 2007, meine absoluten Lieblinge. Weisses bzw hellgraues Sommerfell, riesige Hörner und bei den Kühen und dadurch bei den Ochsen auch, eine feine, wie mit dem Kajall gezogene Augenumrandung.
Ein riesen Vorteil dieser Rasse ist ihre Geschichte: Früher wurden sie in Ostungarn gezüchtet und anschliessend  bis nach Nürnberg und Augsburg in Herden getrieben um dort geschlachtet zu werden. Dafür mussten sie eine leichtfüttrige Rasse sein mit wirklich guten Klauen. Natürlich gehören diese riesigen Herdenumtriebe schon lange der Vergangenheit an, aber ich hoffe doch, dass ein Teil davon noch in der Genetik der heutigen Tiere veranlagt ist. Und dies scheint so, denn es gibt einen jungen Ungarn, der seid 8 Jahren mit einem ungarischen Grauviehochsen in Ungarn reist und der weder beschlägt noch seinem Ochsen Schuhe anziehen muss. Natürlich ists da hauptsächlich flach, trotzdem eine wahnsinnige Leistung für das Klauenhorn.

Eigentlich hätte ich am liebsten nach den Yaks mit dieser Rasse weitergemacht. Nur zählen sie zu eher der wilderen Rinderrasse und nachdem mich ja schon mein Yakochse auf die Hörner genommen hat, dachte ich mir, dass ich davon doch lieber die Finger lassen sollte und so kam Lothar.

Meine Yakkuh hatte ich ja noch ein Jahr nach meinem Aufbruch in Ungarn stehen und nachdem ich sie nicht zu einem vernünftigen Preis verkaufen konnte wollte ich sie schlachten lassen und - entschuldigung- zu Nahrung und einem wunderschönen Teppich weiterverarbeiten lassen. Zwei Wochen vor Schlachttermin, damals verbrachte ich meinen ersten Winter in Davos, rief mich meine ungarische Tierärztin an und  sagte wie schade es doch wäre dieses wunderschöne Tier zu schlachten. Sie könne es zwar nicht zahlen, aber vielleicht hätte ich Interesse es einzutauschen? Sie hat viele Pferde, Kühe, ungarische Grauviehrinder, Schafe und Ziegen. Und Gott sei Dank hatte ich da einen hellen Moment: ich fragte sie ob es nicht möglich sei, dass sie jetzt die Yakkuh bekäme und ich dafür irgendwann in  Zukunft, dann wenn ich sie brauche, ein paar ungarische Grauviehrinderstierkälbchen.

Naja, vielleicht ists ja jetzt soweit.