Mittwoch, 27. Mai 2020

Neu im Team

Bevor ich jetzt irgendwas anderes erzähle, muss ich euch erstmal jemanden vorstellen. Denn ich reise seid diesem Jahr sogar in zweibeiniger Gesellschaft. Unsere Truppe hat sich um zwei Hühner erweitert.

Letzten Herbst, als ich angefangen habe zu arbeiten, hat mir mein Chef seine drei Hühner da gelassen mit den Worten, ich könne mit ihnen machen was ich will.
Ich mag zwar Eier, aber keine Hühner. Sie stinken. (Willst du mich quälen, lass mich einen Hühnerstall misten)
Deshalb habe ich auch zu ihm gesagt, ich würde sie dann eben schlachten. In den ersten zwei Wochen bin ich aber nicht dazu gekommen und dann haben sie angefangen jeden Tag ihre drei Eier zu legen und ich habe angefangen jeden Tag diese drei Eier zu essen. Und, in dem wie sie ihr freies Leben um und im Stall geführt haben, haben sie es wirklich geschafft sich in mein Herz rein zu gackern.
Da war ich selber von mir überrascht und noch mehr, als ich mir anfing Gedanken darüber zu machen, wie ich diese Hühner mit auf der Kutsche transportieren könnte. Irgendwann habe ich mich aber ganz bewusst dagegen entschieden, weil ich ja letztes Jahr durchaus öfter sehr stark an meine Grenzen des Multitaskings gekommen bin mit zwei Ochsen und zwei Hunden alleine.

Aber irgendwie ich hab den Absprung doch nicht ohne sie geschafft.
Und das Leben mit ihnen ist:
unkompliziert!
Sie haben sich wie selbstverständlich eingegliedert und machen einfach ruhig in unserem Rhytmus mit. Auf der Kutsche und Nachts sind sie in einer Hundebox untergebracht.
Erste Mittagspause on Tour
Aber am meisten Überrascht bin ich davon, wie heimelig es sich anfühlt, wenn da noch ein paar Hühner umher laufen und picken. Für alle Kinder, die zu Besuch kommen, sind sie die neuen Stars, picken mir mein Essen aus dem Topf und putzen sich auf meinem Bein sitzend.

Natürlich müssen sie jetzt auch auf unseren Bergtouren mit. Das war der Deal, den sie eingehen mussten für ihr freies Wanderleben. Denn so lange wie wir an so einem Tag unterwegs sind, will ich sie weder eingesperrt, noch frei herum laufen und sich fressen lassen ohne Hunde.
Da sind sie dann schon etwas arm. Für sie sind die Touren ein einziges Geschüttel auf dem Packsattel in einer Kiste!
Milan darf sie tragen. Er läuft ruhiger.

Aber auch das machen sie mit und freuen sich dann über junge Bergkräuter und frisches Bachwasser während der Pause.


Trotzdem: das gelegte Ei nach der ersten Bergtour war ganz schön verdellt.
Aber die darauf folgenden sind schon wieder ansehnlich.

Eines ist leider schon ziemlich bald verschwunden. Morgens um 7, obwohl beide Hund da waren. Nicht mal eine Feder hat es hinterlassen. Das war nicht so schön, weil ich nicht wusste, ob es nicht nur irgendwo ein Ei legen gegangen oder angegriffen und weggelaufen ist. Doch nach zwei Stunden warten war immer noch kein Huhn in Sicht. Dann sind wir aufgebrochen.

Ich hoffe, die anderen zwei teilen nicht auch bald ihr Schicksal. Aber egal wie alt sie werden, sie sind jetzt schon älter als all ihre anderen Kolleginnen aus dem Bio Legehennenbetrieb, aus dem sie aussortiert worden sind.

Samstag, 23. Mai 2020

Es geht weiter!


Seid ersten Mai bin ich ja wieder in meiner Freiheit, der Sommer vor mir, ohne Arbeit im Stil von «Meine-Stunde-ist-soviel-Wert-im-Vergleich-zu-Deiner». Wegen Corona ist an Reisen aber noch nicht zu denken. Egal, denn ich habe uns eine super Wiese organisiert, wo wir erstmal bleiben dürfen. Nach unserem Umzug dorthin haben wir mit unserem «ernsthafteren» Packsatteltraining begonnen, von dem ihr schon ein paar Fotos gesehen habt.

Alle meine Ochsen, in ihrer Unterschiedlichkeit, sind sich in einer Eigenschaft aber gleich: sie hassen es, ein und die selbe Strecke öfter als ein, höchstens zweimal, zu laufen. Ihren Unmut über zu häufige Nutzung ein und der selben Strecke drücken sie durch Protestgeschwindigkeit aus. Dh gaaaaaanz langsames Laufen. Da Ochsen an sich ja schon langsam sind und oft genug (Temperatur, Müdigkeit) noch langsamer werden, haben sie mich mit diesem Verhalten in der Hand. Protestgeschwindigkeit macht mich wahnsinnig. Es spielt sich nämlich sogar auf dem Nachhauseweg ab. Also habe ich bei den ersten Anzeichen dieses Verhaltens angefangen meine Sachen nochmal zu sortieren und aufzubrechen. Mit der neuen Kutsche. Da selbst die Restaurants seid 11.Mai in der Schweiz wieder geöffnet sein dürfen, finde ich, dass auch ich alles Recht habe wieder unterwegs zu sein.

Ich habe jetzt Mitte Mai vier Möglichkeiten: Das Tessiner Tal runter, als erste Variante, kommt für mich eigentlich gar nicht in Frage, denn dann muss ich es auch wieder hoch. Nach Italien will ich nämlich erstmal nicht. Zweite Möglichkeit: über den Lukmanier raus und dann ins Engadin und nach Davos. Dritte Möglichkeit: warten bis der Gotthard Pass offen ist und dann in Kanton Uri und weiter oder vierte Möglichkeit: warten dass der Nufenenpass offen ist und dann ins Wallis.
Arme Jungs, egal für was ich mich entscheide, es steht für den Anfang auf jeden Fall ein Pass an!
Sowohl Gotthard als auch Nufenen öffnen immer so Ende Mai/ Anfang Juni, der Lukmanier ist - sofern die Witterung es zulässt- ganzjährlich befahrbar.
Da ich hoffe, dass die diesjährige verzögerte Losreise eine Ausnahme bleibt, hebe ich mir den Lukmanier, für nächstes Jahr auf. Gotthard und Nufenenpass sind von hier aus ganz Nahe, aber Ende Mai/Anfang Juni ist ja auch nicht mehr lange hin. Und schon ein Stück weiter talaufwärts sind für die Ochsen wieder alle Strecken neu, also muss ich eigentlich nur dort nochmal eine gute Wiese finden und fortfahren mit dem schönen in-die-Berge-Packsatteltraining bis die Pässe offen sind. Also auf.

Max und Milan staunen ganz schön unter der Last, die sie jetzt auf einmal hinter sich herziehen müssen. Aber ernst nehmen darf ich sie da nicht. Tags zuvor, als ich überschüssiges Zeug noch zu meinen anderen Dingen auf den Betrieb brachte, war die Kutsche nämlich so gut wie leer auf dem Rückweg und sie haben trotzdem Protestgeschwindigkeit gemacht und getan als hätten sie ein wahnsinniges Gewicht hinten dran. Schauspielern können die zwei nämlich auch.
Milan zieht wie erwartet sowieso erst, als wir aus unserem bekannten Radius rausgehen und er sich sicher ist, dass wir jetzt auf Reisen sind (das selbe Verhalten hat er letztes Jahr auch gezeigt :-). Max nimmts deshalb - so alleine arbeitend - gemütlich.
Die Strecke ist nicht anspruchsvoll, das habe ich aber auch bewusst gewählt. Schön gemütlich geht es stetig ganz ganz leicht bergauf. Zu warm ists eigentlich an diesem Tag, doch kommt uns ein stetiger kühler Wind genau entgegen und so ists wunderbar. Streckenweise ohne Verkehr geniesse ich das unterwegs sein wieder und tauche ein in die Langsamkeit und das Geschenk, die Umgebung dabei genau anschauen zu können. Auch ich kenne ja die Dörfer um Prato herum vom Auto oder Bus aus. Aber wieder erlebe ich deren Schönheit erst in aller Klarheit, wenn ich sie schön langsam durchlaufe. Die alten Stein oder Holzhäuser zwischen den unsympatischen Neuen, die Verzierungen an der Fassade, die Steindächer, Ruinen, Brunnen, alten Schopfe, schmiedeeisernen Zäune und Geländer.
Das viele Schauen und nochmal Schauen, da geht mir schon das Herz auf.

Eine Bekannte hat mir am Tag vorher flussaufwärts ein Stück ungenutztes Land am Fluss gezeigt, wo ich übernachten könnte. Und was mir noch am Abend vorher als unwahrscheinlich erscheint, ist mir nach diesem langen ersten Reisetag dann genau recht. Und den Ochsen erst, liegt sie doch bergab von der Strasse und nicht begauf. Eben ist hier selten.
Der erste Tag war ganz schön lange und wir sind alles rechtschaffen müde.
So begeistert bin ich deshalb am Anfang nicht, als ich Abends noch ein Auto vorfahren höre, schäle mich aber trotzdem nochmal aus meinen Decken. Es ist ein Bauer, der zwar fast gar kein Deutsch spricht, mir aber noch ein Bier vorbei bringt. Die Gelegenheit nutze ich nocheimal und erkläre mit Händen und Füssen meinen Wunsch eine Wiese für ein paar Tage zu finden. 5 Minuten später sitze ich schon in seinem Auto (in Schlafanzughose, aber die geht auch als Freizeithose durch) und er zeigt mir eine  Wiese, die einige Jahre nicht mehr intensiv genutzt wurde, von ihm aber gerade wieder hergerichtet wird. Dort seien wir willkommen und dürften abweiden. Dh wieder ideales Futter für die Steppenrinder und viele Bäume zum kratzen. Und v.a. genug, dass wir wieder ein paar Touren in die Berge machen können, bis Max und Milan die Strecken wieder zu gut kennen.
Haben wir ein Glück!

Und schon am nächsten Tag gehts auf in die Ravina:







Mittwoch, 13. Mai 2020

Fremd gehen


Meine «schöne» rot-gelbe, metallene, alte, verlässliche Schrottkutsche. Für 10000 Forint habe ich sie damals gekauft, das dürften so 35 Euro gewesen sein. Mehr war auch nicht mehr drin, da der Kauf von Lothar all mein Geld aufgefressen hatte. Doch eine Übungskutsche musste damals her, damit Lothar und ich uns aneinander gewöhnen konnten. Dieses besagte Gefährt hatte jemand ziemlich dilettantisch selber gebaut, doch wegen ihrer Mängel war sie nie wirklich zum Einsatz gekommen.
Ich habe sie damals zerlegt, verstärkt wieder zusammengeschweisst und bunt angemalt, und auf einmal hiess es: oh was hast du für eine schöne Kutsche.

Ihr Grundproblem konnte ich damals nur Verbessern, nicht beheben: einen verbogenen Drehkranz. Da ich eh nie vorhatte, sie mehr als für den Einsatz auf dem Hof zu gebrauchen, war mir das egal. Auch an der leicht verbogenen Vorderachse, die dazu führte, dass die Räder sich immer schief abfuhren, lies ich mich nicht stören.
Schlussendlich bin ich dann doch mit ihr losgezogen, habe es aber nie bereut. Der verbogene Drehkranz war zu Lothars Zeiten auch kein so grosses Thema, weil die Einspännerdeichsel vom Tier selber getragen wird und so kein zusätzliches Gewicht und Vibration überträgt.
Jetzt mit Max und Milan und der Zweispännerdeichsel war das eine andere Nummer. Diese schwebt nämlich frei und wird von der Kutsche getragen. Jedes Gewippe und ihr Eigengewicht geht direkt auf den Drehkranz. Eigentlich wollte ich das schon vor meiner Losreise letztes Jahr behoben haben, aber wieder wurde nichts draus. Ein Drehkranz dieser Grösse konnte ich nicht finden und eine neue Vorderachse war auch nicht in Sicht.
Also bin ich doch einfach hoffnungsvoll trotzdem losgezogen, habe aber nie gedacht, dass wir ohne einen Bruch in dem Bereich des Drehkranzes ans Ziel kommen würden.
Bis auf einmal nachschweissen hat das erstaunlicherweise aber geklappt!
Trotzdem war klar: da muss was anderes her. Und: es ist wohl einfacher gleich eine andere Kutsche zu finden als passenden Drehkranz plus passende Vorderachse.

Und somit verabschiede ich mich in diesem Jahr von meiner alten Kutsche, die mein Hab und Gut so viele tausend Kilometer auf ihrem Rücken getragen hat ohne sich zu beklagen. Hatte sie mal ein Problem, war es immer mit einem Schweissgerät und etwas Altmetall zu beheben. Auch als es die gebrochene Vorderachse war.
Dass ich sie jetzt abstelle und mir eine neue kaufe fühlt sich auch wie ein Verrat an, nach diesen Jahren der Verlässlichkeit.
Aber ich habs getan. Jetzt steht sie erstmal für diesen Sommer in einem Schuppen, bis sich die neue bewährt hat oder auch nicht.
Und ich fühle mich als würde ich fremd gehen.

Die Suche nach einem neuen gebrauchten Gefährt hätte mich fast bis nach Norddeutschland geführt. Komischerweise gibt es fast nur dort Kutschen, die für mich passen würden. Die meisten Kutschen die zum Verkauf stehen sind Marathonwägen, die gar keine Ladefläche haben. Ackerwagen, wie ich einen bräuchte, in der «Ponygrösse» (ich will ja berggängig bleiben) waren im süddeutschen Raum oder in der Schweiz gar nicht zu finden. Oder zu reparaturbedürftig. Reparieren tu ich schon auch gerne, aber ohne Werkstatt und Maschinen schwer machbar.
Oder sie haben die falschen Bremsen dran, oder nur eine Vorderradbremse. Für mich als mitlaufende Person ist eine Hinterradtrommelbremse essenziell. Eine hydraulische Scheibenradbremse würde bei vielem Bergabfahren irgendwann den Dienst aufgeben, eine Bremse die von aussen auf das Rad einwirkt, wie bei den ganz alten Kutschen, ist ganz ungeeignet.
Die Lage, die Ladefläche, die Grösse, Zweispännerdeichselvorrichtung, das Bremssystem, alles Eigenschaften die über Monate (wenn nicht gar Jahre, ich habe immer wieder die Augen offen gehalten) in keiner Anzeige erfüllt worden sind. Die einzige, die ich mal näher ins Auge fasste, war dann auch schon verkauft.
Im September sehe ich auf einmal eine Anzeige aus dem Kanton Bern. Ein kleiner «Planwagen», die selbe Grösse wie meine jetzige Kutsche, von einem professionellen Hersteller mit einer Einspänner- und Zweispännerdeichsel UND Trommelbremse hinten UND vorne ausgerüstet. Ich war so erstaunt und glücklich, dass ich gar nicht auf den Preis geachtet habe als ich meine Fragen stellte. Einzig eine Achsschenkellung hat sie nicht (die hat gar keinen Drehkranz mehr, wie im Auto, und vermindert die Kippgefahr um ein vielfaches), aber das ist auch schon alles!


Bei 3000Franken musst ich dann aber schon schlucken, war das doch das Doppelte von meinem maximalen Budget. Also nicht machbar.

Aber ich habe dann einfach eine Email geschrieben, erzählt, dass mein Budget bei 1500 Franken liegt, dass die Kutsche dafür aber die Welt sehen wird...und ich habe die Zusage bekommen!
Und ein Bekannter hat sie mir an seinem freien Tag sogar gebracht!
Das Foto zeigt sie in der Anzeige:

Natürlich musste ich die auch noch Ochsen und Evatauglich machen. Das Verdeck, war mir klar, kommt weg. Es schaut zwar nett aus, ist für mich aber unpraktisch. Die Bordwände mussten höher werden, um meinen ganzen Krimskrams nicht rausfallen zu lassen, wenn es mal uneben wird.
Die Deichsel für Ochsen verlängert werden. Die Bremsen von vorne zu bedbar sein mit Kurbelbremsen. Die lassen sich stufenlos, also feiner, einstellen. Uralte, noch gusseiserne Kurbeln habe ich mir in Ungarn von zwei nicht mehr einsatzfähigen Leiterwägen abgebaut und jetzt im Winter in die neue Kutsche eingebaut.
Und dank Corona sind die Bordwände jetzt sogar blau und die Kurbelbremsen grün.
So schaut sie jetzt aus.




Ich bin gespannt, wie sie sich über den Sommer macht. Sie ist so leicht gebaut, dass ich sie, wäre sie nicht von einer guten Kutschenbaufirma, gar nicht gekauft hätte. Aus Angst, meine Ochsen würde sie bei erst bester Gelegenheit kaputt rantern. Aber so gebe ich ihr jetzt eine Chance und bin gespannt!

Max und Milan schätzen an ihr sicher ihr Gewicht, die verlängerte Deichsel, die ihnen mehr Kopffreiheit gibt und die schönen Dreiecksrückstrahler, die sich mit den Hörnern so schön knackend kaputt machen lassen, wenn man an der Kutsche angebunden ist.

Die Kutsche ist auf jeden Fall schon jetzt ein Gesamtkunswerk von vielen Menschen, die mir geholfen habe dass sie jetzt so vor mir steht wie sie es tut: den Vorbesitzern, dem Tranporteur, meiner Mutter, die ihre Zeit im Baumarkt  verbracht hat um Holz und Metallteile zu besorgen, der Schlosserei hier im Ort für die Verlängerung der Deichsel und Umbau der Kurbelbremsen. Und mir.
Diene redlich und gut.


Donnerstag, 7. Mai 2020

Geschenkte Zeit


So fühlen sich die Wochen seid Anfang April an. Wie eine geschenkte Zeit.
In dieser Zeit muss ich aus meinem eingefahrenen Alltag, Trott und Muster raus und Dinge anders machen.
Umdenken fühlt sich auch stückweit immer an wie Frühjahrsputz im Kopf.
Und so kommen Dinge zum Zug, die ich schon ewig vor hatte, oder die unter den Tisch gefallen wären.
Zur Kategorie «wäre unter den Tisch gefallen» gehört der neue Antstrich für meine Kutsche, den ich nun im April schön neben der Arbeit her tun konnte. Und den gibt es jetzt dank Corona! Und so steht diese jetzt bereit: glänzend und fertig und wartet auf ihren Einsatz

Zur Kategorie «hatte ich schon ewig vor» gehört das Anpassen der Packsättel und das Training der Ochsen zu ihrem Gebrauch.
Keiner meiner Packsättel war komplett und auch nicht auf Ochsen abestimmt. So habe ich ziemlich viel meiner noch vorhandenen Lederreste umgenäht und genietet bis die nötigen Riemen entstanden. Bei einem Packsattel ist mir leider, als dieser fast fertig war, ein grundlegender Fehler aufgefallen, der sich nicht wirklich beheben liess.
Das System vom Bauchgurt habe ich vom Vorbesitzer ohne Nachzudenken übernommen. Jedoch drückt dieser auf die Wirbelsäule.

Blöd, nach der vielen Arbeit, aber gut, dass es mir aufgefallen ist bevor ich Milan damit Schaden angetan hätte. Noch mehr Glück hatte ich, als ich bei ricardo (der schweizer Version von ebay) einen schweizer Militärpacksattel fand, der tatsächlich erschwinglich war. Und der passt Milan jetzt super. Max hat ja schon so einen, aber auf seinem breiten Sofarücken sitzt der längst nicht so gut wie auf Milans magerem Körper.
Erste Version fur Max
Milan jetzt

Nach dem Anpassen und dem ersten Versuch zu laufen wurde schnell klar, dass ich jetzt immer noch weit entfernt davon bin Touren mit ihnen zu gehen. Normalerweise führe ich beide Ochsen am Führstrick nebeneinander. Das habe ich auch mit den Sätteln getan, mit dem Erfolg, dass sich die Sättel und somit Max und Milan ineinander verhakten. Hätte Max nicht die fantastische Eigenschaft, dass, wenn er sich absolut fürchtet, einfach stocksteif stehen zu bleiben, hätte ich mir noch mehr Arbeit als nötig mit einem verängstigen Tier eingefangen.

Also musste ein neues Laufkonzept: «Hintereinander», eingeübt werden und dies erstmal versuchsweise  im Auslauf. Auf den hinteren Ochsen habe ich dadurch natürlich weniger Einfluss. Ich hoffe es braucht einige Zeit, bis sie das auszunutzen beginnen.
Und jedes Training muss doppelt ablaufen: einmal Milan hinter Max und dann Max hinter Milan. Dass Max seinen vorrausgehenden Kollegen da wunderbar mit seinen Hörnern in den Hintern pieksen kann, hat er natürlich schnell heraus gefunden.
Aber auch so war ich überrascht, dass sie das Prinzip in der ersten kurzen Trainingseinheit verstanden hatten. Und wir so nach kurzer Zeit - aber noch ohne Hunde -  unsere erste kleine Tour machen konnten. Die Bergauf und eben super klappte und bergab gar nicht, aber da will ich mich nicht beklagen.
Als nächster Schritt kamen die Hunde dazu. Einerseits sind die von Vorteil, weil wenn Max hinten keine Lust hat zu laufen und stehen bleibt, können sie antreiben, andererseits müssen die Hunde eigentlich perfekt funktionieren, weil ich keine andere Möglichkeit habe auf sie einzuwirken als mit der Stimme. Als uns der erste Hund entgegenkommt sehe ich das glücklicherweise rechtzeitig und kann in eine Wiese weit genug ausweichen, so dass die Hunde nicht zu stark in Versuchung geraten ihr «Platz» eigenständig aufzugeben.


Und jetzt beginne ich damit in die Berge zu laufen. Ganz einfache Tagestouren, keine kleinen Trampelpfade, wo mir einer abstürzen könnte. Sondern auf Fahrwegen zu Alpen (da kommen wir auch sohon ziemlich weit), oder auf Wegen, die ich als breit genug für Ochsen mit Gestellen auf dem Rücken kenne. Und jedesmal gibt es ja sowieso neue Situationen wo wir viel daraus lernen. Ob es jetzt sehr steinige Wegabschnitte sind, wo die Jungs ganz genau planen müssen wo ihre Füsse zu platzieren sind. Da lernen sie und ich aber auch. Ich lerne, wieviel ich ihnen zumuten kann. Und wie gefährlich es sein, wie schnell was passieren kann. So hat sich Max mit dem Gestell einmal in einen 5 m langen Lärchenast eingehängt, der dann abbrach und ihm auf den Rücken donnerte. Da er da gerade als zweiter lief, hatte  ich keinerlei Einflussnahme auf das Geschehen. Das ist glücklicherweise glimpflich abgelaufen, obwohl er erstmal einen grossen Satz Richtung bergab machte. Denn das Gelände in dem wir waren war «relativ» ungefährlich. Und dann blieb er schon in Maxmanier stocksteif stehen bis ich ihn «erretette». Aber was wäre gewesen, wenn es da steil bergab gegangen wäre? So wird mir definitiv auch der Kopf gerade gerückt in Bezug auf die Planung weiterer Touren: Immer schön einfach halten. Wir sind absolute AnfängerInnen.



Aber wie unglaublich schön ist es mit den Tieren in den Bergen zu sein! Bis auf 1700m waren wir jetzt schon bis uns dann der Schnee abgehalten hat.


Dadurch wird mir eine völlig neue Welt eröffnet. «All» die Bereiche, an denen ich mit der Kutsche immer nur vorbei fahren konnte, sind jetzt potentiell auch bereisbar.
Ich geniesse es und nutze es aus. Denn sobald die Kühe in die Berge kommen, kann ich da nicht mehr hin. Ich traue es mir nicht zu mit den zwei Ochsen und zwei freilaufenden Hunden alleine die grossen Alpweiden zu überqueren, wenn diese bestossen sind.
Deshalb laufen wir jetzt jeden zweiten Tag irgendwo hinauf in Richtung einer Gebirgsformation, die ich bisher nur als  Anblick vom Tal her kenne.


Also aktueller Stand der Dinge: Wir reisen noch nicht mit der Kutsche und sind trotzdem schon unterwegs.