Freitag, 17. Mai 2024

Regenwoche

Während Tomte, Max und Milan ihre wohlverdienten Tage ohne Arbeit haben, geniesse ich auch meine letzten «freien» Tage hier auf der Wiese.

Es gibt aber auch noch genug zu tun. Klauenpflege bei allen, wobei ich Tomte aber nur die Vorderbeine mache. Er hat bisher noch nie eine Pediküre bekommen und da werde ich nicht gleich mit der Flex an die Hinterbeine (hab ja keinen Klauenstand, sondern nehme die Füsse in die eine Hand und bearbeite sie mit der Flex in der anderen). Nachdem ich vor seiner Nase Max und Milans Klauen gekürzt habe, lässt der gutmütige Tomte tatsächlich seine vorderen Klauen auch bearbeiten. Nur beim ersten einschalten zuckt er einmal zusammen. Respekt.

Ein anderes Programm ist dem Bauern, der mich hier seine Wiesen abfressen lässt Schafsnetze im steilen Gelände zu bauen. Ich freue mich, dass ich was zurück geben kann.

Und dann gibt’s noch so viel Kleinkram zu erledigen, der nach wenig klingt und viel Zeit in Anspruch nimmt.

Daneben hab ich jetzt aber auch ein bisschen Urlaub, bevor es dann losgeht und geniesse es nochmal auszuschlafen und Mittagsschlaf zu machen und den vielen Regen noch stationär auszuwarten im Zelt.

Ich denke, Anfang nächster Woche sind wir soweit. Noch ein paar mal alleine anspannen, vielleicht schafft es der Physio auch noch zu uns, wenn es dann mal trocken ist. Er braucht trockene Tiere und Stall hab ich ja nicht. Dann gibt es seinen Losreise-checkup für die Ochsen!

Wir gehen wohl erstmal das Tessin wieder runter, unsere wohlbekannte Strecke, solange die Pässe noch zu sind. Diesen Frühling gibt es mal wieder richtig viel Schnee in den Bergen und auf den Pässen. Der muss erstmal grösstenteils weichen für drei so schöne Ochsen.

Den nächsten Beitrag gibt’s dann schon auf Tour. Ausser es kommt nochmal was dazwischen. Wiese hätten wir noch genug hier, aber Reiselust auch. Es wird Zeit!


Sonntag, 12. Mai 2024

Tomte im Training

Knapp zwei Wochen brauche ich, damit ich Tomtes Hinterbeine nach vorne und nach hinten nehmen kann und er die Schuhe sich anziehen lässt. Alles ganz langsam, damit er nicht lernt, dass er treten könnte.


 Damit weiss ich welche Schuhe ihm passen und kann Franz von hufpfleger-schweiz.ch jeweils einen Schuh zuschicken, damit er sie genau so nachmachen kann. Da Max dieses Jahr vorne eine Nummer grösser bekommt, also Milans Grösse, schicke ich auch einen von Milans Schuhen weg. Das hat den Nachteil, dass ich mit Milan und Max erstmal nichts machen kann, was sich auf Schotter oder Asphalt abspielt. Sie fallen also als Lehrmeister aus.

Doch da Tomte ja so menschenbezogen ist, kann ich ja auch mit ihm alleine anfangen zu arbeiten. Das viele Füsse geben und die anderen kleinen Übungen der letzten Tage haben ja auch zwischen uns schon ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Also baue ich ihm ein Ortscheid und lasse ihn zum ersten Mal ein paar Holzstücke hinter sich herziehen. Macht er gut fürs erste mal. Er ist schon nervös. Va das Geräusch hinter ihm beunruhigt ihn. Aber wie schliessen dass erste Zugtraining sehr positiv ab.



Am nächsten Tag hole ich einen alten Reifen, der mir geeigneter erscheint. Zum einen läuft er ruhiger und gleichmässiger hinter dem Tier und nutzt sich nicht so schnell ab.

Schon beim Abladen des Reifens neben ihm fängt er an aus Nase und Mund zu schleimen. Ein Zeichen für Nervosität. Und diesem kleinen Details schenke ich zuwenig Aufmerksamkeit. Ich Idiotin spanne ihn sogar noch davor. Die ersten Schritte gehen gut, es ist ein bisschen schwerer als das Holz, läuft aber stetig und sauber mit. Doch dann erschreckt Tomte sich so, dass er mit allen vieren in der Luft ist. Und dann kommt eines zum anderen. Die Seile berühren sein Bein (was ihn eigentlich nicht stört), das Geschirr klappert beim Sprung und dieser böse Reifen ist immer noch da. Und so befreit er sich wild von allem und rennt weg. Darauf war ich nicht vorbereitet.

Nach einigen Metern steht er sich selber auf den Führstrick und bleibt stehen. Ich führe ihn zurück, aber er will nicht mal in die Nähe gehen von dem «Teufelsreifen». Er ist total durch. Sein Vertrauen mir gegenüber ist erstmal aufgebraucht. Ganz langsam schaffe ich es, ihm wieder die Zugstränge einzuhängen und ihn ein paar Meter ziehen zu lassen. Dann höre ich sofort auf. Gehe mit ihm zurück zu seinem Baum und binde ihn an. Er ist total gestresst, will nicht mal ein Brot essen.

So ein Scheiss. Eine Unaufmerksamkeit und alles, was wir uns bis hierhin erarbeitet haben ist weg.

Eigentlich hatte ich für Nachmittag ein anderes Programm. Ich sage alles ab, jetzt muss ich Vorort sein. Ihn striegeln, einfache Dinge machen lassen in denen er sich sicher fühlt. Beine geben zB. Und immer wieder nach einiger Zeit fressen wieder ans Halfter nehmen. Und wieder striegeln. In Kontakt bleiben einfach. Am Abend lasse ich ihn wieder kurz ziehen, aber nicht den bösen Reifen, sondern wieder sein Holz. Er ist nervöser als noch am Vortag. Aber er macht mit und mehr als nur geradeaus gehen wir nicht. Keine Bögen, nur nichts, was ihn wieder in Unruhe versetzen könnte. Auf Nummer sicher gehen.

Am nächsten Tag kommt Lucia. Es ist Wochenende. Das ist gut. Sie ist die Person, die für ihn wichtig ist, die ihm Sicherheit gibt. Und zu zweit lassen wir ihn ziehen. Das ziehen ist gar nicht dass Problem eigentlich. Auch nicht die Seile, die seine Hinterbeine berühren. Für ihn ist das aufregendste jetzt der Moment, wo die Zugstränge eingehängt werden. Da ist es gut, wenn wir zu zweit sind. Und so laufen wir das Wochenende mit dem Holz angehängt immer weitere Strecken und auch wieder Bögen. Aber wie oft denke ich mir: «Hättest du nur besser aufgepasst!» . Ein solcher Vertrauensverlust braucht Zeit. Wir müssen uns ganz neu greifen. Aber auch dank Lucia ist er wieder ruhig geworden. Und aus jedem Scheiss kommt was Gutes. Jetzt denkt er mehr nach und begreift und lernt mehr mit den Kopf, was er vorher einfach so gemacht hat, weil er gerne bei Menschen ist. Ich weiss nicht, ob ich mich da verständlich ausdrücken kann.



An Montag kommt - schon lange geplant - meine Schwester um mir beim Training zu helfen. Ich hatte eigentlich geplant in dieser Woche Tomte an die Kutsche anzuspannen, doch davon sind wir jetzt weiter entfernt als zuvor. 3-4 Wochen denke ich mir noch. Auch kann ich ihn nicht von meinen alten Ochsen lernen lassen, weil die ja gerade keine Schuhe haben. Also muss ein anderes Programm her. Und Laura muss ja auch erstmal Tomte kennen lernen und er sie. Aber es gibt ja noch genug anderes, was Tomte lernen muss. Er kennt ja auch noch keinen Verkehr und keine Ortschaft. Also laufen wir mit ihm nach Madrano. Ein Dorf, wo es nicht viel Verkehr gibt, dafür enge Strassen durch aneinandergebaute Häuser. Für Tomte bedeutet das ganz andere Gerüche, keine Natur, andere Geräuschverhältnisse zwischen den Häusern. Keine freie Sicht usw. Aber er macht es gut. Die ersten Autos von hinten und vorne sind schon etwas aufregend und er wird schnell. Mehr aber nicht.




Am nächsten Tag machen wir eine längere Tour, gehen bis nach Airolo rein. Auf wenig befahrenen Strassen laufen wir bis zum Bahnhof. Tomte macht es super!! Er lernt im Schnellprogramm. Auf dem Rückweg kommt von hinten schnell und nah ein Lastwagen, das lässt ihn kurz sehr schnell werden, doch sofort wird er wieder langsam. Die Strecken, die einfach sind, lasse ich meine Schwester Tomte führen, damit sie sich aneinander gewöhnen. Und natürlich findet Tomte auch sie sofort toll. Und schleckt sie immer wieder.



Gerade nach der Erfahrung mit dem Reifen bin ich in jedem Moment, jeder Situation total am abwägen: « Kann ich das noch von ihm verlangen? Ist es zuviel?». Noch so einen Patzer darf ich mir nicht erlauben.

Aber Tomte geht aus jeder neuen Erfahrung gestärkt heraus. Und nach einer langen Fresspause darf er dann immer noch etwas sein Holz ziehen. Mittlerweile problemlos.

Für den nächsten Tag gehen wir mit Holz hinten dran zu einem anderen Dorf. Diesmal 4 km den Berg hoch mit wenig Verkehr. Alles läuft gut. Acht Kilometer läuft er also an diesem Tag. Soviel ist er wahrscheinlich in seinem Leben noch nicht am Stück gelaufen. Danach ist er so müde, dass er sich sofort hinlegt.




Er zieht mittlerweile so ruhig das Holz und läuft so gut im Verkehr, dass es eigentlich Zeit wäre ihn hinten an der Kutsche angebunden laufen zu lassen. Aber immer noch fehlen die Schuhe. Also was können wir noch trainieren, wozu ich Hilfe brauche? Ich möchte die Zeit so intensiv wie möglich nutzen, der nächste Besuch, also Hilfe, kommt erst in ein paar Wochen.

Also wage ich es und wir laufen eine Runde auf unserer grossen Wiese (dann braucht Max keine Schuhe), wobei Max von mir, Tomte von Laura geführt wird und beide am Halsriemen miteinander verbunden sind. Aber weit auseinander, damit Max nicht mit den Hörner nach Tomte schlagen kann. Das klappt so erstaunlich gut, dass ich mich traue einen Riesenschritt weiter zu gehen. Ich entleere die Kutsche zur Hälfte und spanne Max an. Daneben wird Tomte am Halsriemen an der Deichsel angebunden, aber ohne Zugstränge. Dh er kann die Länge des Seils entweder nach vorne, zur einen Seite oder nach hinten ausweichen. Er kann aber nicht weg, weil Max ja die ganze Kutsche unter Kontrolle hat und er stur seine Arbeit tun wird. So ist der Plan. Deshalb habe ich auch Max gewählt. Der ist viel zu faul um schneller zu gehen als unbedingt nötig, selbst wenn der andere Ochse auf der Seite anderes vorhat. Auch steht er verlässlich still egal wo ich ihn stehen lasse (solange es kein frisches Gras zu nah gibt). Ich hab eher bedenken, dass er ständig mit dem Hörnern nach Tomte hauen wird, aber dafür bin ich ja da. Genau um das zu unterbinden. Ich führe wieder Max, Laura Tomte.

Natürlich ist jetzt wieder alles neu für ihn. Aber er hat so viel Selbstsicherheit in den den letzten Tagen sich erarbeitet dass es erstaunlich gut geht. Natürlich geht er erstmal viel zu schnell und wird vom Halsriemen zurück gehalten, dann lässt er sich zurück fallen, aber da ist ja die Kutsche. Es läuft also noch etwas holprig. Zwei Runden laufen wir auf der Wiese. Dann werden beide Ochsen seitlich an der stehenden Kutsche angebunden und können darüber nachdenken, was gerade passiert ist.

Das ist in meinem Training ein ganz wichtiger Punkt. Ich habe festgestellt, dass man bei Ochsen sich ganz viel Zeit und Energie ersparen kann, in dem man sie einmal oder zweimal etwas gut machen lässt und dann anbindet und darüber nachdenken lässt. Das wirkt besser wie mehrfache Wiederholungen der selben Sache. 

Und genau so ist es dann. Nach zwanzig Minuten Pause spannen wir wieder an und alles läuft ruhig. Es wird nicht mehr gross nach vorne oder hinten gezogen. Tomte läuft ruhig neben Max. Was für ein Erfolg.

Die Anwesenheit von Max, seine Ruhe, bringt Tomte total viel. Er orientiert sich am Alten erfahrenen Ochsen.

Schon am nächsten Tag hänge ich die Zugstränge ein (mit etwas Zeitaufwand, weil er diesen Moment immer noch nicht so gut findet) und wir laufen unsere Runde auf der Wiese. Das klappt sogar besser als ohne Zugstränge, weil er nicht mehr so weit nach vorne kommt. Am Schluss hänge ich Milan hinten an der Kutsche an und ich traue mich einmalig auch ein bisschen auf Teer zu gehen. Nicht weit, weil wir immer noch keine Schuhe haben. Selbst eine enge Drehung zum Wenden bekommen wir jetzt hin. Auch deshalb, weil Max Tomte einfach mit zieht.



Am Nachmittag gibt's schon wieder was Neues! (Für Tomte gibt es jeden Tag etwas neues in dieser intensiven Trainingswoche). Er bekommt den Packsattel drauf und wir laufen wieder nach Airolo. Diesmal zum einkaufen. Am Bahnhof warten ich mit ihm auf Laura, die ins Geschäft geht. Ganz entspannt. Ein Motorradfahrer kommt, macht ein Foto, fährt wieder. Der Postbus muss hinter uns durch. Alles ein Teil des Training, alles kein Problem mehr. Wir werden noch auf was zu trinken eingeladen, als Dank für ein Foto. Eigentlich habe ich schon abgesagt, doch dann legt sich Tomte einfach auf den Bürgersteig vor das Restaurant. Sehr zur Freude aller Gäste. Und käut wieder. Neben ihm fahren Motorräder, Fahrradfahrer und Autos durch. Das ist ihm egal. Er macht Pause und wir dadurch auch.



Am nächsten Tag kommen in der früh die Schuhe an, doch Laura muss am Nachmittag zurück nach Hause. Letzte Chance für wichtiges Training. Ich setze alles auf eine Karte. Jetzt müssen wir alles einmal ausprobieren, damit ich weiss, wo Tomte steht und was ich noch trainieren muss (ohne ihn in Gefahr zu bringen, weil Laura noch als helfende Hand da ist). Also spanne ich an. Max und Milan vorne mit mir. Tomte hinten an der Kutsche angebunden. Mit Laura an seiner Seite. Und laufen nach Airolo rein. Am Bahnhof, den kennt er ja mittlerweile gut, wird umgespannt. Tomte nach vorne. Milan nach hinten. Und los geht’s. Was ich nicht bedacht habe ist, dass es gleich bergauf geht und Tomte ja noch nicht zieht. Und Max nicht ganz einsieht, die fast leere Kutsche alleine die Steigung hoch zu ziehen. Das ist doch Teamarbeit, denkt er sicher. Es war aber auch schon richtig warm. So musste ich Max immer wieder auffordern weiter zu laufen, und das mit natürlich vielen Zuschauern. Erst nach 100m merkt Max, dass die Kutsche nicht wirklich ein Problem ist und zieht gut. Da schaut uns aber schon niemand mehr zu. Tomte läuft super neben der Kutsche, wenn man davon absieht, dass er nicht zieht. Das schwierigste für mich ist, rechtzeitig zu merken, wenn Max Tomte ärgern will. Weil der sich dann zurück fallen lässt, sogar stehen bleibt, Max aber weiter geht und somit die Kutsche einen Bogen fährt.



Im nachhinein klingt es als absoluter Wahnsinn, so viele neue Schritte in so kurzer Zeit zu machen. Und Tomte so schnell sogar in der Stadt ziehen zu lassen. Aber er hat mir mit all den vorhergehenden Schritten gezeigt, dass er bereit ist und die Ochsengrundlehre (« mir ist zu stressig mich zu stressen») verinnerlicht hat. Und mit Max an seiner Seite, der so verlässlich ist und auch anhält, wenn Tomte eigentlich weiter gehen würde und die Kutsche dadurch sicher im Verkehr hält, war all das möglich. Und dank Laura, die immer bereit war einzugreifen, hätte irgend etwas nicht funktioniert.

Nur musste sie dann weg.

Ich wusste, wenn ich nicht gleich am nächsten Tag alleine einspanne, traue ich mich nicht mehr und bin wieder auf Hilfe angewiesen. Ist ja schon ne Nummer allein mit dreien. Also bin ich heute los. Im Verkehr zuerst mit Tomte hinten und dann auf ruhigem Schotterweg Tomte vorne. Und heute hat er sogar gezogen !!! Max hat das gleich schamlos ausgenutzt und sich mitziehen lassen. Wir waren drei Stunden unterwegs. Es lief fantastisch! Natürlich geht nicht alles rund, es gibt schon noch Feinheiten, an denen wir arbeiten müssen. Aber ich spreche schon von Feinheiten!!



Drei Wochen und ein Tag ist Tomte heute bei mir und wir haben es geschafft! Er gibt seine Füsse, zieht Schuhe an, zieht die Kutsche und lässt sich von Verkehr nur noch sehr sehr wenig beeindrucken (bzw gar nicht, solange er vorne neben Max läuft! Ein Wahnsinn! Was für eine Leistung von diesem jungen Ochsen!

Eigentlich könnten wir jetzt los. Alles andere lässt sich auch noch on Tour lernen. Teils sogar besser. Aber nach 11 Tagen intensivstem Training (vom ersten Mal überhaupt was ziehen bis heute) brauchen alle Parteien jetzt ein paar Tage frei. Und die gebe ich uns auch. Haben wir alle verdient!


Donnerstag, 2. Mai 2024

Zugtiere, die alt werden

Was macht man mit Zugtieren (oder zB auch Arbeitshunden) wenn sie älter werden? 

Das ist schon eine berechtigte Frage. 

Möglichkeit 1: Erlösen. 

Möglichkeit 2: Altersplatz bei sich oder ausgelagert bieten. Ein Ort, wo das Tier seine Grundbedürfnisse gedeckt hat.

Möglichkeit 3: weiter integriert lassen in seinem gewohnten Leben, mit reduziertem Aufgabenbereich. 

Zu Möglichkeit 1: von Erlösung an diesem Punkt zu sprechen, ist das falsche Wort. Das Wort wird sehr schnell benutzt um die Entscheidung für sich selbst zu erleichtern und zu rechtfertigen. Ein Zugtier, welches Anzeichen von Alter zeigt ist weit davon entfernt «erlöst» werden zu müssen. 

Ich würde es daher eher als «Platz schaffen, Probleme beseitigen» bezeichnen (ein Tier welches alt wird braucht mehr Aufmerksamkeit, Unterstützung, evtl Medikamente usw). Und kommt für mich nicht in Frage an diesem Punkt. Nicht für Max (mit seinem Tick der Muskulatur), nicht für Milan (der im Winter bei Kälte Beschwerden hatte und jetzt seid zwei Monaten schmerzfrei ist) und nicht für Piz, die einfach mittlerweile auch 12,5 Jahre alt ist und ihre Gebrechen hat. 

Zu Möglichkeit 2: Ab dem Moment, wo ich Verantwortung für ein Tier übernehme, übernehme ich es von Anfang bis Ende. Darüber habe viel nachgedacht diesen Winter. Ich habe auch schon herum telefoniert um einen Gnadenhofplatz für die beiden zu finden. Für mich hätte es den Vorteil gehabt, dass ich auf Pferde umsteigen kann. Denn Pferde und Ochsen passen von der Geschwindigkeit her nicht zusammen. Dh ich hätte Max und Milan nicht hinten angebunden mitnehmen können.

Aber es kommt für mich auch nicht in Frage. Im ersten Gedanken, v.a. von aussen betrachtet, erscheint Möglichkeit 2 als logischer und auch schöner Schritt. Nicht mehr arbeiten müssen, Füsse hochlegen usw ist ja auch das, was sich jeder Mensch erstmal fürs Alter wünscht. Doch wie gerne gehen Menschen dann wirklich ins Altersheim, wo es doch eigentlich auch ein Hotelaufenthalt all inklusive, ist?

Für mich wäre es eben ein Abschieben nach so vielen Jahren erbrachter toller Leistung und schönem Zusammensein als Herde. Auch ein Abschieben, weil an einem anderen Ort zwar die Grundbedürfnisse gedeckt wären, aber eben auch nur diese. Fressen und schlafen. Doch Max und Milan kennen so viel mehr als dieses. 

Also bleibt mir nur die dritte Möglichkeit: ich biete ihnen reduziert ihr altes Leben an. Mit junger Unterstützung und einfach angepasst an ihre körperliche Situation. Dh zB weniger Kilometer, mehr Tage ohne weiter ziehen zwischen drin. Je nachdem, wie sie es mir zeigen. Das bringt noch den enormen Vorteil, dass sie mehr Muskulatur und Bewegung haben werden und genau das das ist, was es braucht, um gut älter werden zu können.

Nummer 3 ist  also die einzige Möglichkeit, die in unserem Fall irgendwie logisch ist. 

Dann, wenn Max und Milan wirklich alt sind und nicht nur erste Anzeichen haben (die ich mit 42 übrigens auch schon habe), dann erst kommt für mich die Möglichkeit 2 in Betracht. Nämlich auf die Art und Weise, dass ich für uns alle einen Platz über den Sommer suche, wo wir zusammen sein können ohne unterwegs zu sein. 

Ich weiss, dass ich mich mit dieser Haltung angreifbar mache. Auch damit, dass ich immer ehrlich über den Gesundheitszustand meiner Tiere berichte. Eigentlich könnte ich es auch einfach nicht schreiben, dann wüsste es niemand. Aber mein Blog geht darum, dass ich ehrlich über uns schreibe. Über unser Leben als Herde. Und das Alt werden ist leider auch ein Teil davon. Es ist nicht alles Sonnenschein.