Mittwoch, 5. Oktober 2022

Wo ist meine Tür?

 Jetzt ist das Ende wieder da. Wir sind in Airolo angekommen, wieder genau vor dem Schnee. Und so ist unsere 10. Reisesaison auch schon wieder beendet.

Dieses Jahr war ehrlich gesagt nicht leicht für mich. Ich bin nicht nur einmal, sondern öfter in totale Übermenschelung gekommen und zwar so weit, dass ich mir in diesen Zeiten tatsächlich überlegte meine Tour zu beenden. Und das nur wegen einer Sache: dieser blöden ungefragten Fotografiererei.

Wer meinen Blog schon länger verfolgt weiss, dass das mein großer Stolperstein ist. Seid zehn Jahren versuche ich eine Tür in mir zu finden, um damit positiv umgehen zu können. Mich davon nicht aussaugen zu lassen. Und dabei nicht die Achtung vor den Menschen zu verlieren.

Denn eines ist mir klar: mir will niemand etwas böses. Es freuen sich alle uns zu sehen…. und vergessen dabei ihr Hirn einzuschalten.

Dieses Jahr ist der Prozentsatz von Menschen, die um Erlaubnis für ein Foto fragen auf gut unter die 10% gefallen.

Dh an einen Tag wo 50 Menschen ( mind ein Foto machen, aber es werden ja viele gemacht), sagen vielleicht 6 vorher “Hallo, darf ich?“, wenn überhaupt so viele. Die anderen sind in voller Konzentration auf ihr Handy und konsumieren uns. Tag für Tag für Tag.

Dafür bin ich nicht geschaffen.

Das bin ich nicht.




Ich laufe, um Ruhe zu haben.

Ich laufe, um die Natur und meine Tiere intensiv zu erleben und die Welt und das Leben langsam genießen zu können. In Offenheit. Um ein besserer Mensch in mir zu werden. Ruhiger, großherziger, freudiger, ausgeglichener, offener, lebendiger.

Die Fotos erwirken genau das Gegenteil. Ich schließe mich in mich ein, verkrieche mich und baue Mauern.

Dieses Jahr noch mehr als sonst.

Ich bin mir bewusst, dass der Schlüssel bei mir liegt. Nicht die Menschen werden sich ändern und wieder mehr um Erlaubnis fragen, sondern ICH muss lernen so in mir zu ruhen, dass es sich nicht mehr so anfühlt, wie eine Grenzüberschreitung. Und noch eine. Und noch eine. Und dadurch offen bleibe.

Leider suche ich dieses Schlüssel noch vergebens.

Ehrlich gesagt wüsste ich auch nicht, was ich anders in meinem Leben machen könnte und in mir das selbe Glücksgefühl auslöst, den selben Menschen aus mir macht, wie wenn ich reise mit meinen Ochsen. Das ist schon mein Ding. Aber wenn ich die Hälfte meines heiligen Sommers verschlossen bin und Mauern um mich baue, dann macht das auch nicht den Menschen, der ich sein will.

Ich lasse mir ganz schön viel Lebensqualität durch das Fotografieren nehmen. Das ist ganz schön viel Macht, die ich anderen Menschen über mich gebe.

Wo ist meine Tür?


4 Kommentare:

  1. Hallo du liebe. Ich bin sehr glücklich, hier von dir zu lesen nachdem ich dich vor 2 Wochen auf den Gotthardpass gesehen habe. Leider bekenne ich mich schuldig, ich habe auch ungefragt ein Foto gemacht, hätte dich aber tatsächlich gerne abgesprochen, leider warst du dafür aber zu weit weg und wir auf dem Weg zurück. Trotzdem finde ich es toll, dass man deinem tollen Gespann hier folgen kann und wünsche dir einen schönen Herbst. Liebe Grüße Adriana

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  2. Ciao Eva schön zu hören das ihr bald zu Hause seit, ja das mit den Fotos ist immer so eine sache, eigentlich sollte der Fotograf immer zuerst fragen und nicht einfach drauf los Fotografieren. Aber da es in der Schweiz kein genaues Gesetz gibt oder nur teilweise, zum beispiel jemand veröffentlicht die Fotos ohne erlaubnis da kann man verlangen die Fotos zu löschen oder anzeige erstatten. Für privat kann man nicht viel unternemen auser man Schreibt auf der Kutsche Fotografieren nur auf anfrage erlaubt. Aber das hindert manche trotzdem nicht den heute hat ja jeder ein Handy im Sack und es wird alles und jeder gefilmt. Ansonsten Mach eine Kasse an den Wagen und schreibe darauf Fotos nur mit Reisekostenbeteiligung erlaubt, so bekommst Du wenn sie Erlich sind noch einen Batzen. Inzwischen Liebe Grüsse und bleibt gesund. Emanuel

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  3. Ja, was soll ich dazu sagen, ich verstehe dich voll und ganz. Ein schnelles Foto mit dem Handy und schon geht's weiter. Sie nehmen etwas von dir mit und lassen nichts zurück. Kein Bitte, kein Danke und schon sind sie weg. Bald bist du vergessen, keine bleibende Erinnerung, einfach nur Neugierde, gedankenloses Handeln.
    Ich erinnere mich gut und gerne an dich und dein Gespann. Vor Jahren hast du den Rhein bei Rheinfelden überquert. Ich bin staunend stehen geblieben und habe euch nachgesehen bis ihr verschwunden seit. Kein Foto sondern ein bleibendes Bild in meinem Kopf, in meiner Seele und in meinen Gedanken. So wundervoll und einfach schön.
    Gibt nicht auf und denk daran, was gerade du den Menschen mitgeben kannst. Freude, Sehnsucht und grosse Achtung, wie du dein leben lebst ist in mir. Ich freue mich immer wieder, deine Beiträge zu lesen und an deinen Abenteuern aus der Ferne teilhaben zu dürfen. Vielen herzlichen Dank.
    Ich wünsche dir und deinen Tieren einen guten Herbst und Winter und dann wieder einen guten Start im nächsten Frühling.
    Liebe Grüsse
    Markus

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  4. Liebe Eva seit du hier im Safiental warst und wir dich, euch kennenlernen durften, verfolge ich deine Beiträge. Wie recht du hast mit dem Fotografieren. Wir erleben es oft mit unsrem Bernhardiner. Selten wird gefragt und der Gipfel war in Salzburg. Da wurde unsre Tochter zur Seite gedrückt, um ein Foto zu machen. Ihre Reaktion unbezahlbar. Sie hielt die Hand hin und sagte 5 Euro. Wir mussten so lachen und die Frau ist schimpfent davon gelaufen. Hoffe konnte dir ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Liebe Grüsse aus dem Safiental Brigitte

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