Montag, 26. Mai 2025

Mulis in Foto und Video

 

Jeden Tag im Winter stand Füsse geben üben auf dem Programm. Beide haben es nicht beherrscht, aber das wusste ich ja. 
Erste Ausfahrten zusammen im März:

Majestätischer Merlin


In Airolo







Auf dem Schild steht: " Achtung. Mulis mögen keine Hunde. Gehen sie mit ihrem Hund nicht in ihre Nähe."

Sonntag, 18. Mai 2025

Oh jetzt hab ich zwei Wochen nichts geschrieben. Nachdem wir nach dem Umzug von Prato (Winterquartier, Arbeit) nach Airolo (frei und mit Gras solange ich will) so richtig mit jeden Tag Training angefangen haben, ging es mit unserem Vertrauen erstmal steil bergauf. Zwar noch ohne Kutsche, aber mit beiden am Halfter bin ich überall durch und haben Lärm und Stehen geübt. Durch die Gotthard Baustelle, Airolo und was ich sonst noch so an interessanten Geräuschen gefunden habe. Es lief super, sie haben alles mit Bravour gemeistert und ich war auf Wolke sieben. Das zusammen Reisen schien greifbar nahe, wenn alles so stetig und mit grossen Schritten weiter gehen würde wie in diesen ersten Wochen in Airolo. 

Und dann hab ich mehrere Fehler hintereinander gemacht. 
Und diese Fehler haben mich und vor allem Merlin in einer Abwärtsspirale geführt, wo mal er mal ich immer mehr vertrauen verloren haben bis nach kurzer Zeit nicht mehr viel übrig war und wir wieder bei null waren. Tado, der stoisch eigentlich sein Ding macht hat sich dann davon auch beeinflussen lassen und dann hat auch nix mehr mit ihm funktioniert. 
Und Reisen zusammen war innerhalb von kurzer Zeit in weite Ferne gerückt. 
Ich habe noch nie mit einem Tier gearbeitet, welches sich so stark von dem beeinflussen lässt was ich denke und fühle. Gruselig auf eine Art und Weise. Doch dann ist auch verständlich, dass sie ihre vertrauen verlieren, wenn ich meines verliere. 
Das war die vorletzte Woche. Und deshalb war ich so still. 


Leider hat mich die ganze Situation sehr instabil gemacht und an meinen Fähigkeiten zweifeln lassen. An allem zweifeln lassen. So schnell von Wolke 7 in den Abgrund.
Aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht gleich wieder was positives in dem Scheiss, anders kann ich es nicht nennen, sehen würde. 
Wenn diese Tiere so extrem sensibel auf mich reagieren bin ich ja der Schlüssel. Dh ICH muss mich unter Kontrolle haben. Meine Gedanken, meine Emotionen. Nur so kann ich ihnen einen stabilen Boden bieten. Natürlich ist das nichts neues und etwas, wo ich immer dran arbeite. Aber eben noch nicht mit dem Erfolg, den ich jetzt bräuchte für die Arbeit mit den Mulis. 

Jetzt weiss ich auch, dass wenn ich keinen guten Tag habe, es effektiver ist erst gar nicht mit den Mulis zu arbeiten. Denn die haben das schon zehn Meilen gegen den Wind gerochen. 
Aber wir arbeiten wieder zusammen. Stetig und bauen das wieder auf, was wir verloren haben. Und kennen uns dadurch nochmal besser. Bin gespannt was ich in einem Jahr zu dieser Zeit sage.

Freitag, 2. Mai 2025

Wie kam’s zu den Mulis?


Im Herbst hatte ich ja eine Woche Zeit um mich für die Zukunft vom Leben inspirieren zu lassen. Natürlich wollte ich eigentlich nur Tiere anschauen und dann den Winter daüber nachdenken. Eine Freundin hat mir ihren Twingo geliehen und eine andere, sehr pferdeerfahrene Freundin hat Hof, Vieh, Mann und Kinder für mich zum ersten mal nach Jahren für ein paar Tage verlassen und ist spontan mit gekommen. Was für eine Erleichterung, 4 Augen sehen mehr als zwei. Nachdem dieser Plan ziemlich spontan stand habe ich eBay Kleinanzeigen durchforstet nach Pferdegespannen, Mulis, aber auch nach Watussi Rindern, die eben gerade in diesem Moment zu verkaufen stehen.

 Watussi, oder Angola Rinder wie sie auch heissen, ist eine grossbehornte afrikanische Rinderrasse, deren Grösse der Hörner die von Max und Milan noch übersteigen würde. Eigentlich war für mich ja klar: «keine Ochsen mehr!» wegen ihrer kurzen Lebensdauer, aber für so unglaublich schöne Tiere hätte ich noch eine letzte Ausnahme gemacht. Ochsen sind mein Herz und Hörner einfach nur göttlich schön.

Muli anzeigen verfolge ich ja schon seid zwei Jahren immer wieder. Es gibt wenige, noch weniger Mulis sind eingefahren und/oder bezahlbar für meinen Geldbeutel.

Und Pferde sind ja eigentlich nicht so mein Ding, aber Kaltblüter sind ja irgendwie auch schon halbe Ochsen.

Leider war in Sachen Kaltblüter im Herbst nicht so viel zu finden. Aber ich bin auf einer alte Anzeige über schon eingefahrene Mulis in Holland gestossen und hab da einfach angefragt ob es noch welche gibt. Mit Erfolg.

Unsere vorläufige Tour inklusive Übernachtung im Twingo (zwei Menschen, zwei Hunde) sollte zuerst zu einem Watussi (bei Köln), dann zu den Mulis (in Holland, grad über die Grenze bei Bocholt NRW), dann zu einem Pferd, dann zu einen anderen Muli (südlich von Hamburg) und auf dem Rückweg noch zu zwei Pferden führen.

Meine Freundin war sich sicher, dass wir eh nur den Watussi anschauen würden und damit die Entscheidung schon gefallen sein würde. Es war auch ein netter, einjähriger, schon halfterführiger kleiner Bulle gewesen. Aber…. mir hat sein Körperbau nicht gefallen, und der der anderen anwesenden Watussis auch nicht. Es war schon eigenartig. Schaute ich mir Videos der Rasse an aus Afrika, sah ich staatliche Tiere, schaute ich mir diese Tiere vor mir an, waren das in Vergleich Krüppel. Also fing ich an zu recherchieren und fand heraus: die in Deutschland lebenden Watussi stammen mehr oder weniger alle von ein paar für deutsche Zoos importierte Tiere ab. Das heisst der Genpool ist gering und Selektion bei der Zucht kaum möglich. Das sind denkbar schlechte Voraussetzungen für einen Zugochsen, der ja irgendwann Leistung bringen muss, also einfach einen Top Körperbau aufweisen sollte. Schwer war es, da wieder weg zu fahren.

Als nächstes standen die Mulis auf dem Programm. Zwei Stück, zwei und vierspännig gefahren zu einem wirklich guten Preis. Noch am ersten Abend der grossen Tour sind wir sie Probe gefahren. Und es hat mich ziemlich umgehauen so gut und fein und verlässlich wie die zwei zu fahren waren. So umgehauen, dass wir sie am nächsten Tag gleich nochmal gefahren sind. Und gelaufen. Es war Samstag und in mir hat’s gearbeitet und gearbeitet. Mulis gibt’s nicht viele, wie ich oben schon geschrieben habe und dann so schön gefahren…. Sie waren nicht perfekt, denn der Besitzer hat sich aufgrund seines höheren Alters nicht mehr um die Hufe gekümmert (das konnte er sich leisten, da die Mulis so feste Hufe haben, dass er sie einfach barhuf fuhr). Und schlecht sahen die Hufe dafür wirklich nicht aus. Füsse geben lernen traute ich mir noch eher zu als so sauber und schön Kutsche fahren bei zu bringen wie die zwei es taten. Das Alter passte, der Preis auch. Aber es war Samstag und ohne Vorkaufsuntersuchung kaufe ich mit meinem Wissensstand kein Tier. Also habe ich die anderen Tiere ab gesagt und wir haben den Sonntag im Norden genutzt um Verwandtschaft zu besuchen und standen Montag früh parat für die Untersuchung. Nachdem diese positiv abgelaufen war und ich drei Tage hirnen und telefonieren und noch mehr hirnen hinter mir hatte, hab ich zugesagt und angezahlt.

Und war völlig fassungslos. Ich bin kein Mensch der so eine Entscheidung so schnell fällt. Und ich hatte ein schlechtes Gewissen Max und Milan gegenüber, von wegen: « die sind noch nicht mal kalt und du kaufst schon ein neues Tier».

Schwierig, aber eine ziemlich einmalige Möglichkeit. Aber nach nur drei bis vier Tagen! Wenn ich daran denke schwirrt mir immer noch der Kopf.

 Aber so bin ich zu Tado und Merlin gekommen. Und pünktlich zu meinem ersten Arbeitstag in Prato waren die Mulis auch schon dort. Bereit ihren ersten Winter in den Bergen zu verbringen und zu lernen, dass nach dem flachen Holland auch Dinge oberhalb oder unterhalb von ihnen sein können, bereit zu lernen auf Glatteis zu laufen, bereit zu merken, dass ihr bisheriges Leben vorbei ist und bereit mir dadurch mit all ihrem mulischen Misstrauen zu begegnen.


Donnerstag, 24. April 2025

Neues Jahr, neues Glück,… neues Team!

Darf ich euch vorstellen:

Merlin das Maultier, 10 Jahre alt, Mutter Andalusier, Vater katalanischer Riesenesel. Gelehrig, fein, schreckhaft. 

Tado das Maultier, 7 Jahre, Mutter Andalusier, Vater katalanischer Riesenesel. Stur, auf sein Vorteil bedacht, verfressen, faul und aus diesem Grunde ruhig, aber irgendwann einmal der treueste Weggefährte.

Und die alte Crew will ich aber nicht auslassen:

Piz wie gehabt, Border Collie, seid dem ersten Reisetag 2013 mit dabei und mittlerweile 13 ½ Jahre alt. Zum Glück habe ich eine Kutsche, sonst könnte sie nicht mehr mithalten.

Ihr Sohn Pepe, Border Collie x Bergamasker, 6 Jahre alt.

Und ich, Mensch, 43 Jahre alt.

Hühnchen gibt es dieses Jahr nicht. Die Alten sind über den Winter gestorben, neue hab ich mir aufgrund der sowieso ganz anderen Umstände dieses Jahr nicht mehr zugelegt. Nächstes Jahr wieder.

Eine Oxnfrau ohne Ochsen und jetzt mit Mulis? Das macht nicht gleich eine Mulifrau. Ich habe keine Ahnung von Mulis.

Es heisst: Mulis werden alt. Ein zigfaches von Ochsen. Eines der ausschlaggebensten Entscheidungskriterien für mich nach dem Abschied von Lothar im 2018 und dann jetzt von Max und Milan im 2024.

Tado gilt noch fast als jung mit seinen sieben Jahren und Merlin ist im besten Alter. Dh dass ich im Idealfall für die nächsten Jahre treue Begleiter an der Seite habe.

Mulitypisch lassen sie mich aber für jedes kleinste Fitzelchen ihres Vertrauens ganz schön schwitzen und lange, lange arbeiten.

Neben der Langlebigkeit gelten sie als gesund, robust, berggängig, leichtfuttrig, stark. Alles super Reiseeigenschaften. Und sie gelten eben als nicht so schreckhaft wie Pferde.

Im Negativen haben sie leider auch ihren Ruf weg: stur, eigenwillig, und angeblich brauchen sie für ihre Hinterfüsse einen Waffenschein.

Was von allem stimmt, was Realität und Märchen ist, kann ich euch erst mit mehr Erfahrung sagen.

Fakt ist: ich hab zwei absolut unterschiedliche Individuen an meiner Seite, die mir erstmal nicht treu folgen, deren Sprache ich nicht beherrsche und wo ich nicht sagen kann: wenn ich dies oder jenes mache, reagieren sie so oder so oder so, woraufhin ich wieder so oder so reagieren kann und dann klappt’s. Im Gegenteil. Was ein Glück hatte ich den ganzen Winter Zeit um mich an diese neuen Wesen zu gewöhnen. Und das selbe denken die zwei sich wahrscheinlich auch umgekehrt.

Nicht mehr breite, grossbehornte gemütliche Ochsen, sondern schmale, hochbeinige, langohrige Mulis, die auch mal schnell werden können. Sehr schnell. Und ihre Reaktionsschnelligkeit übersteigt meine leider bei weitem. Und ihre Fähigkeit Gedanken zu lesen ist gruselig.

Das kann ja nur ein tolles Jahr werden!! Ich wollte mal wieder eine Herausforderung für mein Leben: hier ist sie, sogar im Doppelpack. Willkommen im Team, Merlin und Tado!

 Ab jetzt gibt’s wieder einmal die Woche einen neuen Post.


Sonntag, 26. Januar 2025

Wir weiter?


Hallo Mascha,

Ja, wie geht es mir? Wie ging es weiter? Wie geht es weiter?

Eine Woche bin ich nach Max und Milans Tod noch auf unserem Hügel geblieben. Und die grösste vorherrschende Emotion war tatsächlich: ERLEICHTERUNG!

Erleichterung, weil alles gut gegangen ist. Beide sind ohne Stress gestorben. Ich würde nach dem Erlebnis mit Milan in Anhänger tatsächlich das Wort «friedlich» benutzen, auch wenn das schwerlich nachzuvollziehen ist, wenn man nicht dabei war. Allein dieses Erlebnis hatte für mich und die ganze Situation eine heilende Wirkung.

Erleichterung, weil es so viele unplanbare Faktoren gab die, egal wie viel ich alles trainiert habe, nicht abzuschätzen waren.

Zum einen waren Max und Milan schlicht und ergreifend zu gross für den Fangstand. Dh sie konnten dort drin nicht fixiert werden. Dh aber auch, dass sie sich in jeder Situation, in jeder Sekunde hätten entziehen können. Va in dem Moment, wo der Bolzenschussapparat an den Kopf gehalten wird. Da hätte viel schief gehen können. Ein verwackelter Schuss…ich wollte es mir gar nicht ausmalen.

Deshalb so viel Training davor.

Zum anderen konnte ich ja nicht einschätzen, wie viel der zweite Ochse vom Tod des ersten mitbekommt und dann reagiert. Auch wenn er es nicht sieht, die zwei sind sich so nah gewesen. Ihr ganzes leben lang. Wie viel bekommt ein Tier vom anderen auch auf anderen Ebenen mit? Das war eine absolute Ungewisse für mich!!

 Ich konnte auch nicht wissen, ob die zwei sich nicht von Anfang an entziehen, allein dadurch, dass sie meine Emotionen gespürt haben und ob ICH es schaffe mich unter Kontrolle zu halten.

Mein Anspruch war einfach hoch. Wenn ich sie gehen lassen muss, dann soll es der beste Tod sein, den ich ihnen legal bieten kann. Das wollte ich nicht vermasseln. 

 Und nachdem all meine Horrorszenarien nicht eingetreten sind und diese ganzen vielen Monate des tagtäglichen Abschied nehmens an einem Endpunkt angekommen waren , war ich einfach nur erleichtert. Und so so so so so dankbar, dass alles gut gegangen ist.

Die Zeit, nach dem Tod eines geliebten Wesens steht ja die Zeit immer irgendwie still. Wo es physisch nicht mehr da ist, und doch so stark da wie nie zuvor. Und alles ist so klar auf eine besondere Art und Weise. In diesen besonderen Tagen hatte ich den Luxus einfach nur auf unserem Hügel thronen zu dürfen und Abschied zu nehmen. In der Zeit habe ich die Knochen ausgekocht auf dem Feuer und war einfach nur da. Drei Tage davon hat es gepisst. Ich war nass, vermatscht und fettig von der Arbeit. Und hab gefeuert und gefeuert und gefeuert.

Und war froh, dass Max’ Rücken dieses Wetter nicht mehr erleben muss. So wie ich jetzt gerade erleichtert bin, dass Milan nicht mehr unter Schmerzen auf dem unebenen gefrorenen Boden laufen muss.

Und Trauer?

Ich war so viel traurig diesen Sommer, eigentlich den ganzen Sommer lang. Meine Tränen sind alle schon vorher geflossen. Jetzt war ich eigentlich einfach nur da…. Unser gemeinsamer physischer Weg war zu Ende gelaufen.

Und nachdem die Knochen ausgekocht waren, war es auch an der Zeit mein Zelt abzubrechen.

Drei Wochen später bin ich auf grosse Tour gefahren und hab das Fleisch von Max und Milan verschenkt an all den Orten (fast allen, ein paar Regionen fehlen mir noch) wo wir in den letzten 5 Jahren nett aufgenommen worden sind. Und Kontakte aufgefrischt, die Max und Milan einmal ermöglicht haben.

Und dann habe ich die Zeit vor meinen Arbeitsbeginn genutzt um mich vom Leben inspirieren zu lassen, was ich denn jetzt für Möglichkeiten habe. Und für meinen persönlichen Geschmack hat sich viel zu früh eine neue Tür aufgemacht. Und da bin ich durchgegangen .

Und dahinter standen zwei neue Tiere.

Und das ist schön und lässt mein Herz aber gleichzeitig bluten.

Aber das Leben geht weiter.

Mit Max und Milan habe ich intensiv gelebt, wir hatten einen letzten intensiven Sommer zusammen und waren bis zur allerletzten Sekunde intensiv zusammen.

Jetzt geht es weiter.



Ich bin sehr dankbar für das Erlebnis des Todes meiner Tiere mit der mobilen Schlachteinheit. Sie hat ermöglicht den schlimmen Moment des Todes eine ganz friedvolle, heilende Note zu geben. Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Er ist dadurch nicht nur stressfrei für das Tier, sondern auch gut zum Abschied nehmen für den Menschen.

Danke dafür, Andreas

Den nächsten Blogeintrag gibt's erst wieder im Frühling, wenn die Arbeit fertig ist, die Reisekasse gefüllt und wir wieder im Zeit schlafen.