Dann nehme ich mir mal eine der Fragen von letzter Woche vor:
Wann ist ein guter Zeitpunkt sich endgültig zu trennen?
Ich merke, dass ich bei diesen Fragen für jede meiner Tierarten andere Antworten habe.
Meine Hühnchen zB sind ja schon alt wenn ich sie bekomme und hatten schon ein Leben in einem Legehennenbetrieb. Also eingesperrt und jeden Tag ein Ei legen. Bei mir dürfen sie jetzt an ihrem Lebensabend tagsüber ein komplett freies Leben geniessen und mir mein eigenes Essen weg fressen (bevorzugt alles was Kohlenhydrate, Eiweiss oder Fett enthält. Gestern früh haben sie es geschafft 100g Butter zu stibitzen, als ich nicht da war. Aber ich schweife ab…).
Wenn der Fuchs kommt, kommt er halt. Es ist schade, aber total in Ordnung für mich. Wenn er sie nicht erwischt, liegen sie irgendwann Tod in ihrer Kiste. Dafür hatten sie noch einige Monate bis Jahre ein wirklich schönes freies Leben. Auch über den Punkt hinaus, wo sie Eier legen. Aber bei der Entscheidung, ob sie sterben oder nicht bin ich nicht aktiv beteiligt (ausser es ist eine stark verletzt).
Bei meinen Hunden ist es schon etwas anders. Piz darf gerade schrullig neben mir alt werden. Sie hat Hüftprobleme und ist phasenweise schon sehr sehr eigenartig, fast wie ein anderer Hund. Ich gestalte mein Leben jetzt so, dass sie noch alles mit machen kann und habe ihr einen Tracker gekauft, statt aus ihr in ihren alten Tagen noch einen Leinenhund zu machen. Ich werde ihr Schmerzmittel geben, wenn ihre Arthrose irgendwann zu stark wird. Ich werde sie nicht ständig beim Tierarzt vorführen und hoffe, dass sie selber von sich aus sterben kann. Wenn nicht, werde ich sie einschläfern lassen. Das wird dann meine Entscheidung sein und kann an den Moment angepasst werden. Und ihr dann ein schönes Grab machen.
Bei zwei 900kg schweren Tieren wie Max und Milan geht diese Vorgehensweise nicht. Auch das auf sich zukommen lassen ist schwieriger. Ich darf sie nicht irgendwo verbuddeln wenn sie sterben. Ich kann sie nicht irgendwo noch schnell hin transportieren wo ich ihnen auch einen guten Tod bieten könnte. Und sie schnell schnell einschläfern geht auch nicht. Also in der Theorie schon, aber in der Praxis geht bei so grossen schweren Tieren zu oft etwas schief. Und dann wird die Situation unschön. Deshalb kommt es für mich auch nicht in Frage.
Mal ganz davon abgesehen, dass ihr Körper dann von einem stinkenden Lkw abgeholt und zu Tiermehl verarbeitet wird. So etwas haben sie nicht verdient.
« Lass sie doch Kremieren, das habe ich mit meinem Hund auch so gemacht» höre ich manchmal.
Doch wie viel Energie wird verbraucht, um ein so schweres grosses Tier in Asche zu verwandeln? Das ist das einzige, was ich mich zu diesem Thema frage, mal ganz davon abgesehen, wie und ob ich das tote, grosse , schwere Tier überhaupt würdig dort hin bekomme.
Mit all diesen Sachen habe ich mich schon bei Lothars Tod beschäftigt. Und in den letzten Jahren habe ich keine andere, stimmigere Lösung gefunden, als sie in Ehre und Dankbarkeit selber aufzuessen (auch wenn mir dies schwer fällt). Getötet in einem ruhigen Rahmen und nicht im Schlachthof.
Und ihr Fleisch zu verschenken. An all die Menschen, die uns entlang unseres Weges begleitet und geholfen haben, wo mit und durch die Ochsen ein schöner Kontakt entstanden ist. Ob es jetzt die Bäuerinnen und Bauern sind, auf deren Wiesen wir bleiben durften, oder Menschen, mit denen ich spezielle Momente geteilt habe. So schliesst sich für mich ein Kreis. Energie wird nicht verloren, sondern wird wieder umgewandelt in einem schönen neuen Kontakt, ein Zusammensein und wohl auch in die ein oder andere Träne, bei einem erneuten wiedersehen. Und in Dankbarkeit beim essen. So krass wie das jetzt klingt.
Und der richtige Zeitpunkt?
Da komme jetzt ich ins Spiel, viel stärker als bei den Hühnern und Hunden. Den richtigen Zeitpunkt muss ICH bestimmen. Und es kann nicht aus dem Moment heraus passieren und gleich umgesetzt werden. Das ist eine grosse Verantwortung und das Gefühl eventuell eine falsche Entscheidung zu treffen allgegenwärtig.
Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Das «zu früh» in Ruhe oder das «zu spät» in Stress.
Die Erfahrung zeigt , dass es Max und Milan im Herbst mit einsetzender Kälte wieder nicht gut gehen wird. Ab dem Moment wo der Boden gefroren sein wird, wird Milan nicht mehr laufen können. Und Max bei jedem kalten nassen Tag Probleme mit dem Rücken haben.
Die vernünftigste Entscheidung ist also die, sie im Herbst Schlachten zu lassen. Vor den Schmerzen und wenn ich noch Zeit und Ruhe habe diesen schweren Weg mit ihnen zu teilen.
Natürlich gibt es eine ganz ganz ganz kleine Chance, dass es ihnen wider erwarten nicht so ergehen wird. Man sieht ihnen ja gerade auch kaum was an, jetzt, wo es warm und trocken ist. Da liesse sich das Problem auch schön weg schieben. Ich hätte auch sehr Freude, sie wieder bei mir in Prato zu haben vor meiner Küchentür.
Doch was passiert, wenn sie dann vom einen auf den anderen Tag doch zu grosse Schmerzen haben (was sehr wahrscheinlich ist)? Dann bin ich in einer 7 Tage Woche mit Arbeit gefangen, wo mich niemand vertreten kann. Dann muss ich von jetzt auf plötzlich alles organisieren ohne Zeit zu haben und dadurch auch ohne Ruhe. Wie überträgt sich das wohl auf diese feinfühligen Wesen? Und wahrscheinlich haben sie dann eine Entzündungen im Körper, die dazu führt, dass das Fleisch nicht mehr gegessen werden kann. Dann würden sie in der Tierkadaververwertung landen.
Nein, diese Vorstellung finde ich gruselig. Sowohl für sie, als auch für mich. Würde ich irgendwie die Möglichkeit sehen, sie nochmal gut durch den Winter zu bekommen, würde ich das tun. Ich hätte sogar schon Wiesen für den nächsten Sommer wo sie grasen könnten.
Aber das Risiko ist zu gross, und ich muss meine Verantwortung für zwei so schwere Tiere ernst nehmen. Dh es gibt es für mich nur eine Lösung, nämlich sie beide zusammen, am selben Tag Schlachten zu lassen. Max und Mila waren seid ihrem ersten Atemzug zusammen, haben ihr leben intensiv zusammen verbracht. Und jetzt lasse ich sie auch zusammen gehen. Im Herbst.
Liebe Eva, ich habe bisher kaum etwas von dir gelesen, aber mag diesen Blog-Beitrag. Auch wenn der Abschied von den beiden sicher traurig macht, klingt das alles sehr durchdacht und vernünftig. Ich denke mit dem Abschied im Herbst machst du alles richtig - auch wenn es dir sicherlich schwer fallen wird. Ich wünsche dir erstmal noch einen schönen Sommer mit den beiden. Genieß die Zeit, die euch bleibt! Fühl dich gaaaanz fest gedrückt, Nora
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