Freitag, 24. Mai 2019

Dritter Reisetag


Wir umlaufen Freiburg im Breisgau auf kleinen Strässchen. Spargel wird hier angebaut, Mais und langsam auch Wein. Der Spargel ist bereit gestochen zu werden und so sehe ich immer wieder Gruppen  rumänischer oder bulgarischer WanderarbeiterInnen bei der Arbeit auf dem Feld.
Charakteristisch hier für die kleinen Strässchen sind die immer wieder vorkommenden Gitter, die quer verlaufen um Wasser abzuleiten. Milan hatte letztes Jahr grosse Angst vor ihnen, egal wie breit sie waren. Schwer hat er es gelernt, dass sie nichts fürchterliches sind, doch gegen Ende des Sommers lief er souverän darüber. Glücklich bin ich in den ersten Tagen zu sehen, dass er zumindest das über den Winter nicht verlernt hat.
Doch als wir eben wieder an einem Trupp SpargelstecherInnen vorbei laufen, teilt vor uns ein Gitter die Strasse, welches einen Meter breit ist und darunter einen halben Meter tief. Da steht auch Max stock steiff und geht keinen Schritt mehr weiter. Gott sei Dank ist es ein kleines Strässchen, welches nur für den landwirtschaftlichen Verkehr genutzt wird, denn jetzt geht gar nichts mehr mit den Ochsen. Ich rede ihnen gut zu, gebe ihnen Zeit, lass sie riechen. Ich ziehe und ziehe und treibe und treibe, aber nichts kann sie davon überzeugen einen Schritt auf das Gitter zu setzten. Die SpargelstecherInnen bekommen das langsam mit und kommen näher. Na Zuschauer haben mir eigentlich gerade noch gefehlt!
Meine nächste Idee ist Milan auszuspannen, da er ohne Kutsche eher darüber laufen sollte, und Max dann die Kutsche alleine darüber ziehen zu lassen, wenn er sieht dass Milan es gewagt hat.
Aber auch das fruchtet gar nicht, zu suspekt ist das Gitter. So froh bin ich, dass immer noch kein Auto kommt! Doch wer stattdessen kommt, sind die SpargelstecherInnen. Sie fackeln nicht lange, einige schieben sofort die Kutsche von hinten an um Max drüber zu schieben, ein anderer tritt resolut hinter Milan und versucht ihn nach vorne zu schieben. In mir zieht sich alles zusammen. So nett und mutig die Geste des Anpackens, bewundert ein Teil meines Gehirns, doch vor meinem inneren Auge sehe ich die Situation eskalieren, weil die Ochsen nun Druck von vorne durch das Gitter und Druck von hinten durch unbekannte Menschen haben. Ich sag nur: «Nein, nein, bitte nicht», mehr kann ich nicht erklären, weil eh niemand deutsch spricht.
Dann schweift mein Blick über die Kutsche und ich sehe meine blaue Sitzdecke. Schnell hole ich sie und lege sie über das Gitter. Mit nur ein bisschen gut Zureden tritt Milan darauf und auf die andere Seite. Max folgt nur wenig später und so kann ich Milan wieder an seinen Platz an der Deichsel amschirren und durchatmen. Geschafft.
Die GastarbeiterInnen lachen und winken und machen sich wieder auf zurück zur Arbeit.

Zwei Stunden später laufen wir auf unsere Wiese zu als wieder so ein breites Gitter über die Strasse liegt. Mittlerweile sind Max und Milan so müde, dass sie es erst registrieren, als Milan sogar schon mit einem Fuss drauf steht. Leider können sie sich immer noch nicht überwinden, sondern gehen wieder zurück. Auch mit der blauen Decke laufen sie nicht im Gespann, sondern nur einzeln darüber. Das geht jetzt aber schnell, wissen wir doch alle was wir zu tun haben um die Situation zu bestehen. Aber ich kann mir vorstellen, hätten wir an diesem Tag zum dritten mal ein Gitter getroffen, wären beide einfach drüber gelaufen. 

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