Mittwoch, 11. September 2019

Adrenalin, oder traue nie der Wegbeschreibung eines Einheimischen


Die Etappen der letzten Tage zählen zu den schönsten, bzw atemberaubendsten unserer diesjährigen Tour. Oberhalb der Rheinschlucht entlang auf einer kleinen Autostrasse, die an den Berg geklebt scheint. Tief unten sieht man immer den Fluss, wie er sich seinen Weg zwischen den Kalkwänden bahnt. Es hat geregnet und so hatbn wir die Strasse auch noch fast für uns. Max und Milans laufen ihren ersten Tunnel gut (Max leicht aufgeregt, Milan gelassen).

Und dann geht es weiter unten entlang am Ufer des Rheins auf einem Forstweg. Kilometer um Kilometer ganz ohne Autos. Ein Paradies für die Hunde.
An einer Stelle muss ich die Rheinseite wechseln und spreche noch mit einem Einheimischen, ob wir auf dem Radweg auf der anderen Seite auch wirklich durchpassen. Er sagt: kein Problem.
Als ich dann aber den Einstieg in den Weg sehe, wird mir etwas mulmig. Schmal scheint der Weg, wie er sich unterhalb des letzten Hauses vorbeiquetscht. Der Mann ist immer noch in der Nähe. Ich rufe ihm zu ob er sich wirklich sicher ist! Er antwortet: Ja, da fahren sie auch manchmal mit Autos durch. Nachdem in den letzten Tagen immer mal enge Stellen waren, die sich nachher wieder verbreiteten, glaube ich ihm und laufe los. Es stimmt, wir passen an dem Haus vorbei und finden uns auf einem Weg, der links steil Richtung Rhein abfällt und rechts zum Bahngleis hoch gemauert ist.
Meter für Meter wird der Weg jedoch enger, bis ich ein Weiterlaufen nicht mehr verantworten kann. Wenn die Räder der Kutsche Richtung Rhein abrutschen, zieht die Kutsche die Ochsen mit in die Tiefe.
Ein «vor» geht also auf keinen Fall. Wir können nur noch zurück, aber wie? Für den Fall der Fälle habe ich mir eine Stelle gemerkt, wo es eventuell - im Ernstfall! - noch möglich wäre die Kutsche zu wenden. Von Hand versteht sich, die Ochsen brauchen zum Wenden viel Platz. Diese Stelle liegt 100 Meter hinter uns und ist auch die Einzige.
Ich spanne Max und Milan aus. Die beiden finden das Gras auf dem Weg viel interessanter als mein Versuch sie auf dem schmalen Stück neben der Kutsche vorbei zu lotsen. Da würde ich mir mehr Mithilfe von ihrer Seite durchaus wünschen!
Aber wir schaffen es vorbei und 200 Meter hinter der Kutsche finde ich zwei Bäume zum anbinden.
Dann gehe ich zurück und stosse die Kutsche rückwärts. Da es bergab geht und ich sowohl Bremse als auch Deichsel gleichzeitig bedienen muss - immer den «Abgrund» im Auge - komme ich ins Schwitzen. Natürlich ist die Deichsel auch noch schön voll Kuhmist, so dass meine Hände und Hose bald ähnlich aussehen. Die Stelle, die ich mir gemerkt habe ist schmal, aber ich habe keine andere Möglichkeit.
Ich rangiere vor und zurück und vor und zurück alles mit der Gefahr, dass die Kutsche zum Rhein runter rutscht oder kippt. Wo sind eigentlich andere Menschen, wenn man sie mal wirklich brauchen könnte?
Ich fluche und fluche auf den Menschen, der mir das eingebrockt hat, wohlwissend dass das nicht stimmt. Es ist mein ganz eigener Fehler auf die Worte eines anderen Menschen vertraut zu haben was den Weg anbelangt. Eigentlich weiss ich, das ich mit mindestens drei Menschen vorher reden muss, um mir ein annähernd korrektes Bild der Lage machen zu können. Oder die zeitaufwändigere Variante wählen muss: an einen passenden Ort zurück fahren, ausspannen, selber anschauen. Aber das habe ich diesmal nicht geklappt.

Nach einigem Fluchen, Rangieren und Fürchten ist die Kutsche gewendet! Erstaunlicherweise. Was für eine Erleichterung! Und die Ochsen gleich danach wieder davor gespannt. Ich lasse sie aber nur aus dem engen Stück heraus laufen und mache erstmal eine wohlverdiente Pause für mich, um mein Adrenalin wieder abzubauen. Nie wieder sowas, schwöre ich mir!

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