Donnerstag, 20. Juni 2019

Ein Notfall mit Milan


Ein paar Tage schon sind wir nun in der Schweiz am Reisen und werden total lieb aufgenommen.
Da wir ja noch unter Quarantäne stehen sind Rindvieh- und andere Klauentierweiden tabu und so bin ich oft bei Pferdemenschen auf der Wiese.
An einem Mittwoch morgen hole ich also Max und Milan von einer Pferdeweide als mir auffällt, dass Milans Bauch sehr aufgebläht ist. Das gefällt mir gar nicht. Er scheint aber keine Schmerzen zu haben als ich ihn Bürste, die Schuhe anziehe und anschirre. Also beschliesse ich einzuspannen statt einen Tierarzt zu rufen, da Bewegung mir als eine sinnvolle Tätigkeit gegen die Gase erscheint. Als ich auch sehe, dass Milan gut zieht, denke ich eine gute Entscheidung getroffen zu haben. Aber die Situation ändert sich schlagartig in eine ungute Richtung, als wir anfangen bergab zu gehen. Die Bauch scheint mir noch praller zu werden und auf einmal drücken sie Milan seinen Mageninhalt wieder durch den Mund heraus.
Das ist keine gute Sache. Ich habe Kühe noch nie kotzen sehen, obwohl das auch nicht der richtige Ausdruck dafür ist. Da beginnt es mir ganz anders zu werden. Ich habe Angst um Milan als er deutliche Zeichen von Schmerzen zeigt. Er tritt sich mit den Hinterfüssen gegen den Bauch was ihn fast umkippen lässt und «rümpft» die Nase.
Der nächste Hof ist schon in Sichtweite. Auf den 200m dahin passiert es noch drei Mal, das Milan grünen Mageninhalt spuckt. Ich habe furchtbare Angst um meinen Ochsen. Was, wenn er was davon in die Lunge bekommt? Was, wenn die Gase so mächtig sind, dass sie ihn innerlich zerfetzen? Habe Angst ihn vor meinen Augen umkippen zu sehen ohne dass ich helfen kann.
Vor dem Hof lasse die Jungs einfach auf der Strasse stehen und laufe zum Hauseingang zur Klingel. Ich habe Glück, sogar der Bauer selbst kommt an die Tür. Ich schildere ihm nur, dass ich einen Notfall habe und frage ihn ob er mir bitte seinen Tierarzt herrufen könne und renne schon wieder zurück zu Milan. Kein Auto ist gekommen, aber Milan ist wieder dabei grünes Zeug aus seinem Mund heraus zu befördern. Der Bauer, der mir nach kommt drückt auf Milans Bauch und ruft den Arzt..
Es befinden sich glücklicherweise ein paar Kirschbäume neben der Strasse. Also parkiere ich dort die Kutsche, binde Max an einen Baum und laufe mit Milan bis der Tierarzt 20Minuten später eintrifft die Strasse rauf und runter.
Milan bekommt zuerst mal Schmerzmittel, nachdem er an den anderen Baum gebunden wurde und dann beginnt für ihn eine sehr unangenehme Prozedur. Es wird ihm ein Plastikrohr im Mund fixiert durch das dann ein Schlauch bis in seinen Magen geschoben wird . Der Tierarzt bläst hinein und der Bauer hört in Milans Bauch das Blubbern, also ist er am richtigen Ort. So dankbar bin ich dem Bauern, dass er bei uns bleibt und auch mit Hand anlegt. Ganz selbstversändlich. Meine zwei Hände sind nämlich an den Hörnern um sie daran zu hindern jemanden zu treffen. Der Tierarzt hofft darauf, dass die Gase über den Schlauch entweichen können. Denn die Gase müssen bei der Kuh vorne wieder raus und nicht wie beim Pferd hinten. Aber es tut sich nichts, also werden über den Schlauch in Milans Magen ein Mittel zur Förderung der Magen/Darmtätigkeit gegeben und ein Mittel welches die Gase binden soll. Nachdem sich danach immer noch keine Gase lösen, Milans Bauch aber weiterhin extrem gespannt ist, kommen Schlauch und Halterung wieder raus und ich soll mit ihm ein paar Schritte laufen. Nach dieser Rosskur ist Milan aber nicht sehr gewillt irgendwohin zu laufen und so drehen wir nach ein paar mühseligen Schritten wieder um. Dann kommen Halterung und Schlauch wieder in Milans Bauch. Der Bauer soll seinen Bauch massieren, richtig reindrücken mit der Faust und dann löst sich tatsächlich etwas Gas und schiesst mit anderem Mageninhalt dem Tierarzt fast ins Gesicht. Mehr tut sich nicht mehr. Aber immerhin ist Milans Bauch jetzt nicht mehr ganz so prall und so verabschiedet sich der Tierarzt mit der Anweisung ihm jetzt Heu zu füttern, eine  Stunde zu warten und dann weiterzuziehen, da Bewegung jetzt eh das Beste sei. Und so passiert es auch.
Vom Bauern bekommen wir fantastisch duftendes Heu. Das stopft Milan tatsächlich sofort in sich rein, vorangegangene Rosskur hin oder her. Ein so gutes Zeichen! Und nach einer Stunde Wartezeit sind tatsächlich alle Gase in sich zusammen gefallen und Milan schaut wieder aus wie eh und je.
Er zieht auch danach die Kutsche als wäre nichts gewesen. Schlägt sich noch gelegentlich mit dem Hinterfuss gegen den Bauch, aber sonst wirkt er als wäre nie sein Bauch aufgeblasen gewesen oder ihm mehrmals ein Schlauch den Schlund hinunter gesteckt worden. Wie hat er überhaupt geschafft die ganze Zeit zu atmen mit dem Schlauch drin? Diese Frage stelle ich mir erst jetzt.
Und woran hat es gelegen? War es das ganz junge Gras was er den Abend vorher gegessen hat? Wieso fehlt Max nichts und ihm schon, obwohl Max am Abend zuvor sogar zusätzlich noch ein paar Äpfel und Luzerne zum fressen bekommen hat?

Die erste Erleichterung ist schon mächtig, da ich einen lebendigen Ochsen vor mir stehen habe, aber was der Auslöser war beschäftigt mich weiter.
Ich habe schon Anfang Mai gemerkt, dass sich Milan ein paar Mal pro Tag gegen den Bauch tritt. Sonst hatte er keine Symptome. Max tritt sich auch wenn er Fliegen verscheuchen will, aber ist es wirklich von den Fliegen? Einen Tierarzt, den ich im Mai hinzugezogen habe, findet nichts. Vorsorglich habe ich Milan einen Magneten eingegeben, der einen eventuellen Fremdkörper im Magen bindet und von der Magenwand fern hält. Das hat aber nichts an den Symptomen geändert. Der schweizer Tierarzt hat jetzt noch einen Blutschnelltest gemacht, an dem man ablesen kann, ob eine akute Entzündung im Körper vor liegt (wie es z.B. bei einem Fremdkörper, der die Magenwand punktiert hat, der Fall wäre). Der viel aber - glücklicherweise - negativ aus. Also was ist er Grund?
Milans Verdauung ist sein Leben lang schon irgendwie sein Schwachpunkt, sein Mist, selbst als er nur Milch bekam, immer dünner als Max seiner. Um ihn Wurmfrei zu bekommen hat er drei Wurmkuren gebraucht, Max nur eine.
Ist es einfach nur das?
Ich weiss es nicht. Leider.

Jetzt ist nochmal alles gut gegangen. Es ist zum ersten Mal in all den Jahren meiner Tour dass ich akkut einen Tierarzt gebraucht habe. Die Rechnung ist mir egal. Ich hätte auch das doppelte bezahlt um Milan wieder gut zu sehen.
Jetzt kaufe ich Heu dazu und schaue, dass ich nicht auf all zu jungem Gras meine Tiere weiden lasse. Separiere anfangs Milan von Max und stelle ihn auf ein ganz kleines Stück und warte, bis er sich eine Grundlage an Heu angefressen hat, bevor ich ihn zu Max dazu lasse. Bisher klappt das ganz gut.
Hoffen wir, dass es weiter so geht. 

2 Kommentare:

  1. Du musst ihm unbedingt Heu füttern, bevor er auf die Weide geht.
    Kein junges Gras fressen und darauf achten, dass es nicht nass ist. Im Zweifel Heu füttern. Grüsse Markus

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  2. Hallo Makus. Was macht das Nass im Gras? Das umzusetzten dürfte auf Reisen kaum möglich sein.

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