Montag, 23. Mai 2022

Im Morgengrauen

Ich wusste dass ihr kommt und hab mich ungemein gefreut. Was für ein wunderschöner Zufall. Am Tag vorher wurdet ihr mir angekündigt. „Lieber später starten“, hieß es. Kein Problem. Für euch hätte ich auch länger gewartet. Doch schon im Morgengrauen seid ihr gekommen. Von weitem hab ich euch gehört. Es hat geregnet. Mal stärker, mal schwächer. Ich kann mir vorstellen, dass es euch ganz recht war. Besser wie zu heiß. Aber die Menschen taten mir leid.

Zuerst noch ein Auto, doch dann kam schon der erste Junge. Gelbe Hose, rote Weste, Kappe auf dem Kopf. Gefolgt von „seinen“ Geissen. Weiße. Mit kleinen Glocken. Das war schon ein nettes Geräusch.

Aber dann kamt ihr. Die Ersten mit den großen Glocken um den Hals. So durchdringend, dass es im Herzen auch ganz sicher ankommt. Und Hörner tragt ihr. Alle. Was für ein Anblick! 

Hinter euch noch die Rinder, etwas sprunghafter, eben nicht so erfahren wie ihr. Einige tragen die Hornführer, dass ihre Hörner ja den richtigen Schwung bekommen.

Eine Träne läuft mir über die Wange.

Dazwischen Männer, wenig Frauen, alle in Tracht. Euch zu begleiten auf die Alp. Von weit her hab ich sie jodeln gehört was sich mit dem Klang eurer Glocken vermischt hat. Es ist eigentlich surreal.

Und dahinter kommt noch eine Rosskutsche, beladen mit einem Käskessi, welches so klein ist, dass es die großen Milchmengen, die ihr heute vermögt zu geben, überhaupt nicht mehr fassen würde. Und anderes Gerät, mehr fürs Auge als mit Sinn für diesen Sommer.

Schon seid ihr vorbei gezogen. Nur noch der Klang der Glocken zeugt von unserer Begegnung.

Nicht lange danach, dasselbe wieder. Insgesamt fünf Mal diesen Morgen. Zuerst der Bub mit den Geissen, dann die nächste Gruppe von euch. Wieder mit stolzen Hörnern. Dazwischen die bunten Menschen.

Und meine Träne.

Irgendwas rührt es an, dieses Bild, dieser Klang, im Morgengrauen.

„Sie [die Mühle] mahlt wieder. Die Zeit geht weiter“ so oder so ähnlich, ein Satz aus Krabat, geht mir durch den Kopf.

Sie laufen wieder, die Zeit geht weiter.

 

 

Um am Schluss noch die Romantik dieses Bildes noch etwas zu zerstören, hätte ich mir durchaus gewünscht, auch ein Mädchen an der Spitze zu sehen. Oder mehr Bäuerinnen dazwischen. Oder gar ein Mädchen in Jungentracht oder umgekehrt?

Aber immerhin hatten die Kühe Hörner!!!!

 

 

2 Kommentare:

  1. Hallo Eva, wenn du nächstes mal im Goldingertal vorbei ziehst, komme doch mal bei mir vorbei mit deinen Ochsen, kannst sie dann auf meine Weide lassen, habe auch drei Yakochsen, würde mich freuen. Lg Michael Hofmann

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