Sonntag, 28. August 2016

Max und Milan auf Reisen


Jetzt sind wir fast einen Monat zusammen unterwegs: Lothar, Piz und ich und eben Max und Milan.
Sie machen ihre Aufgabe so unglaublich gut und sind nach dieser kurzen Zeit absolute Profis in ihrem Job. Und der ist im Moment eigentlich nur: brav neben der Kutsche herzulaufen.
Niemals hätte ich zu träumen gewagt, dass es sich so unkompliziert reisen lässt mit noch zwei kleinen Ochsen dabei. Sonst hätte ich wohl schon früher an Nachwuchs gedacht. .. Aber woher hätt ichs wissen sollen?
Körperlich war es ja von Anfang an eigentlich kein Thema 5 bis 6 km zu laufen, doch die ganzen Bilder und Eindrücke und alles Neue will einfach auch von einem so jungen Hirn verarbeitet werden und das schaffte das Limit. Doch mittlerweile muss ich nicht einmal mehr die Position der Kleinen wechseln und keiner lässt sich mehr ziehen (ausser es ist zu eben und Lothar dadurch zu schnell). Milan geht meist vorne neben Lothar, weil er ihm einfach mehr zugetan ist und Max läuft direkt neben der Kutsche.

Gullideckel waren in den ersten Tagen das Allerallerschlimmste was einem kleinen Zugochsen begegnen konnte, doch mittlerweile wird einfach drüber oder gar drauf gestiegen. Durch unser erstes Dorf übelegte ich mir noch Hilfe zu holen um helfend hinter ihnen herzugehen, doch schlussendlich lief ich die ersten zwei Wochen hauptsächlich ohne Ortschaften und anschliessend war dann unser erstes grösseres Dorf mit «Innenstadt"bereich, vielen Autos, engen Häusern, Hauptverkehrstrasse und allem drum einfach nur problemlos. Beide liefen ausnahmslos super mit. Eigentlich unvorstellbar. Und das alles dank Lothar. Alleine hätte ich sie mit zwei Wochen Training niemals so ruhig durch eben diese Ortschaft bekommen. Dafür sprech ich einfach nicht genug kuhisch.
In allen Bereichen des Reisens haben sie sich gut eingelebt und betrachten es als ihre tägliche Routine.
Auf Waldwegen lass ich einen von ihnen dann auch frei laufen. Das ist natürlich sehr sehr spannend. Was es nicht alles zu fressen gibt! Und mal ganz ganz vorne laufen zu dürfen!
Eigentlich könnte ich jetzt schon auf einsamen Pfaden ziemlich loslassen weil ich weiss, dass es läuft. Wäre da nicht unser ewiges Schuhverlierproblem.
Natürlich brauchen die Kälbchen auch Schutz vor Abbrieb. Anfangs hab ich es ohne Schuhe probiert, doch das ging nicht. Und dann hab ich ihnen selber Schuhe gebastelt. Aus Traktorreifenschlauch und altem Gülleschlauch, doch so ausgereift ist das alles noch nicht. Zum einen gehen sie ständig kaputt und so bin ich täglich mindestens eine bis zwei Stunden am reparieren und zum anderen verlieren sie sie ständig. Ich bin stetig am Verbessern und so sind wir schon von «einen Schuh alle 500 Meter verlieren, zurückgehen, wieder anziehen» zu das selbe alle 1-2km. Doch weiss ich eben nie wann es passieren wird, weshalb ich ständig zurückschaue und zweimal schnell zähle: «eins, zwei, drei, vier». Denn in einem Schuh steckt so viele Stunden Arbeit, dass ich es mir nicht leisten kann einen für immer zu verlieren. Und mehr als ein paar Hundert Meter ist es auch lästig zurückzugehen und das Gespann derweil irgendwo angebunden zu haben. Wenn es denn grad sowas gibt.
Da bleibt nicht viel Zeit daszwischen zum Nichtdrandenken :-)

Ja, und noch eine Neue Sache gibt es, auf die ich lange gewartet habe. Lothar hat Max und Milan mehr oder weniger immer ignoriert, oder sie gar rumgescheucht. Aber seid gestern, da schleckt er Milan und widmet sich ihm ganz intensiv. So eine Freude. Für Lothar, weil er seine eigene Herde bekümmern kann, für Milan, der da schon sehr lange drauf gewartet hat und für mich.

Samstag, 20. August 2016

Geschichten vom Wegesrand


Für unser Vormittagspäuschen nach einem sehr frühen Start wähle ich uns einen schönen Platz im Wald. Zwar ohne Aussicht, doch ruhig, mit viel Schatten und ein bisschen Sonne. Ich binde Lothar an einen Baum am Waldesrand wo er grasen kann. Max und Milan bleiben an der Kutsche angebunden. Ich setzte mich in Halbschatten zwischen die Heidelbeeren und lehen mich an einen Baum. Ich höre, lausche und bin.

Doch was ich nach einiger Zeit höre gefällt mir nicht. Lothar tritt. Und wenn er tritt hat er in der Regel eines seiner Hinterbeine im Seil verheddert. Ich laufe schnell zu ihm, denn da zählt jede Sekunde, bevor das Seil hässliche Striemen am Bein hinterlässt. Piz eilt auch gleich zu Hilfe. Doch als ich bei Lothar bin ist sein Bein frei und trotzdem stimmt irgendwas nicht. Ich verstehs nicht. Lothar tritt immer wieder und ist im nächsten Moment panisch. Soll ich ihn losbinden? Aber in dieser Stimmung könnt ich ihn nie halten, er würde einfach das Weite suchen. Egal. Ich ziehe die Schlaufe um das Seil zu lösen. Währenddessen tut mir der Arm weh, egal...blöder Knoten...geh auf...und wieder ein Stich und Schmerzen, jetzt in der Schulter. Ich schaue auf und realisiere, dass das, was ich für Fliegen und Bremsen hielt, das ganze Gesumme um uns herum, einfach nur wahnsinnig viele Wespen sind. Und noch ein Stich und noch ein Stich....ich nehm die Beine in die Hand und laufe so schnell ich kann weg. Höre es summen hinter mir. Noch ein Stich. Nehme meine Hut, schlage um mich. Kurz stehen bleiben. Hochschauen. Und da kreisen sie noch über mir und sausen wieder hinab. Und noch ein Stich, noch ein Stich. Ein kurzer Gedanke über Lothar, wo er wohl hinrennt? Ob ich ihn wohl wiederfinden werde? Mit mir rennt Piz sich konstant beissend und winselnd und rollend und mich immer wieder hilfesuchend anschauend. Und weiter weiter den Weg entlang. Wieder stehen bleiben. Die letzten zwei Wespen lassen von mir ab. Piz kommt auf mich zugerannt ihr ehemals krankes Bein so hebend, als wärs wieder verbunden. Völlig durcheinander.
Zweimal tief durchatmen und dann ruhig aber zügig zurück zur Kutsche. Max und Milan schauen nur ein bisschen verdutzt aus ihren schwarzen Augen, sie sind ok. Und Lothar?

Der arme Kerl, er konnte nicht wegrennen! Das Seil hatte sich bei der vorhergehenden Panik zusammen mit Farn und sonstigem Grünzeug am Baum verknotet und ihn an Ort und Stelle bleiben lassen. Und über ihn, um ihn, unter ihm: Wespen.
Also Hose runterkrempeln, Jacke aus der Kutsche holen und bis zum Kragen zumachen, Hut auf. Und durchatmen, durchatmen. Energie runterfahren, nicht aufregen, sonst sind die nächsten Stiche vorprogrammiert. Langsam gehe ich zu Lothar der nur noch steht und sich nicht mehr wehrt. Das Seil ist so verknotet und wespenumflogen, dass ich ihn wieder auf die Gefahr hin, dass er einfach nur das Weite sucht sobald er los ist, vom Karabiner löse. Doch er lässt sich ganz ruhig wegführen und erstmal um Zugstrang notdürftig anbinden.

Da steht Lothar einfach nur. Kein Schlagen nach Fliegen. Kein Schlagen nach mir also ich ihn untersuche. Er steht einfach nur.  Wespen hängen noch um seinen Hornansatz, an seinem Ohr, an seinem Bauch. Ich schlage sie weg.
Kurz überlege ich das Führseil dort zurückzulassen, doch dafür ist es zu wertvoll, also gehe ich wieder zurück und bete nicht noch mehr Stiche abzubekommen. Aber scheints haben sich die Wespen beruhigt. Sie fliegen zwar noch wild umher, aber haben keine Lust mehr auf Angriff, oder schon alles Gift an Lothar verbraucht und lassen zu, dass ich mit langsamen Bewegungen das Seil löse.
Bei Lothar schwellen unterdessen die Stiche an. Überall auf seinem Körper bilden sich Hügel. Überall. Was kann ich tun? Das einzige was mir einfällt, was ich dabei habe, ist Apfelessig und so wasche ich alle Stiche mit Essig ab. Ziehe noch ein paar Stachel raus, die ich dachte, dass Wespen gar nicht verlieren können. Ziehe die letzten Wespen weg und warte und schaue mir Lothar an. Dann mache ich das selbe bei Piz und bei mir. Piz hats haupsächlich oben an den Vorderbeinen und an der Brust erwischt und sie hebt ganz komisch den Kopf. Beissen tut sie sich am ganzen Körper. Ich glaub, die zwei hats am Schlimmsten erwischt.
Nach dem mir nichts besseres einfällt als uns ne Wiese zu suchen spanne ich Lothar ein und wir laufen weiter. Lothar bleibt die ganze Zeit so ruhig. Aber Piz humpelt und beisst sich und läuft Schlangenlinien.
Nach einem Kilometer kommt schon ein Hof. Und dort bekommen wir alle sofort erste Hilfe in Form von Wiese, Schatten, Wasser und Apiskügelchen gegen Stiche. Lothar geht es einigermassen gut dafür wie viele Stiche er abbekommen hat. Wir alle machen aber erstmal nichts anders als schlafen, schlafen, schlafen.

Donnerstag, 11. August 2016

Lothi und sein Bein

Als ich aus Ungarn zurückgekommen bin und mit Lothar zu den Kälbchen lief, fing er ziemlich plötzlich wieder an ganz schlecht zu laufen. Wie im Frühjahr.
Er verlagert sein Gewicht auf die Vorderbeine und eiert hinten auf den beiden Beinen, aber hauptsächlich links.
Jetzt ist aber Lothar die eineinhalb Monate, in denen ich in Ungarn war, nicht nur einfach rumgestanden, wie er es im Winter gerne macht, sondern war e bei zwei jungen Kuhdamen auf einer Wiese. Er musste sich also für sein Essen bewegen und für die Aufmerksamkeit seiner Herde.
Und trotzdem....

Gut ist, dass ich in diesen Tagen ja wieder Station bin. Denn die Tierpflegerin, bei der Lothar ja schon über den Winter gewesen war, ist mir eine grosse Hilfe. Nicht nur beim Hinschauen auf die Beine und Spritze geben, sondern auch beim Austauschen und Wiederspiegeln z.T nicht gern wargenommener Dinge, wie z.B. dass das nichts Neues ist mit Lothar, sondern dass er letzten Herbst schon schlecht lief. Und je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr muss ich mir auch eingestehen, dass sie da nicht ganz unrecht hat.
Um es mit Lothar überhaupt zu wagen loszulaufen, dafür musste ich seine Fehlstellung hinten links einfach als gegeben ansehen und nicht als «Huch-da-muss-ich-aufpassen». Wenn er enge Wendungen gemacht hat, dann hat mans eigentlich immer gesehen. Und manchmal auch beim Laufen. Und da die Arthrose ja jetzt gerade an dem Bein - verständlicherweise - ihre Angriffsfläche gefunden hat, habe ich da einfach ziemlich lange alles unter «Fehlstellung» abgetan.

Ja und jetzt stehen wir wieder da. Mit einem Lothar der nicht laufen kann. Ich Hinterwäldlerin dachte schon, ich müsse vielleicht mit ihm mal bei einer Tierklinik vorbeilaufen um ihn röntgen zu lassen, doch hat - wie sich herausstellte - sogar der örtliche Tierarzt hier ein mobiles Röntgengerät und so waren zwei Tage später die Bilder gemacht.



Das Ergebnis: keine Rehe, wie der Tierarzt aufgrund der extrem sensiblen Klauen vermutete, sondern Schale am Klauenbein. Eine Schale sind durch Knochenhautreizungen hervorgerufene Knochenzubildungen, über die dann z.B. Sehnen schaben können und so die Schmerzen entstehen.
Und wenn ich alles richtig verstanden habe, dann ist seine «gesunde» Klaue mehr betroffen, als seine Rollklaue.




Jetzt weiss ich also wo es ist und was es ist und kann da gezielt versuchen zu behandeln.
Der Tierarzt hat erstmal Entzündungshemmer zum spritzen gegeben und dagelassen. Lothi und Spritzen. Keine ungefährliche Angelegenheit. Ich habs mit Überrumpeln probiert, was beim Tierarzt einmal funktioniert hat. Aber eben nur das eine Mal. Bei mir war er dann schon schlauer. Ich bin dann dazu übergegangen es ihm ganz klar zu zeigen und ihn in die Schulter zu spritzen, nicht in Hintern. Da sind die Hinterbeine zu nah....
Dauerhaft ist das keine Lösung, doch hat es aus der akuten Phase rausgeholfen. Und jetzt kann ich weiterdocktern: mit Traumeel, Teufelskralle, Glucosamin und Schwefel.....mal schauen. Mittlerweile ist meine Kutsche ausgemistet und alles was ich nicht oft brauche hat den Weg zu meiner Mutter angetreten. Um Lothar zu entlasten Auch meine geliebte Werkzeugkiste.... Dafür hab ich jetzt eine neue Kiste drauf: mit Tabletten, Pulvern, Tinkturen...

Jetzt, nachdem nochmal zwei Wochen vergangen sind, springt er tatsächlich wieder über die Wiese. Nicht mehr so galant (naja galant konnte man Lothar noch nie nennen) wie früher, aber er springt wieder. Und deshalb wage ich es auch weiterzuziehen. Rumstehen ist ja nichts für so ein Bein und mehr als 5 km am Tag packen Max und Milan ja eh nicht.

So unbedarft wie im Frühjahr, wo ich wirklich dachte, bis zum nächsten Winter haben wir wieder unsere Ruh... so bin ich nicht mehr. Und manchmal packt und überkommt es mich, dass es für Lothar vielleicht doch bald vorbei ist. Wenn ich das Gefühl habe, es wird grenzwertig.
Und dann kralle ich mich an unsere Reise und möchte sie festhalten. Ist es doch das einzige was ich tun möchte. Bis mir fast übel wird.

Scheints habe ich aus den letzten Jahren wieder keine Lehre gezogen. Muss wieder lernen: Dass ich auch da loslassen muss. Nicht greiffen darf. Und offen bleibe. Und vertrauensvoll.

Sonntag, 7. August 2016

Drei Ochsen, ein Hund, eine Frau. Eine Reise

Jetzt hab ich lang nichts mehr von mir hören lassen. Entschuldigung.

 


Drei Ochsen, ein Hund, eine Frau sind auf reisen. Ganz neu. Ganz aufregend. Ganz langsam. Vielversprechnend.
Es ist Anfang August, doch eigentlich fühlt es sich an wie Frühling, denn schliesslich liegt der Start erst ein paar Tage zurück. Verwunderlich, wie gross die Äpfel dieses Frühjahr an den Bäumen schon hängen. Zu Lothars Freude.
Jetzt grast ein grosser schwarzweisser Ochse in einem Zaun und daneben zwei kleine graue Ochsen. Nur ein paar Tage lang, bis sicher ist, dass Lothar die beiden auch auf kleinem Areal akzeptiert.
Jetzt werden in der früh drei Ochsen vorbereitet und 12 Beine gehoben und konrtrolliert. Es sind 8 Schuhe anzuziehen. Und es wird viel mehr Wasser geschleppt. Rechts an Lothars Seite angebunden an der Deichsel geht ein kleiner grauer Ochse und dahinter noch einer. Doch die vielen Eindrücke beim Laufen neben der Kutsche sind für die kleinen unerfahrenen Köpfe noch so erschöpfend, dass sie sich, wenn ihre Gedankenkraft aufgebraucht ist, ziehen lassen und deshalb werden noch nach einer einstündigen Pause Plätze gewechselt. Von vorn nach hinten, von hinten nach vonre oder ganz nach hinten, hinter die Kutsche. Da muss dann wieder neu gedacht werden und es wird wieder selber gelaufen.
Auch die Aufmerksamkeitskraft der Frau wird hart auf die Probe gestellt. So viel Überblick muss gehalten werden. Was macht der grosse Ochse, laufen die Kleinen, lassen sie sich ziehen, könnten sie vor was speziell Angst haben?
Da entschwindet der Hund mal schnell aus dem Aufmerksamkeitskreis und geht seine eigenen Wege. Gott sei Dank ist sie erfahren genug.
Es geht weiter!!!

 

Freitag, 22. Juli 2016

Eine Herde


Lothar war ja wieder ein Herdenlothar während ich in Ungarn war. Keine Arbeit, nette Kuhgesellschaft und viel Gras. Als ich ihn dann wieder von der Wiese holte lief er brav mit, doch es war eben wieder eine Trennung von einer Herde, was sich abends durch Unruhe und Stressfressen zeigte. Eine Situation, durch die er jedes Frühjahr durch muss. 
Diesmal konnte ich ihm aber sagen, dass er von jetzt an seine eigen Herde hat. Dass er nie mehr sich eine fremde Herde «ausleihen» muss über den Winter, um diesem Teil seiner selbst auch gerecht zu werden, sondern dass er von jetzt an immer seine eigene mit dabei hat, egal wo er ist.

Der erste Kontakt zwischen Lothar, Max und Milan verlief unspektakulär. Kurzes Riechen aneinander, doch dann war das Heu wieder wichtiger für Lothar als die neue Herde. Milan, der mutigere der beiden Kleinen wagte auch zu schnüffeln von der Seite, doch ein leichtes anheben des Hinterbeins von Lothar hat genügte, wieder den nötigen Abstand zu bekommen. Mehr Aufmerksamkeit als diese bekamen Max und Milan nicht in den ersten Tagen. Ich nehme mal an, dass das ganz normale Herdenstruktur ist, dass die kleinen zu unwesentlich sind im GrossenGanzen, um beachtet zu werden. Doch ganz stimmt das auch nicht, denn wenn ich die Beiden mal ohne ihn von der Wiese nehme, dann gibts ein grosses Gemuhe!


Max und Milan sind von ihrem Wesen her ziemlich dominant anderen Kühen gegenüber. Die zwei Rinder, mit denen sie zuerst auf der Weide waren, beide doppelt so alt wie sie, wurden von den kleinen Kerlen schön durch die Gegend gejagt. Und auch Milan habe ich schon gesehen, wie er ganz ruhig liegen blieb und Lothar über sich drüber steigen liess, anstatt aufzustehen und auszuweichen. Sehr untypisch für den Altersunterschied und den kurzen Zeitraum, den sie erst zusammen sind.

Von jetzt an gibts also ein Training zu dritt. Für Max und Milan steht jetzt an zu lernen neben oder hinter der Kutsche zu laufen, weder vor ihr, noch der Plane, noch vor Verkehr Angst zu haben. Und für Lothar? Auch er muss lernen, dass nicht jedes Kommando ihm gilt und dass er viel von der leeren Kutsche aus gelenkt wird, denn nur da hab ich den Überblick.


Dienstag, 19. Juli 2016

Wir sind da! Wir sind in Deutschland! Es ist geschafft!!

Auf einmal wars .....naja «leicht» ist übertrieben....sagen wir mal «möglich». Montag morgen kam mal wieder eine Absage vom Blutinstitut, dass es doch nicht möglich ist eine Vorrechnung zu bekommen (was heissen würde, dass es in Ungarn nicht möglich ist eine Blutuntersuchung innerhalb eines von der EU vorgeschriebenen Zeitraums zu bekommen). Doch am Nachmittag war sie dann doch plötzlich in meinem Posteingang und so schnell wies ging bezahlt und eine Email mit deren Bestätigung zurück auf dem Weg zum Blutinstitut.
Dann am Dienstag noch ein letztes mal WARTEN auf die Ergebnisse. Pessimistis eingestellt von all den vorhergehenden Wochen wollte ich nicht zu viel hoffen, doch Mittags waren sie da! Und - natürlich auch wichtig - alle mit negativem Ergebnis. Und dann gings  mit ihnen zum ersehnten Termin zum Amtstierarzt. Dieser quälte sich 1 1/2 Stunden mit den innereuropäischen Transportpapieren, wobei er auf sie bezogene Kommentare von sich gab, die lieber unübersetzt bleiben. Vor mir auf dem Tisch stand währendessen die ganze Zeit der Stempel, auf den es sowohl in den Tracespapieren, also auch in den Zirkuspapieren ankommt. Wie idiotisch, dass schlussendlich alles auf einem Stempel beruht. Zu gerne hätte ich ihn eingesteckt!!
Und dann, endlich, hatte ich das in der Hand wofür ich 2 1/2 Monate gewartet hatte: die Traces Zeugnisse und den EUROPÄISCHEN ZIRKUS UND DRESSURTIERAUSWEIS! Das bedeutet, dass sie völlig legal nach Deutschland eingeführt werden dürfen und dort und in den anderen europäischen Ländern reisen dürfen. Mein Freischein für die Zukunft sozusagen.
Vor dem Büro kam dann der erste Schwall der Erleichterung! Denn ohne diese zwei Papiere wär nichts gegangen.

Viel Zeit zum feiern blieb mir nicht, denn abends war schon der Transport angesetzt. Ich hatte zwar vormittags schon vorgepackt um das Warten zu überbrücken, doch blieb noch genug zurück. Die Kälbchen wurden dann vor aufziehenden gigantischen Gewitterwolken um Mitternacht verladen. Und waren Nachmittags um 4 in Deutschland!
Und ich nur eine Stunde später nachdem ich gleich nach ihnen losgefahren war aber ohne Schlaf nicht durchgehalten hatte.
Wir waren da, wir waren draussen, wir waren in Deutschland!!

Mein grosser Dank geht an den Transporteur Bela, der uns immer aufgefordert hat weiter und weiter und weiter zu probieren, sozusagen über die Ohnmacht hinaus zu arbeiten. Adrienn, der Tierärztin, für ihre Hilfe bei den Papieren und den Blutuntersuchungen und Bo, der mich so oft wieder aufgebaut hat mit seinen nicht enden wollenden Ideen was wir noch probieren könnten.

Also hier sind wir: Lothar, Max, Milan, Piz und Eva mit grosser Freude auf die Zukunft!

Willkommen in Deutschland ihr Zwei!



Im Nachhinein finde ich es ziemlich gruselig, wie schlecht es mir die letzten zwei Wochen in Ungarn ging und die Dimensionen der Erleichterung, als sie endlich in Deutschland waren. Die ganzen Gefühle waren so über übermächtig.
Auch ich kenne mich so nicht.
Nachdem ich die Kälbchen gut angekommen wusste, mich ausgeschlafen hatte und wieder zu Lothar bin um mit ihm die zwei Tage zu Max und Milan zu laufen, habe ich mir erstmal ein Feuer gemacht, mich von oben bis unten gewaschen und mich nachher mit einem Kaffee hingesetzt und in den Schwarzwald geschaut. Mit all dem drumherum: Lothar, der Kutsche, dem Zelt, dem Feuer, dem Panorama, der Still wusste ich wieder: Ja, DAS bin ICH.

Montag, 11. Juli 2016

Total fertig. Am Ende meiner Kräfte. Einfach nichts nichts nichts funktioniert. Egal was ich angehe in Sachen Transport verläuft ins Leere.
Was die Menschen sagen ist so oft entweder gelogen, oder Unwissenheit als Wahrheit ausgegeben. Auch wenn sie mir Sachen verprechen und ich extra 3 Stunden dafür hinfahre verpufft alles ins Leere und hinterlässt in mir eine Leere. Das Warten, die Unsicherheit, das ewige Hin und Her und dann doch nicht..., das viele Versuchen, der Zeitdruck und ich bin noch nicht mal nah am Ziel. Auf jeden Schritt Richtung Transport folgen zwei zurück. Wieder jemand abgesprungen, wieder jemand die falsche Information gegeben.
Ich vertrag das nicht. Ich bin nicht gebaut für so ein Leben wo ich von so vielen abhängig bin. Ich bin gebaut für ein ruhiges Leben, draussen und unterwegs mit meinem Ochsen.
Ich verstehs nicht, kanns mir nicht erklären und das Leben erklärts mir auch grad nicht.

Scheints hab ich mich irgendwo verloren. Am Besten geh ich mich erstmal suchen....

Donnerstag, 30. Juni 2016

Auszug aus dem Kälbertagebuch III


Tag 11:
Nachdem das mit dem Zaun so gut funktioniert, nehme ich jetzt einem Kälbchen alles ab. Zum ersten mal ist einer immer komplett frei. Da schaun sie gleich anders aus. Um das Einfangen nicht unter Stress laufen zu lassen, nehme ich zwar die Stricke in die Hand die es braucht. Streichle aber erst mal  beide. Dann mache ich ganz ruhig den Kälbersrtick um den Hals und mach dann wieder ganz was anderes. Dann erst das Halfter. .Auch wenn das Kälbchen wieder fertig angezogen ist führe ichs nicht gleich weg, sondern streichle noch weiter. Dann erst führe ich ihn zum Anbinden. Das klappt eigentlich sehr gut.
Tag 12:
Laufe zuerst mit Milan, dann mit Max. Dann zusammen. Zusammen sind wir ein sehr weites Stück gelaufen, fast bis zur Quelle. Auf dem Rückweg wollte Max auf einmal nicht mehr laufen. Milan zuerst noch, doch dann auch nicht mehr. Hab Max mit der Peitsche auf den Hintern gehaut, das hat er verstanden, doch nur für ein paar Schritte. Blöde Situation. Als sie wieder mal standen haben beide angefangen zu Pinkeln. War das der Grund? Doch auch danach bekomme ich Max nur mühsam zum laufen. Kein guter Trainingstag. Ich habe auch danach das Gefühl, als wäre Max wie aus einer Hülle herausgefallen, die er sonst um sich herum hatte. Auch bei Milan war das so. Sie waren einfach nicht mehr so ruhig und ausgeglichen. Wieso?
Tag 13/14:
Hab Besuch, also werden sie nur getränkt. Vor allen anderen Menschen haben sie Angst. Der Besuch hat Max die Falsche gegeben, der hat sich aber nur mit meiner Hilfe trinken getraut.
Tag 15:
 Laufe zuerst mit Milan. Sehr zäh. Dann mit Max, der einen besseren Tag hat, aber auch schon besser lief. Nachher zusammen. Das ging sehr gut, doch Milan ist in der Regel viel schneller als Max. Dann kam wieder die Situation: Einspreizen bei Max, nix geht mehr. Woher kommt das? Ein paar Mal hintereinander musste ich ihm mit der Peitsche eines auf den Hintern geben. Dann hat sich Gott sei Dank der Knoten irgendwie gelegt. Ganz wichtig: er hat verstanden was die Peitsche ihm sagen wollte.
Dass nur einer angebunden ist  funktioniert sehr gut. Bisher ist noch keiner weggelaufen vor dem Anbinden. Auch beim Anbinden hat noch keiner gezogen um wegzukommen. Darüber bin ich froh, weil ich noch nicht weiss, wie ich reagieren sollte würden sie versuchen wegzulaufen.
Tag 16.
Alleine laufen sehr mühsam. Zusammen laufen sie schnell. Einer, meist Milan ist immer schneller, das machts mühsam. Entweder einen STÄNDIG stoppen oder den anderen STÄNDIG auffordern schneller zu laufen? Was ist, wenn sich das immer so sein wird, wenn ich zwei Ochsen habe, die in ihrem Tempo grundverschieden sind?
Tag 17:
Jetzt ist offensichtlich, dass sie nur mehr lieber zu zweit laufen, als alleine. Vorher war ich als «Mutter» immer noch genug Ersatz, doch das zählt nicht mehr. Alleine ists jetzt wirklich mühsam. Zwei Schritt gehen, stehen, auffordern, zwei Schritte gehen, stehen....
Es fängt auch langsam an, dass ihr Grundvertrauen nicht mehr so da ist, ihr eigebettet sein in alles. Dadurch gibt es aber auch ein getrenntsein von mir und zum ersten Mal irgenwei ein Misstrauen auch. Schade.
Jetzt haben sies beide geschnallt, dass ein leichtes Peitschentippen am Hintern eine Bewegung nach vorne verursachen soll.
Es stimmt, dass Milan beim weggehen immer die Nase vorne hat, aber Max dafür auch manchmal beim Nachhause gehen. Also sind sie vielleicht doch nicht so grundverschieden.
Villeicht sollte ich mal lange mit ihnen gehen um zu sehen wie sie laufen, wenn sie müde werden? Aber überreizen darf ich auch nichts, denn was mach ich, wenn sie unterwegs irgendwann einfach keine Lust mehr haben?

Wenn sie so schnell sind zu zweit, wie soll ich damit umgehen? Sie ständig zurückhalten, auf die Nase klopfen und ständig «langsam, langsam» sagen?

Ich fange an mir der Beinarbeit. Auf Befehl"gib» möchte ich, dass sie ein bisschen das Gewicht weg von dem Bein nehmen, und dann lob ich.
Heute hat sich Milan zum ersten mal nicht ganz ohne Meckern das Halfter anziehen lassen. Er fängt schon an sein Horn ein bisschen einzusetzten.
Tag 18:
Heute laufe ich zweimal um zu schaun, wie sie laufen wenn sie müde werden.
Morgens waren sie wieder sehr sehr schnell, Milan vorran,  doch auf dem Rückweg sind sie ziemlich gemächlich gegangen. Ich korregiere, mache aber nicht zu viel, um sie nicht zu demotivieren.
In den seltensten Fällen laufen sie Nase auf Nase, doch wenn sies tun dann bekommen sie gleich ein gehöriges Lob.
Am Nachmittag waren sie von Anfang an nicht schnell und waren ein gutes Stück hinter mir. Oft konnte ich ganz entspannt vorne weg laufen, ohne auf sie zu achten. Das ist ein grosser Erfolg!
Eigentlich sind sie sehr interessiert an allem  würden gerne an allem riechen, doch eigentlich scheuche ich sie immer weiter. Bin mir nicht sicher, ob das die richtige Lösung ist, denn vielleicht verderbe ich ihnen dann die Freude, wenn sie nie schnüfflen dürfen? Andererseits weiss ich halt von Lothar, dass wenn ich ihn anfangen lasse was zu machen, dass es sich dann von selber ausweitet.
Ich fange auch an Max und Milan zu tauschen, damit sie sich nicht auf einen Platz gedanklich einfahren.
Beine heben üben wir jetzt täglich.
Manchmal merke ich schon, v.a. bei Milan, dass er auf das Stimmsignal schon regiert, ihn kann man besser lenken und Geschwindigkeiten verändern. Max ist eher einer der ist wie er ist, da kann man nicht viel ändern.
Tag 19.
Heute hatt ich nicht viel Zeit, deshalb bin ich mit ihnen nur zu den grossen Ochsen runter gelaufen. So schön sind sie gelaufen! Langsam und ruhig und ungestresst. Unten habe ich sie dann nur die ganze Zeit angebunden gelassen, damit sie dies als Übung hatten: an einem eher fremden Ort länger angebunden zu sein. Anfangs wars schon aufregend, doch als ich von der Zaunkontrolle wiederkam standen sie ganz entspannt. Abends hab ich dann zum ersten Mal alle beide frei laufen lassen. Erst gegen Mitternacht haben sies verstanden und sind rumgesprungen.
Ich finde es ein gutes Zeichen zu sehen, dass sie nicht von mir davon laufen, wenn ich mit den Seilen komme. Der Kälberstrick ist ihnen ziemlich wurst. Das Halfter haben sie nicht ganz so gerne, das merkt man, aber sie wehren sich nicht, in dem sie weglaufen wollen, sondern eher im Kopfverrenken.

Dienstag, 28. Juni 2016

Bilanz

Ich habe die Rinderpässe der Kälbchen zugeschickt bekommen. Da stand als Rasse drauf: Bison, also habe ich sie wieder zurückgegeben. Mit der dringlichen Bitte  versehen um schnelle Korrektur. Das haben sie sogar gemacht, nur mir nicht Bescheid gegeben, dass die neuen Papiere zur Abholung bereit sind.
Auf den neuen Papieren stand dann, dass sie gefleckt sind, was bei einem einfarbigen Tier nicht der Wahrheit entspricht. Das ist mir aber jetzt auch schon egal.
Als wir mit den Ohrmarken, die ich mit den Papieren bekommen habe, Max und Milan verschönern wollen, fehlt ein Teil einer Ohrmarke von Max. Also wieder Telefon in die Hand und Ersatz bestellen.
Zweimal mache ich beim Amtstierarzt einen Termin für die Zirkuspapiere. Nach halbstündiger Anreise finde ich ihn jeweils nicht vor. «Er hat dringend weg müssen»
Am Telefon möchte ich dann aber immerhin abklären, was ich von ungarischer Amtsseite her alles für Blutuntersuchungen und Papiere brauche für den Transport. Die Antwort: «Da müssen sie [also ich, Eva] die deutschen Behörden anrufen, um herauszufinden was sie wollen»
Das hinterlässt in mehrerer Hinsicht einen komischen Geschmack im Mund: Seid wann braucht es die Vermittlung einer Privatperson in innereuropäischen Tiertransportangelegenheiten, haben die das noch nie gemacht und wie bindend ist das von mir regergierte Ergebnis? Und hat mir nicht erst ein dt. Amtstierarzt  gesagt:» Die Ungarn wissen schon was sie tun müssen und wenn diese die Traces Papiere ausgefüllt haben und ihren Stempel drunter gesetzt haben, dann können sie dt. Amtsärzte eh nichts mehr machen.» ?

Die Zeit in Ungarn ist wirklich schön und gut und macht in vielerlei Hinsicht Sinn, doch wenn ich an die ganzen Sachen denke, die von offizieller Seite in einem gewissen kurzen Zeitrahmen noch erledigt sein müssen, damit ich überhaupt transportieren darf, dann wird mir manchmal ganz übel.
Der «Wurstigkeitsfaktor» der ungarischen Behörden ist durchaus bemerkenswert und manchmal scheint bei einem Gespräch mit einem Stein mehr herauszukommen.
Grumml...

Montag, 13. Juni 2016

Auszug aus dem Kälbertagebuch I:


Max und Milan. Es ist spannend und herausvordernd den Weg ZWEIER kleiner Ochsen zu begleiten. Bei allem was ich mit ihnen mache bin ich dankbar für jede Minute, die ich mit Lothar zusammen war und für die viele Zeit in den Kuhställen. Alles zahlt sich aus. Jede Kuh, jeder Ochse den ich schon am Halfter hatte trägt zu ihrer Ausbildung bei.
So bin ich einigermassen ruhig mit ihnen und wenig im Kopf nachdenkend und konsequent. Trotzdem werd ich wohl viele Fehler machen. Damit ich meine Schritte auch später noch nachvollziehen kann, habe ich angefangen ein Kälbertagebuch zu führen. Das werde ich in Auszügen hier veröffentlichen. Hier noch von den Anfängen:

Tag 1: Vormittags holen wir die Kälbchen. (...) Mit dem Kälberstrick versehen kommen sie ins Auto. Dort sind sie erstaunlich ruhig die ganze Fahrt. Beim Ausladen springt Milan wild umher. Er ist schon so stark, dass ich ihn allein kaum zu halten vermag. Zu  zweit kriegen wir ihn schliesslich unter Kontrolle. Dabei ist er ja erst zwei Monate alt! (...)

Sie werden nun mit dem Kälberstrick angebunden und das wird auch erstmal für die nächsten Tage so bleiben. Beide sind sehr wild. Kennen keinen Elektrozaun.

Zusätzlich zum Strick mache ich ihnen ein Halfter dran und führe den  Kälberstrick durch dessen Schlaufe. So kann der Kälberstrick sich nicht mehr drehen und der Kopf nicht mehr rausrutschen. Im Kälberstrick wird ein Dreher eingebaut, da sich sonst das Seil in sich verdreht, wenn sie darüber steigen.
Milan mit Halfter, Kälberstrick und metallenem "Dreher", da ist er aber schon 3 Monate alt, also kein "kleines Kälbchen" mehr

Arme Kerle.
Es tut im Herzen weh zu sehen, wie ein Tier, welches bisher nur die Freiheit kannt auf einmal angebunden sein muss. Mit nur kleinem Radius. Und von der Mutter getrennt. Da kann ich mir nur vorbeten, dass das der Preis dafür ist, dass sie nicht mit 8 Monaten beim Schlachter landen.
Max und Milan, gerade mal eine Stunde an ihrem neuen Platz. Noch geschockt.

Ich lasse sie in Ruhe.
Sie haben genug neues zum Verdauen. Und auch so kann ihnen die menschliche Anwesenheit noch nichts Postives bringen. Nun müssen sie erstmal lernen was es heisst angebunden zu sein, nur mehr zu Zweit zu sein und unter Menschen.
Abends versuchen wir Max und Milan zum ersten mal zu Tränken. Es braucht zwei Menschen, denn sobald man hinkommt springen sie wild umher. Und natürlich wissen sie noch nicht, dass aus der weissen Flasche was Gutes für sie kommt. Deshalb trinken sie nicht. Was anderes war nicht zu erwarten. (...) Max trinkt einen Liter, zuerst gezwungen, dann freiwillig. Milan wird zu knapp einem Liter gezwungen. Ein Liter ist nicht genug zum wachsen, aber erhält erstmal den Körper, bis der genug hungrig ist um zu verstehen, dass das, was aus der Flasche kommt gut ist.

Tag 2: Max trinkt nach anfänglichem Zwang wieder selber, Milan noch nicht. Wieder nur ein Liter. Danach lass ich sie wieder komplett in Ruhe. Bin aber periphär präsent.
Mittags trinkt Milan zum ersten mal nach anfänglicher Zwangsphase 1 Liter. Max muss es nur noch in Mund reingetan werden, dann trinkt er 1 1 /2 Liter.
Abends: Tränke ich das erstes mal alleine, ohne Hilfe..Max kommt schon zu mir zum trinken. Milan muss noch ein bisschen aufgefordert werden.
Trotzdem bin ich sehr glücklich und erstaunt. Das Tränken habe ich mir schwieriger vorgestellt. Bei einem Kälbchen, welches 2 Monate bei der Mutter war und schon Gras frisst, kann es sich auch als unmöglich herausstellen, es auf Flasche umzustellen. 

Tag 3: Max und Milan trinken alleine bis zu 3 Liter drei mal am Tag. Sonst werden sie aber noch alleine gelassen. Sie springen noch viel umher, wenn man ihnen zu nahe kommt.

Tag 4. Ich fahr nach Deutschland für 20 Tage. In dieser Zeit tränkt ein Freund sie dreimal am Tag für zwei Wochen, danach gibt er ihnen nur zweimal je 3 Liter. Dafür bietet er ihnen Mittags wenns heiss ist Wasser im Eimer an, welches sie annehmen. Ab der zweiten Woche werden Max und Milan draussen angepflockt, dafür wird am Kälberstrick ein 6 Meter langes Seil befestigt. Sie springen viel, doch lernen sie schnell nicht ins Seil reinzulaufen. Endlich wieder mehr Freiheit!
Insgesamt bin ich überaus positiv überrascht von der Intelligenz dieser Rasse!

Dienstag, 7. Juni 2016

Ungarn


Nie hätte ich gedacht jemals wieder in diesem Land zu leben. Doch hier sind wir, Piz und ich. Und das für einige Wochen.
Alles ist noch so bekannt. Die Bäume, die Dörfer, die Landschaft, manchmal scheint mir sogar jeder Grashalm bekannt und jedes Schlagloch.
Doch bin ich nicht in «meinem» Dorf, welches direkt im Dreiländereck Österreich, Slowenien, Ungarn liegt, sondern 20 Minuten mit dem Auto von dort entfernt. Dort lebe ich jetzt bei einer Tanya, das ist eine dem Dorf ausgelagerte Landwirtschaft. Die Menschen, die dort eigentlich wohnen, sind nicht da und freuen sich, wenn jemand dort lebt und die Tiere versorgt.
Nichts hat mich ihr Haus gezogen und so habe ich mein Zelt ein bisschen entfernt unter einem Dach aufgestellt, welches von einem Holzzaun umgeben ist. Dieses Zaunes wegen bin ich dort hingezogen, denn die Ziegen der Tanya laufen frei herum und Ziegen sind interessiert an allem und steigen gerne auf Dinge herauf. Und sie respektieren keinen Elektorzaun. Am liebsten hätte ich mein Camp einfach unter einem Baum  aufgeschlagen in der vielen Landaschaft die es hier runderhum gibt. Doch ein heiles Zelt ist mir wichtiger und eigentlich ist so ein Dach auch nicht unpraktisch für mein ganzes Zeug was ich dabei hab. Fast den ganzen Kutscheninhalt habe ich mit hierher gebracht. Denn alles ist irgendwie praktisch für ein Leben draussen.
Vor dem Dach habe ich meine neuen Familienmitglieder angebunden, die Kälbchen und es brennt ein Feuer.
Morgens und Abends melke ich die Ziegen, lasse die Hühner raus oder rein und füttere den Hund.
Über die viele Ziegenmilch freuen sich meine Kälbchen. Denn das schmeckt besser wie Milchpulver. Und ich gehe in den Garten.
Das Leben hier ähnelt schon sehr meiner früheren Zeit in Ungarn. Damals hab ich eigentlich das selbe getan als jetzt und so fühlt ich mich schon sehr an diese Zeit erinnert. Gerne hab ich diese Arbeiten schon früher gemacht, nur dass ich noch lieber mit Lothar reise.
Wärmer ists hier schon als in Deutschland und es regnet weniger wie den Frühling in Süddeutschland. Und es riecht überall so schön und den Kuckuck, den ich dieses Frühjahr dort im Schwarzwald so vermisst habe, hör ich auch täglich.
Eigentlich dachte ich, dass ich hier erstmal nicht mehr tun werde, als die Natur und meine Kälbchen geniessen, doch schon kommt hier eine Baustelle und dort eine Baustelle...Es freut mich wenn ich meinen alten NachbarInnen und FreundInnen etwas helfen kann und den Kontakten neues Leben geben kann.

Samstag, 28. Mai 2016

So sei es!


Es soll nicht sein.
In diesem Jahr spricht alles für ein «Mehroderwenigerbleiben». kein Zeichen des Lebens zeigt auf: weiter.

Angefangen hat alles schon am ersten Tag: Lothars und seine Schmerzen in den Beinen und den damit verbunden Verunsicherungen, Sorgen, Training, Gedanken....

Einher ging diese Zeit mit einer einfachen Blutuntersuchung Lothars, die eigentlich maximal 1 Woche dauern sollte, ohne die ich aber den Landkreis nicht verlassen durfte. Schlussendlich hatte ich die Ergebnisse nach viel Ärger und 1 1/2 Monaten Wartezeit.

Oder nehmen wir die Blauzungenkrankheit, die aus Frankreich kommt und deren Einflussbereich und den damit verbundenen Reisebeschränkungen nur noch ein Dorf eintfernt ist. Sie reist mit 20km pro Tag, ist behandelbar und man kann impfen, doch auch mit einem geimpften Tier dürfte ich nur innerhalb des betroffenen Areals reisen. Mein Amtstierarzt sagte zur Begrüssung: «Schnappen sie sich ihren Ochs und ziehn sie gen Osten!» Aber gegen etwas anlaufen, was genauso schnell reist wie wir?

Und dann die verflixte mir aufgedrückte Blauzungenimpfung der Kälbchen in Ungarn. Natürlich ist das ein anderer Typ von Blauzungenkrankeit und die Impfung wird gegen die aus Frankreich kommende unwirksam sein. 60 Tage müssen dafür meine Kälbchen noch in Ungarn bleiben und dort versorgt werden (von mir).

Und  die liebe Madleine! Madleine ist ein schönes junges Rind, welches aber weder von Menschen, noch von Elektrozäunen viel hält. Mit ihr und zwei anderen Rindern war Lothar solange ich in Ungarn war auf der Wiese. Bzw muss man sagen: zuerst waren nur die andern zwei Rinder und Lothar auf der Wiese, denn Madleine war natürlich beim austreiben ausgebüxt, wie letztes Jahr auch. Doch scheint sie Lothar sehr sehr gerne zu haben, denn nach 3 Tagen freies Leben stand sie im Zaun mit den anderen drin....unzertrennlich von Lothar. D.h. wenn ich Lothar aus der Wiese hole kommt sie mit. Über Zaun und jeden Menschen hinweg. Und so hat Madleine es geschafft, dass Lothar einen guten Platz hat, die vielen Wochen wo ich in Ungarn sein werden. Er soll jetzt weiter Madleine hüten, denn dem Bauern ist viel geholfen, wenn sein Rind endlich im Zaun bleibt und noch ein paar Wochen an Gewicht zulegen kann.

Viel habe ich die letzten Tage nachgedacht und auch Angst gehabt. Hab das Leben immer wieder gefragt: «Zeig mir den Weg!» .
Aber es tut es ja eh. Wenn ich dass anschaue, was - von Reisen abgesehen-  funktioniert, gefördert und getragen wird, dann sehe ich ganz deutlich, dass es mich nicht verlassen hat. Dass das Leben mich weiterhin an der Hand führt. Nur gerade in eine andere Richtung wie ich es gerne hätte. Da gilt es wie immer. loslassen, loslassen, alles loslassen. Und mich daran erfreuen, was ich stattdessen für einen Sommer haben werde.
Also, Leben, so sei es. Ich bin gespannt.

Samstag, 21. Mai 2016

Bürokratie


Ich stehe vor also vor der Aufgabe zwei Kälbchen von A nach B innerhalb der EU zu transportieren.
Was muss beachtet werden?
1. Darf ich sie selber gar nicht transportieren. Ausserhalb des 50km Radius um den Ursprungsort muss eine offizielle Firma den Transport übernehmen. Und in den offiziellen innereuropäischen Transportpapieren - online auszufüllen - lassen sich nur solche Nummernschilder eintragen, die von diesen Transportunternehmen registriert wurden.
2. Quarantäne: 30 Tage wegen BHV1, einem RinderHerpesVirus und die Blutuntersuchungen mit negativem Befund zu machen frühestens ab dem 21. Quarantänetag.
3. Ein TBC Intrakutantest nicht älter als 30 Tage vor Transport
4. Blutuntersuchungen mit negativem Befund auf: Brucellose, Leukose, BVD (bei BVD gibt es zwei Testmethoden: die, die die Antikörper im Blut nachweisen und die, die das «Antigen» der Virus DNS nachweisen...ob ich das richtig verstanden habe bezweifle ich. Auf Nachfrage wollen die deutschen Behörden natürlich das längere Verfahren)
5. Eine Bescheinigung, dass die Tiere aus einem BHV1 freien Betrieb stammen

So aufgelistet klingt das eigentlich machbar und kompakt. Leider wurden mir diese Informationen nicht gebündelt gesagt, sondern kamen- z.T. mit unterschiedlichen "Wahrheiten" aus Deutschland und Ungarn - tröpfchenweise. Es scheint mir manchmal, als liessen sich Veterinärämter immer neue Sachen einfallen. Hatte ich also mit dem Transportunternehmen einen Termin passend zu den bis dahin bekannten Vorschriften gemacht, kam eine Neue, die den Termin wieder um ein paar Tage nach hinten schob.

Und dabei müssen nur zwei gesunde Kälbchen nicht zum Schlachten quer durch Europa transportier werden, wie es das Schicksal von Tausenden von Tieren täglich ist, sondern um Zugochsen zu werden.

Und dann kam er: der Prügel zwischen die Beine
Dabei schien alles gekärt und in die Wege geleitet: die Kälbchen sind in Quarantäne, werden von einem Freund so lange getränkt, Blut ist abgenommen, Zirkuspapiere beantragt, Transporttermin steht fest: 27 Mai.
Nur noch eine letzte Anfrage beim deutschen Veterinäramt.
Fehler, Fehler, Fehler!
Auf einmal fällt den Behörden ein, dass ein gegen Blauzungenkrankheit Typ 4  nicht geimpftes Tier gar nicht importiert werden darf.
Für mich bedeutet das: Impfstoff finden, 1.x impfen, drei Wochen warten, dann 2.x impfen, dann warten bis Immunschutz da ist, dann zwei Wochen warten, dann Bluttest, eine Woche auf Ergebnis warten, dann Transport.
Das sind, wenn alles nach Plan läuft: 8 Wochen zusätzlich! 2 Monate!
Und so lange wollen die Kälbchen in Ungarn getränkt werden.


Sonntag, 15. Mai 2016

Ganz unverbindlich


Natürlich fahr ich NUR nach Ungarn um mir die Kälbchen gaanz unverbindlich anzuschauen. Schöner Selbstbetrug.
3 Tage leihe ich mir ein Auto aus. 1 Tag runterfahren (mind. 11h), ein Tag dort sein mit Tiere aussuchen, beim Amtstierarzt vorsprechen und Blutuntersuchungen organisieren und ein Tag zurückfahren.
Ein weiterer Selbstbetrug, dass das funktionieren kann.

Wegen den Blutuntersuchungen und der TBC Prüfung müssten die Kälbchen mindestens zweimal gefangen werden und da beginnt das erste Problem. Denn die ungarischen Grauviehrinder werden ziemlich wild gehalten auf grossen Flächen. Einmal kann man ein Kälbchen immer einfangen. Doch zweimal lässt sich eine intelligente Grauviehmutter nicht ihr Kälbchen schnappen.
Ich hab ja mittlerweile schon viel mit Kühen gearbeitet, aber das ungarische Grauvieh mit den grossen Hörnern ist nochmal eine andere Kategorie. Da trau ich mir nicht zu eine Herde in einen Pferch zu treiben, denn dafür fehlt mir das Wissen wie diese Kühe denken und die Angst wegen der Hörner kommt zu schnell heraus. Und damit hab ich verloren, denn das merken die Kühe sofort.

Deshalb wollte ich meine zukünftigen Kälchen relativ jung (mit zwei Monaten) zu mir nehmen um sie an die Flasche zu gewöhnen. Das schafft gleich eine andere Basis. Angedacht hatte ich aber, die Kälbchen bis zum Transport bei der Mutter zu belassen und dann in Deutschland mit dem Tränken anzufangen. Das braucht anfangs nämlich viel Energie und Geduld bis die sich umgewöhnen.
Dafür müsste man sie aber vorher mehrmals einfangen können wegen der Exportuntersuchungen und das stellt sich als unmöglich heraus.
Dafür scheinen mir die ungarischen Amtstierärzte keine Steine in den Weg zu legen. Das ist auch schon viel wert.
Aber nur 3 Tage bleiben, dass wird klar, ist eine Illusion.

Aber: erstaunlich erstaunlich, das Auto kann ich ohne Probleme weiter ausleihen und Lothar darf auch noch länger auf seiner Wiese bleiben.
Und: ein Freund von mir erklärt sich bereit die Kälchen zu tränken bis zum Transport, wenn wir sie gemeinsam noch umlernen, sprich um die 30 Tage, denn Quaratäneregelungen gibts natürlich auch.

In den Tagen, bevor wir die Kälbchen separieren können wird eingekauft: Milchpulver, eine Tonne um dies tiersicher aufzubewahren, Tränkeflaschen, Seile für Halfter, Anbindeseile, Kälberstricke, Karabiner.... es gilt Stroh zu organisieren, Halfter zu knüpfen, einen Pferch zu bauen, wo die Kälchen wohnen können.

Und dann hab ich auf einmal zwei Kälbchen im Auto über deren Namen ich mir Gedanken mache....komisch dieses Leben...darf ich vorstellen:
                                           ein zukünftiges Ochsengespann:
                                                        Max und Milan


Freitag, 6. Mai 2016

So vergehen die Tage. Morgens laufen, abends laufen und dazwischen meinen Freunden helfen ihr Haus auszubauen.
Und sich um Dinge kümmern die auch wichtig sind. So werden zum ersten Mal seid ich die Kutsche habe, die nicht wirklich funktionstüchtigen Bremsen überholt, damit Lothar entlastet wird. Mein Karren geht in einen KFZ Meisterbetrieb und darf sogar auf den Bremsenprüfstand.
Und die jährlichen Blutuntersuchungen machen, die der Tierarzt aber dieses Jahr mal zu mal verbockt, anders kann man es nicht nennen. Nach 4 Wochen in Deutschland habe ich sie immer noch nicht, obwohl es maximal eine Woche dauert. Aber was solls, ich kann ja eh grad nicht viel machen.
Ausser eben langsam loslassen von den Vorstellungen über den Sommer.

Dafür kommen neue Gedanken. ein zukünftiges Ochsengespann der Rasse ungarische Grauviehrinder. Ein Sache, die ich eigentlich erst auf in ein Paar Jahre angedacht hatte. Zuerst alles ganz in der Ferne angedacht. Doch von Tag zu Tag änden sich die Gedanken, v.a. jedesmal, wenn ich Lothar schlecht laufen sehe. Und sie ändern sich zu: also dann wohl dieses Jahr?
Und kaum fange ich an darüber zu sprechen, über die Möglichkeiten und Schwierigkeiten, fangen sich Bruchstücke an zu Bewegen und auf einmal wird aus einem Gedanken ein unverbindlicher Plan.
Aber so viele Sachen gibt es zu Bedenken: wie kann ich sie halten, da sie anfangs kein Elektrozaun kennen? Bekomme ich für sie wieder den europäischen Zirkus und Dressurtierausweis? Und wenn ja, wo? In Ungarn oder Deutschland? Wie kann ich sie aus Ungarn holen? Wen kann ich fragen den Transport zu machen, da ich ja selber keinen BE Führerschein hab? Müssen es wirklich ungarische Grauviehrinder sein: die schönste Rinderart auf Gottes Erdboden? Oder darfs nicht auch was Heimisches sein? .....

Während ich also Wand um Wand verputze, mit Lothar Runde um Runde um die Staude drehe, und auf Blutergebnisse warte, kommen und gehen diese Gedanken. Und fangen die Telefonate an und damit ein grober Plan: es stellt sich heraus, dass die Frau, die sich so toll um Lothar gekümmert hat über den Winter, sich total freuen würde, die Kälbchen erstmal bei sich aufzunehmen und sie auch zu tränken, damit ich weiter mit Lothar unterwegs sein kann. Und es stellt sich heraus, dass meine ungarische Tierärztin, ein kleines Stierkälbchen hat und noch eines zukaufen könnte. Und es stellt sich heraus, dass ich mir ein Auto ausleihen kann, ohne Probleme und es findet sich ein Platz wo Lothar sein könnte über die drei Tage um mir die Tiere anzuschauen und mich um die Papiere zu kümmern.

Aber will ich das wirklich? Will ich die Kälbchen?
Aufregend aufregend, doch mag ich ja eigentlich keine Aufregungen...

Wieso eigentlich ungarische Steppenrinder?

Ungarische Steppenrinder sind, seitdem ich sie das erste mal sah 2007, meine absoluten Lieblinge. Weisses bzw hellgraues Sommerfell, riesige Hörner und bei den Kühen und dadurch bei den Ochsen auch, eine feine, wie mit dem Kajall gezogene Augenumrandung.
Ein riesen Vorteil dieser Rasse ist ihre Geschichte: Früher wurden sie in Ostungarn gezüchtet und anschliessend  bis nach Nürnberg und Augsburg in Herden getrieben um dort geschlachtet zu werden. Dafür mussten sie eine leichtfüttrige Rasse sein mit wirklich guten Klauen. Natürlich gehören diese riesigen Herdenumtriebe schon lange der Vergangenheit an, aber ich hoffe doch, dass ein Teil davon noch in der Genetik der heutigen Tiere veranlagt ist. Und dies scheint so, denn es gibt einen jungen Ungarn, der seid 8 Jahren mit einem ungarischen Grauviehochsen in Ungarn reist und der weder beschlägt noch seinem Ochsen Schuhe anziehen muss. Natürlich ists da hauptsächlich flach, trotzdem eine wahnsinnige Leistung für das Klauenhorn.

Eigentlich hätte ich am liebsten nach den Yaks mit dieser Rasse weitergemacht. Nur zählen sie zu eher der wilderen Rinderrasse und nachdem mich ja schon mein Yakochse auf die Hörner genommen hat, dachte ich mir, dass ich davon doch lieber die Finger lassen sollte und so kam Lothar.

Meine Yakkuh hatte ich ja noch ein Jahr nach meinem Aufbruch in Ungarn stehen und nachdem ich sie nicht zu einem vernünftigen Preis verkaufen konnte wollte ich sie schlachten lassen und - entschuldigung- zu Nahrung und einem wunderschönen Teppich weiterverarbeiten lassen. Zwei Wochen vor Schlachttermin, damals verbrachte ich meinen ersten Winter in Davos, rief mich meine ungarische Tierärztin an und  sagte wie schade es doch wäre dieses wunderschöne Tier zu schlachten. Sie könne es zwar nicht zahlen, aber vielleicht hätte ich Interesse es einzutauschen? Sie hat viele Pferde, Kühe, ungarische Grauviehrinder, Schafe und Ziegen. Und Gott sei Dank hatte ich da einen hellen Moment: ich fragte sie ob es nicht möglich sei, dass sie jetzt die Yakkuh bekäme und ich dafür irgendwann in  Zukunft, dann wenn ich sie brauche, ein paar ungarische Grauviehrinderstierkälbchen.

Naja, vielleicht ists ja jetzt soweit.





Freitag, 29. April 2016

Voller Vorfreude auf einsame Waldwege, beste Ochsengesellschaft, keine Sorgen, Natur, Weite und ganz viel Offenheit bin ich aus meinem Winterquartier zu Lothar gefahren.

Doch jetzt bin ich traurig und ein Schleier legt sich über die ganze Freude.

Lothar hat in den letzten eineinhalb Wintermonaten in den hinteren Beinen einen Arthroseschub bekommen und läuft die ersten Meter jedesmal fürchterlich. Kaum kann man hinschauen. Sein rechtes Hinterbein gibt er nicht für die Klauenpflege, weil er nicht sein Gewicht auf das andere verlegen kann.
Also fange ich an zu laufen mit ihm. Ohne Kutsche. Mehrere Stunden am Tag. Und die Bewegung tut ihm gut. Auch auf die Medizin reagiert er  positiv und nach zwei Tagen schauen seine Augen wieder mehr nach meinem Lothar aus..

Noch bis in Februar rein war der Zaun zu Lothars Weide offen und er ist mehrmals täglich zwischen Stall (Fressen) und Weide (Wiederkäuen) hin und her gegangen. Nach dem vielen Regen im Februar hätte er die Weide in einen Sumpf verwandelt und so wurde sie zugemacht, er hatte aber noch den Auslauf. Aber den hat er nicht genutzt, sondern ist fortan nur noch an seinem Platz gestanden und hat sich nach dem Fressen nur mehr hingelegt. Das war für seinen Körper nicht genug Bewegung.

Zwei Kutschenprobetage laufe ich zu Freunden. An diesen zwei Tagen gehts Lothar sehr sehr gut. Lansgsamer ist er geworden, vor allem bergab (ich wusste gar nicht, dass es möchlich ist NOCH langsamer zu laufen, aber scheints gibt es noch eine Steigerung zu sehr langsam!), aber man merkt ihm nur wenig an.
Bei den Freunden angekommen versuche ich Lothars Muskeln aufzubauen und seinen Körper durchzubewegen. Morgens 1 1/2 Stunden und Nachmittags das selbe. Bergauf, bergab, morgens allein, abends immer mit Kindern auf seinem Rücken. Denen gefällt es, dass es jeden Nachmittag Lotharreiten gibt. Aber beim Aufstehen, beim uneben Laufen merkt man es jedes Mal dass Lothar Schmerzen hat. Da tut sich über die Zeit und das Training nicht viel. Aber er gibt beide Hinterbeine wieder sehr gut für die Klauenpflege und schaut wieder mehr aus seinen Augen raus.

Ich lenke mich ab von trüben Gedanken und versuche positiv zu denken. Arthrose ist ja nicht heilbar, aber Bewegung tut ihr gut. Kann also eigentlich glücklich sein, dass er sich was aussucht, was durch Reisen besser wird und nicht durchs Bleiben.

Aber wie soll es weitergehen?
Lothar, mein über alles geliebter Zugochse und Weggefährte du wirst doch hoffentlich noch viele Jahre bei mir bleiben?




Montag, 26. Oktober 2015

Die schönsten Bilder unserer dritten Saison












Lothar mit Blick auf sein diesjähriges Winterquartier



















Lothars Sommerlieblingsplätze


Bei 35 Grad und so vielen Bremsen gabs für Lothar nur 2 Plätze, wo er sich einigermaßen wohlgefühlt hat:



Was ich dieses Jahr gelernt habe


1. Wäsche niemals auf Lothars Weide zum Trocknen aufzuhängen: 


2. Frisch aufgebrühten Kaffee nicht zu nah neben den Füßen stehen zu haben (oder besser drauf aufzupassen): 

3. Dass Ochsen auch Euter machen (und in manchen Fällen auch Milch geben) und daher auch eine Euterentzündung bekommen können, die zu behandeln ist wie bei Kühen.